Vergabe der WM 2034: Saudi-Arabiens Einfluss auf den Weltfußball nimmt dramatisch zu
Vor der Vergabe der nächsten Fußball-Weltmeisterschaften besteht kein Zweifel, dass Saudi-Arabien das Turnier in zehn Jahren ausrichten wird. Und das ist erst der Anfang.
Saudi-Arabien ist auf dem Weg zu einem Top-Player im internationalen Sportbusiness. Eine Recherche der dänischen Initiative "Play the Game" hat 910 Sponsoringgeschäfte des Königreichs in verschiedenen Sportarten identifiziert. Im Kampfsport, Motorsport, Golf, und E-Sport übt der Wüstenstaat demnach großen Einfluss aus. Vor allem aber im Fußball.
Laut Stanis Elsborg, dem Leiter der Initiative, hat Saudi-Arabien die Sportwelt bereits neu gestaltet. Die sportlichen Ambitionen des Wüstenstaates "gehen weit über das Gewinnen von Spielen oder das Ausrichten von Turnieren wie der Fußball-WM 2034 hinaus", sagte Elsborg dem WDR-Magazin "Sport Inside".
Aber wie sieht der Plan Saudi-Arabiens aus? Und welche Strategie steckt dahinter?
Staatsfond bildet die finanzielle Grundlage
Als "treibende Kraft" hinter den sportlichen Investitionen der Saudis beschreibt der Bericht den Public Investment Fund (Pif), dessen Vorsitzender Kronprinz Mohammed bin Salman ist. Der Staatsfond Saudi-Arabiens gehört mit einem geschätzten Gesamtvermögen von 925 Milliarden Dollar zu den größten der Welt – und hat viele Kritiker: Die Organisation "Human Rights Watch" hatte etwa herausgefunden und scharf kritisiert, dass der Fond in Verbindung mit Menschenrechtsverletzungen stehe.
Amnesty International WM Saudi-Arabien 17:50
Den Kronprinzen Mohammed bin Salman interessiert das herzlich wenig. Um Einfluss auf die Sportwelt zu nehmen, hat er ein Netzwerk aus einflussreichen Funktionären gesponnen. Sie sitzen in Vorständen von Sportvereinen, sind in Verhandlungen involviert und stellen mithilfe des Staatsfonds Pif finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Dadurch beeinflussen die Stellvertreter Saudi-Arabiens wichtige Entscheidungen im internationalen Sportgeschäft.
Einer der engsten Vertrauten des Kronprinzen ist Yasir al-Rumayyan, der sich zuletzt wieder als "Buddy" des designierten US-Präsidenten Donald Trump zeigte. Vor allem aber ist al-Rumayyan Gouverneur des Staatsfonds und Vorsitzender bei Aramco, der aktuell größten Erdölfördergesellschaft der Welt. Beim Premier-League-Klub Newcastle United hat er zudem als Vorstandsvorsitzender das Sagen. Im Jahr 2021 kauften die Saudis den englischen Verein. Seither gehört er zu 80 Prozent dem Staatsfond. Doch auch andere Klubs nehmen das Geld aus der Wüste dankend an.
Weltweite Einflussnahme auf Verbände
Europäische Fußballvereine wie Manchester City, Atlético Madrid und AS Rom haben Sponsoringverträge mit saudi-arabischen Unternehmen. La Liga (Spanien) und die Serie A (Italien) tragen ihre Supercups bereits in Saudi-Arabien aus und werden dafür vom Wüstenstaat finanziell belohnt.
Mit insgesamt 50 Fußballverbänden auf der ganzen Welt soll die "Saudi Arabian Football Federation" (Saff) laut "Play the Game" sogenannte Grundsatzvereinbarungen getroffen haben. Wie die "Sportschau" berichtet, haben damit ein Viertel der Fifa-Mitgliedsverbände solche Abkommen mit dem saudi-arabischen Verband geschlossen. Dabei gehe es angeblich darum, die Schiedsrichterausbildung zu verbessern oder den Frauenfußball zu fördern.
Infantino WM Saudi-Arabien 6.33
"Diese Vereinbarungen mögen auf den ersten Blick symbolisch erscheinen, aber sie können mächtige strategische Instrumente sein", sagte Stanis Elsborg. "Sie können Saudi-Arabien Zugang zu wichtigen Entscheidungsträgern in den Verbänden verschaffen. Letztendlich sind dies die Leute, die bei der Fifa über wichtige Themen abstimmen."
Saudi-Arabiens Megaprojekt "Neom"
Beim Fifa-Kongress am 11. Dezember wird die Weltmeisterschaft 2034 voraussichtlich an Saudi-Arabien gehen – trotz weltweiter Kritik wegen der Menschenrechtslage in dem Land. Da das Königreich jedoch der einzige Bewerber auf die WM in zehn Jahren ist, steht der Vergabe nichts im Weg.
Ab 2026 wird die WM von 32 auf 48 Teams aufgestockt. Saudi-Arabien will die aufgeblasene Sportveranstaltung als erste Nation allein ausrichten. Das alles ist Teil der "Saudi Vision 2030" – eines Megaprojekts, durch das die Abhängigkeit vom Öl reduziert werden soll.
Im Rahmen der Vision will Saudi-Arabien auch das Siedlungsprojekt "Neom" im Nordwesten des Landes auf einer Fläche von 26.500 Quadratkilometern umsetzen. Im Zentrum ist eine Stadt namens "The Line" geplant – 170 Kilometer lang, 200 Meter breit, in eine gigantische Glasfassade gepresst. Nachhaltig soll es dort auch noch zugehen: viele Grünflächen, keine Autos, keine Emissionen. Menschenrechtler befürchten, dass beim Bau der Zukunftsstadt – wie schon bei der Vorbereitung der WM in Katar – zahlreiche Gastarbeiter sterben könnten.
Der "Play the Game"-Bericht moniert, dass Saudi-Arabien den Sport missbrauche, um das Image des Landes weltweit aufzupolieren. Man nennt das auch "Sportswashing". Entsprechend zitiert die dänische Initiative Kronprinz bin Salman aus einem Interview beim US-Sender "Fox News": "Wenn Sportswashing unser Bruttoinlandsprodukt um ein Prozent steigern wird, dann werden wir damit weitermachen." Sportswashing als eines der größten Geschäftsmodelle des Landes – in Saudi-Arabien nimmt dieses Vorhaben Gestalt an.
Weitere Quellen: "Play the Game", "Sportschau"