Kreise: Israels Sicherheitskabinett entscheidet Dienstag über Feuerpause im Libanon
Im Konflikt zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz verdichten sich die Anzeichen für eine möglicherweise bevorstehende Einigung auf eine Waffenruhe. Das israelische Sicherheitskabinett wolle am Dienstag über eine Vereinbarung über eine Feuerpause entscheiden, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus israelischen Regierungskreisen. Aus Washington hieß es, eine Einigung sei "nahe". Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir sagte hingegen, eine Waffenruhe wäre "ein großer Fehler".
Das Sicherheitskabinett werde am Dienstagabend über einen "Waffenruhe-Deal" für den Libanon entscheiden, erklärte ein israelischer Regierungsmitarbeiter, der anonym bleiben wollte. Kurz zuvor hatte der israelische Botschafter bei der UNO in New York, Danny Danon, gesagt, dass die Verhandlungen über eine Feuerpause "vorankommen".
In Washington sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, Israel und die vom Iran unterstützte Hisbollah seien "nahe" an einer Einigung über eine Feuerpause: "Wir glauben, dass wir einen Punkt erreicht haben, an dem wir nahe dran sind."
Allerdings fügte Kirby hinzu‚ dass "wir noch nicht am Ziel sind". Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats betonte: "Nichts ist getan, bis alles getan ist, nichts ist verhandelt, bis alles verhandelt ist". Auch sagte Kirby, es wäre "verantwortungslos", Presseberichte über den Inhalt eines Abkommens zu bestätigen. Er wolle nichts tun, "was unsere Chancen torpedieren könnte".
Das US-Nachrichtenportal "Axios" hatte zuvor berichtet, dass Israel und die Hisbollah kurz vor einer Einigung stünden. Diese sehe eine 60-tägige Übergangsphase vor, während der sich die Hisbollah und die israelische Armee aus dem Südlibanon zurückziehen und die libanesische Armee dort neu stationiert werden soll.
Dem Bericht zufolge ist zudem die Einrichtung eines von den USA geführten Komitees vorgesehen, das die Umsetzung der Vereinbarung überwachen soll.
Kirby sagte, US-Präsident Joe Biden habe den Fortschritt der Gespräche über eine Waffenruhe sehr genau verfolgt und stehe in direktem Kontakt mit dem US-Gesandten Amos Hochstein, der in der vergangenen Woche in die Region gereist war.
Berichte in saudiarabischen Medien, wonach Biden und der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag ein Abkommen ankündigen wollten, bestätigte Kirby nicht. Er sagte lediglich, dass Biden und Macron in der vergangenen Woche über den Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah gesprochen hätten.
Zuletzt war der Druck aus der Europäischen Union und den USA gewachsen, eine Waffenruhe zu erreichen. Die diplomatischen Bemühungen wurden verstärkt, der US-Sondergesandte Hochstein sprach während seiner Nahostreise von "weiteren Fortschritten" auf dem Weg zu einer Feuerpause.
Israelische Medien berichteten, dass Regierungschef Benjamin Netanjahu einem US-Vorschlag zu einer Waffenruhe wahrscheinlich grünes Licht geben würde.
Scharfe Kritik an einer möglichen Waffenruhe kam von Sicherheitsminister Ben Gvir. Dieser erklärte im Onlinedienst X, eine Feuerpause im Libanon wäre "eine verpasste historische Gelegenheit, die Hisbollah zu vernichten". Ben Gvir forderte Netanjahu auf, "dieses Abkommen zu beenden". "Wir müssen bis zum absoluten Sieg weitermachen!" fuhr er fort.
Die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah gingen ungeachtet der verstärkten Gespräche über eine Waffenruhe mit unverminderter Härte weiter. Am Montag teilte die israelische Armee mit, binnen einer Stunde landesweit im Libanon rund 25 mit der Hisbollah in Verbindung stehende Ziele getroffen zu haben, darunter in Nabatijeh, Baalbek, im Bekaa-Tal, im südlichen Beirut und in den Vororten der Hauptstadt.
Dem libanesischen Gesundheitsministerium zufolge wurden bei Angriffen in der südlichen Region Tyros mindestens zwölf Menschen getötet. Die Hisbollah erklärte ihrerseits, am Montag mindestens 30 Geschosse auf Israel und israelische Militärstellungen im Südlibanon abgefeuert zu haben. Am Sonntag hatte die Miliz eigenen Angaben eine Rekordzahl von 50 Angriffen ausgeführt.
Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober hatte die mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation verbündete Hisbollah mit regelmäßigen Raketenangriffen vom Libanon aus eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel seinerseits ständig Hisbollah-Ziele im Nachbarland. Seit September hat die israelische Armee ihre Angriffe auf Hisbollah-Ziele im Libanon deutlich verstärkt, zudem startete sie Ende September Bodeneinsätze im Süden des Libanon.