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"Tatort": Jasna Fritzi Bauer und Luise Wolfram über Racial Profiling

Am 8. Dezember ermitteln Jasna Fritzi Bauer und Luise Wolfram im "Tatort: Stille Nacht". Wie politisch darf ein Tatort sein? Das beantworten die Schauspielerinnen im Interview. Es ist Weihnachten . Jasna Fritzi Bauer und Luise Wolfram sitzen als "Tatort"-Kommissarinnen Liv Moormann und Linda Selb auf der Wache und spielen Weihnachts-Bullshit-Bingo. Bis sie die Nachricht bekommen, dass ein Familienvater tot aufgefunden wurde. Verdächtigt werden Familienmitglieder und ein Gast, den die Familie am Weihnachtsabend aufgenommen hat. Es ist ein "Tatort", der sich mit Racial Profiling und Familiengeheimnissen auseinandersetzt. Warum diese "Tatort"-Episode politisch ist, erklären die Schauspielerinnen im Gespräch mit t-online. t-online: Hat die Polizei in Deutschland ein Problem mit Racial Profiling? Jasna Fritzi Bauer: Ja, auf jeden Fall. Ich habe viele Freunde, die Afrodeutsche oder Deutschasiaten sind, die von der Polizei öfter angesprochen werden als ich. Racial Profiling gibt es und es wird meiner Meinung nach auch munter betrieben in Deutschland. Luise Wolfram: Ja. Man könnte Racial Profiling auch noch extremer beleuchten und dem Thema einen kompletten "Tatort"-Fall widmen. Muss der Tatort also politischer werden? Bauer: Es gibt schon viele politische Tatorte. Ich denke, wenn man zu politisch ist, verliert man die Zuschauer. Sie wollen abschalten und haben um 20.15 Uhr am Sonntag keine Lust, sich den nächsten politischen Clou anzuschauen. Aber es ist wichtig, dass die "Tatort"-Filme politisch sind. Es ist auch der soziale Auftrag von öffentlich-rechtlichem Fernsehen. Wolfram: Genau, das ist der Auftrag. Man kann politische Filme auf 1.000 verschiedene Weisen machen, die kleinsten privaten Botschaften sind mitunter politisch. Der "Tatort" wird von vielen Millionen Menschen sonntags gesehen. Das ist gleichsam eine Verantwortung. Der "Tatort: Stille Nacht" behandelt auch die Themen Depression und Suizid – hatten Sie selbst damit schon Berührungspunkte? Wolfram: Im privaten Umfeld hatte ich Berührungen mit Depressionen, auch in der ganzen extremen Form, die sie annehmen können. Wie wichtig ist es, dass solche Themen im Fernsehen stattfinden? Wolfram: Sehr. Aber eben in kompletter Vielfalt: Depressionen werden oft nicht erkannt, es gibt Unterschiede zwischen den Geschlechtern in den Symptomen, in allem. Fernsehen sollte immer abbilden, was gesamtgesellschaftlich passiert. Im Vergleich zu anderen Städten ist der Bremer "Tatort" einer, bei dem sehr viele Frauen vor der Kamera stehen , einige auch dahinter. Macht das beim Drehen einen Unterschied? Wolfram: Ja, es macht einen großen Unterschied. Als ich mit dem Beruf angefangen habe, war das ein absolut männlich geprägtes Umfeld. Das habe ich aber nicht hinterfragt. Mittlerweile weiß ich, wie unterschiedlich die Atmosphäre sein kann und wie wichtig es ist, dass Arbeitsprozesse nicht von einem Geschlecht dominiert werden. Woran liegt es, dass die Atmosphäre am Set unterschiedlich ist? Bauer: Es ist nicht so, dass Männer immer eine Schreckensherrschaft führen. Aber Frauen verstehen sich anders. Man hat eine andere Grundenergie am Set und ein anderes Grundverständnis über viele Dinge. Es ist schlauer manchmal, die Inszenierung von Frauen einer Frau zu überlassen. Wie meinen Sie das? Bauer: Weil Frauen verstehen, wie eine Frau funktioniert. Das kann ein Mann halt leider nicht. Wird er auch niemals können. Das ist das Problem der Geschlechter. Frauen können sich ja auch nicht so gut in Männer versetzen, aber vielleicht besser als Männer in Frauen. Wolfram: Man hat als anderes Geschlecht einen anderen Blick, eine andere Distanz, andere Eindrücke, Erfahrungen und eine andere Lebensgeschichte. Das alles fließt in die Arbeit ein. Wie viel geben Sie von sich selbst preis in den Rollen? Bauer: Ich glaube, dass man immer ein Teil der Rolle ist – wir sind in unserem Körper, wir stecken in unserem Kopf. Man kann immer nur von sich ausgehen, die Rolle überstülpen und versuchen, wie die Figur zu denken. Es ist meistens die Überhöhung einer eigenen Eigenschaft, die in unseren Figuren steckt. Wolfram: Manchmal frage ich Jasna in der Drehpause: Bin ich gerade Selb oder bin ich privat? Sie sagt natürlich "Du bist Selb", um mich fertig zu machen. Es sind Stränge in mir, die sonst keine Stimmen finden oder denen ich nicht nachgehe, die dann genau auf den Charakter treffen. Haben Sie als Schauspielerinnen Sorge vor dem Älterwerden? Wolfram: Leider spielt das Älterwerden eine große Rolle. Das war mir gar nicht klar, als ich den Beruf ergriffen habe. Was die interessanten Rollen anbelangt, sowohl in Hollywood als auch in der deutschen Filmindustrie, ist es skandalös, wie wenig Frauen ab einem bestimmten Alter stattfinden. Bauer: Das kann ich nur unterschreiben. Eigentlich finde ich Älterwerden richtig schön. Dass ich mich nicht mehr mit dem ganzen Teenager-Scheiß herumschlagen muss. Wolfram: Ich habe auch ein bisschen Angst davor, dass man den Prozess nicht so kongruent bekommt: dass der Körper und das Gesicht, die Falten, andere Geschichten erzählen als das, was in einem abgeht – dass ich alt aussehe, aber mich innerlich ganz anders fühle. Bauer: Das Einzige, worauf ich wirklich gar keine Lust habe, sind körperliche Gebrechen. Wolfram: Du kannst jetzt anfangen, etwas dagegen zu tun (lacht). In der Weihnachtsepisode geht es auch um Wohltätigkeit. Engagieren Sie sich für wohltätige Zwecke? Bauer: Ich mochte Weihnachten früher nicht so gerne. Oft musste ich arbeiten. Ich hatte mir damals immer fest vorgenommen, am 24. in der Suppenküche auszuhelfen, habe es aber dann doch nie gemacht. Das ärgert mich – aber was nicht ist, kann ja noch werden. Wolfram: Ich habe Menschen mit schwierigeren Familienverhältnissen zu uns eingeladen, damit wir uns diese Tage zusammen schön machen – anstatt alleine in der Großstadt zu Hause zu hängen. Bauer: Wir bringen manchmal vor Weihnachten Spielsachen, die noch schön sind, zur Arche, die bei uns in der Ecke ist. Wolfram: Die Adventsstimmung provoziert in mir, dass ich denke: Es geht nicht, wie das läuft in der Welt, ich muss wenigstens etwas spenden. Es fällt mir schwer, die schlechten Nachrichten im Dezember auszuhalten. Das Gefühl, wirkungslos daran zu sein, während alles auf Gemütlichkeit, Rückzug, Familie und diese großen Werte ausgerichtet ist, ist ein großer Zwiespalt. Bauer: Ja, das geht mir ähnlich.

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