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Gewalthilfegesetz: Kabinett beschließt bessere Hilfe für gewaltbetroffene Frauen

Stern 

Ein Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe, mehr Frauenhäuser und Beratungsstellen - so will die Bundesregierung Frauen besser vor Gewalt schützen. Den Entwurf eines sogenannten Gewalthilfegesetzes beschloss das Kabinett am Mittwoch. Ob das Vorhaben aus dem Haus von Frauenministerin Lisa Paus (Grüne) noch vor der Bundestagsneuwahl im Februar verabschiedet werden kann, ist allerdings fraglich. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warb dafür, dass das Gesetz noch vom aktuellen Bundestag beschlossen wird.

Das geplante Gesetz sieht für Opfer von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe vor, der ab 2030 gelten soll. Bis dahin soll das Hilfesystem bedarfsgerecht ausgebaut werden - dazu zählen insbesondere mehr Frauenhäuser, Schutzwohnungen und Beratungsstellen. Die Länder sollen verpflichtet werden, ein ausreichendes Angebot an solchen Stellen sicherzustellen.

Denn von diesen gibt es nicht genug: So fehlen laut Frauenhaus-Statistik zum Beispiel deutschlandweit mehr als 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Beim Ausbau des Schutz- und Beratungsangebots will der Bund die Länder in den kommenden zehn Jahren mit 2,2 Milliarden Euro unterstützen.

Mit dem Gesetz "sind wir einen sehr, sehr wichtigen Schritt weiter, dass sich die Situation von Frauen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind, endlich verbessert", sagte Paus am Mittwoch. 

Erst kürzlich hatte das Bundeskriminalamt (BKA) Zahlen veröffentlicht, wonach im vergangenen Jahr in Deutschland 360 Frauen und Mädchen getötet wurden, also im Durchschnitt fast ein Opfer pro Tag. Die Ministerin nannte die Zahlen "dramatisch" - und betonte: "Wir haben wirklich keine Zeit zu verlieren, wir müssen handeln."

Sie wolle alles daran setzen, dass das Gesetz noch geltendes Recht wird, kündigte Paus an. Ob ihr das gelingt, ist nicht sicher. Ohne eine Mehrheit im Bundestag sind SPD und Grüne zur Verabschiedung des Gesetzes auf Stimmen der Opposition angewiesen. Die Linken-Vorsitzende Ines Schwerdtner hatte bereits Unterstützung signalisiert, CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich dazu noch nicht. 

Die Unionsfraktion will zudem nur in wenigen Fällen Gesetze unterstützen. Paus und mehrere Organisationen hatten deshalb zuletzt intensiv für das Gesetz geworben. Am Mittwoch appellierte die Ministerin erneut an die Bundestagsabgeordneten: "Bitte helfen Sie, dass Frauen in Deutschland zukünftig besser vor Gewalt geschützt werden."

Das Gesetz müsse "nun schnell vom Bundestag beschlossen werden", forderte auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Video im Onlinedienst X. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast wandte sich dabei an Merz und die Union: Diese "müssen jetzt Farbe bekennen: dabei sein oder in die Büsche schlagen", erklärte sie. Mast zeigte sich aber skeptisch: Merz sei "noch nie als großer Unterstützer der politischen Anliegen von Frauen aufgefallen".

Auf eine Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode drängt auch die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. Sina Tonk von der Organisation sprach von einer "Verpflichtung der Abgeordneten aller demokratischen Parteien". Das Gesetz dürfe nicht zum Spielball des Wahlkampfs werden. 

Auch in der Bevölkerung gibt es Zustimmung: Eine große Mehrheit (86,9 Prozent) der Deutschen findet, dass von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und Kinder einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben sollten. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage für das Bundesfamilienministerium, über die das Magazin Focus am Mittwoch vorab berichtete. Rund zwei Drittel der Befragten befürworten demnach eine finanzielle Unterstützung durch den Bund, falls Länder und Kommunen keinen ausreichenden Schutz für Opfer häuslicher Gewalt bereitstellen. 

Deren Zahl stieg laut BKA in den letzten fünf Jahren deutlich an. 2023 gab es demnach 256.276 Opfer - 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders betroffen sind Frauen und Mädchen: Sie machen 70,5 Prozent der Opfer aus. Auch von Partnerschaftsgewalt sind sie mit 79,2 Prozent besonders betroffen. Ebenfalls berücksichtigt werden sollen mit dem Gewalthilfegesetz aber auch betroffene Männer sowie trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen. 

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