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FC Bayern: Kompany erinnert schon an Guardiola – an Tuchel dagegen nicht

Vincent Kompany hinterlässt beim FC Bayern einen guten ersten Eindruck. Die Bosse schwärmen bereits von ihm. Auch, weil er an Pep Guardiola erinnert und nicht an Thomas Tuchel. Aus Rottach-Egern berichtet Julian Buhl Am Mittwochabend steht noch die abschließende Testspielpremiere für Vincent Kompany beim ortsansässigen Kreisligaklub FC Rottach-Egern auf dem Programm ( jetzt hier im Liveticker ). Dabei wird der neue Chefcoach des FC Bayern erstmals an der Seitenlinie stehen. Und er wird damit das Kurztrainingslager, in dem er mit dem Rekordmeister seit Montag am Tegernsee weilt, dann auch schon wieder beschließen. Direkt nach dem Abpfiff geht es zurück nach München. Es waren nur drei Tage, die Kompany mit seiner Mannschaft in der malerischen Alpenkulisse vor den Toren Münchens verbrachte. Erste Fußstapfen hat der 38-Jährige dort trotzdem schon hinterlassen – und zwar nicht nur mit seiner Wanderung auf den dort gelegenen 1.722 Meter hohen Wallberg, der ihm einiges abverlangte. ( Mehr dazu lesen Sie hier: Kompany schimpft über Magath-Hügel ) Der erste Eindruck der Kompanie vom Tegernsee ist so gut, dass sich Sportvorstand Max Eberl nach eigener Aussage mittlerweile gemeinsam mit Sportdirektor Christoph Freund darüber "ärgert", nicht schon früher das Gespräch mit Kompany gesucht zu haben. Er hätte sich und den Bayern damit zumindest einige unangenehme Wendungen in der komplizierten Trainersuche der vergangenen Monate ersparen können. Liebe auf den fünften Blick Nach den Absagen einiger prominenter Kandidaten wie Leverkusens Meistercoach Xabi Alonso , Bundestrainer Julian Nagelsmann oder Österreichs Nationalcoach Ralf Rangnick sieht Eberl in dem vergleichsweise unerfahrenen Kompany nun weit mehr als eine D- oder gar E-Lösung. Vor Kompany bemühten sich Eberl und Co. ja auch noch vergeblich um die Verpflichtung von Oliver Glasner (Crystal Palace). Kompany soll für Eberl und die Bayern jetzt trotzdem zur Liebe auf den fünften Blick und zum Glücksgriff werden. Das betont und beteuert der 50-Jährige zumindest immer wieder. "Er weiß, wie größere Kabinen funktionieren", sagte Eberl, der in Rottach-Egern wohnt, am Rande seines "Heimspiels" am Tegernsee über den langjährigen Kapitän von Manchester City . "Er war mehr als ein Spieler, er war der verlängerte Arm von Pep Guardiola." Als Chefcoach vom RSC Anderlecht und dem FC Burnley hat Kompany erst zwei Stationen und vier Jahre als Trainer hinter sich. Aber, so zumindest Eberls Rechnung: "Vom Kopf her ist er schon acht, neun oder zehn Jahre Trainer." Das merke man in jedem Gespräch. Mit Kompany mache es "unglaublich viel Spaß, weil es sehr detailliert ist". Guardiola, der die Bayern von 2013 bis 2016 trainiert und geprägt hatte, lässt grüßen. Natürlich sei der Erfolg, den man gemeinsam erreichen wolle, die Basis, sagte Eberl. Für Kompany stehe aber "immer das Menschliche im Vordergrund. Das hat uns imponiert." Eberl schwärmt: "Vincent ist ein Menschenfänger" Mehr noch. "Vincent ist ein großartiger Mensch, ein Menschenfänger", schwärmte Eberl regelrecht, "der klar weiß, wie er Fußball spielen möchte." Eine erste Idee davon vermittelte Kompany nun auch seinen Spielern – zumindest denen, die er nach den Sommerturnieren der Nationalmannschaften bereits um sich versammelt hat. Wer Kompany bei seiner Arbeit auf dem Platz zuschaute, der erlebte ihn dabei ganz in seinem Element. Immer wieder unterbrach er die Einheiten mit seiner warmen, durchdringenden Stimme, um seinen Spielern im Detail Anweisungen zu geben und sie zu verbessern. Mal auf Deutsch, mal auf Englisch, mal in einem Mix aus beidem. "Boys, Rhythmus, spielt die Pässe wie Musik", lautete eine davon am Montag. "That’s how I know my man" (auf Deutsch: "So kenne ich dich") rief er während der Einheit am Dienstag Eric Dier nach einer gelungenen Grätsche gegen Noussair Mazraoui zu. Ein Sonderlob, das der englische Abwehrspieler von Kompany als ehemaligem Weltklasse-Verteidiger besonders gerne hören dürfte. Kompany erinnert bereits an Guardiola Mit seinem detailversessenen Auftreten auf dem Trainingsplatz erinnert Kompany bisweilen tatsächlich schon an seinen früheren Trainer und Mentor Guardiola. Dessen offensive Spielidee und Vorstellung von ballbesitzorientiertem Fußball teilt er ebenfalls. Im öffentlichen Auftreten unterscheiden sich die beiden allerdings. Einen Satz wie "Thiago oder nix", den Guardiola direkt nach seiner Vorstellung als Bayern-Trainer sagte und den Spanier damit unmissverständlich als Neuzugang forderte, würde Kompany nie sagen – zumindest nicht öffentlich. Im Gegenteil. Er hielt sich bei seiner Saisoneröffnungs-Pressekonferenz am Tegernsee betont zurück. Sein Vorgänger Thomas Tuchel hatte an gleicher Stelle noch vor ziemlich genau einem Jahr quasi alles und jeden infrage gestellt – allen voran seine beiden zentralen Mittelfeldspieler Leon Goretzka und Joshua Kimmich . Und gleichzeitig eine "Holding Six", also einen ballsicheren zentralen Spieler als Verstärkung für seinen Kader gefordert. Ausgerechnet Tuchels Wunschspieler João Palhinha haben die Münchner nun mit einem Jahr Verspätung für Kompany verpflichtet – was für eine Ironie des Bayern-Trainer-Schicksals. Kompany will Tuchels Fehler vermeiden Im Unterschied zu seinem Vorgänger wollte sich Kompany zu derartigen Personalthemen gar nicht äußern – und die vermeintlichen Fehler, die Tuchel damals machte, damit offenbar vermeiden. "Einkauf oder Verkauf, das ist nicht mein Job. Ich bin für die Mannschaft da. Ich will Energie spüren. Namen gehören nicht zu meinem Denken", sagte Kompany. "Es wäre ein Riesenfehler, über einzelne Spieler zu reden." An dieses Dogma hielt er sich dann auch konsequent und kommentierte weder die Spekulationen um einen Abschied von Goretzka oder Matthijs de Ligt noch die Position, auf der er mit Kimmich plant. Kompany sprach wie schon bei seiner Vorstellung Ende Mai übrigens ein sehr gutes Deutsch. Nur bei Fragen, bei denen er, wie er sagte, "genau sein" wollte, wechselte er ins Englische. Zum Beispiel, als er von t-online auf seine Erwartungen an seinen Neuzugang Michael Olise angesprochen wurde. Kompany öffnet Abschiedskandidaten die Tür "Wir haben eine fantastische Möglichkeit, ein großes Team aufzubauen", sagte er dazu nur. "Wir holen neue Spieler, weil wir absolut an sie glauben, dass sie uns dabei helfen, Erfolge zu erreichen und Energie dafür reinzubringen." Am Ende gelte aber für jeden: "Lass es uns auf dem Platz sehen. Da will ich den Hunger sehen." Damit öffnete er auch den potenziellen Abschiedskandidaten um Goretzka und Co. wieder eine Tür, sich genau dort bei ihm beweisen zu können. Über die Rollen der Spieler in seinem Kader und damit auch über weitere Zu- und mögliche Abgänge zu entscheiden, ist jetzt seine wohl wichtigste nächste Aufgabe. Auch wenn Kompany sich extern dazu nicht äußern will: Intern hat er nach t-online-Informationen aber sehr wohl seine auch in Sachen Kaderplanungen sehr klaren Vorstellungen bei den Verantwortlichen hinterlegt. Das bestätigte auch Max Eberl. "Wir haben uns sehr intensiv in den vergangenen Wochen über den Kader ausgetauscht", sagte er und kündigte an: "Wir wollen Bayern München nicht revolutionieren, aber ein Stück weit evolutionieren." Xavi Simons, Désiré Doué und Jonathan Tah gelten weiterhin als Transferkandidaten. Er ist der Gegenentwurf zu Tuchel Mit seinem ganzen Auftreten wirkt Kompany insgesamt ein wenig wie der Gegenentwurf, sozusagen der Antagonist zu Tuchel und strahlt jetzt schon ein wärmeres Verhältnis zu seinen Spielern aus. "Mir ist es wichtig, mit den Jungs zu sprechen, damit wir uns gegenseitig verstehen", sagte er und steckte gleichzeitig klare Leitplanken für seine Mannschaft ab: "Hart arbeiten ist eine Sache, bei der es keinen Kompromiss für mich gibt." Kompany fasste sein Credo folgendermaßen zusammen: "Wir brauchen keine großen Sprüche machen. Aber es ist wichtig für mich, dass wir zeigen, dass wir Bock haben." Kompanys Art kommt bei den Bossen an Mit diesem Ansatz und seiner Art kommt Kompany auch bei den Bossen bislang gut an. Die hat er in einer Runde um Uli Hoeneß bereits alle persönlich kennengelernt. Auch der Klubpatron war von dem Treffen angetan und verriet hinterher: "Wir waren beim Abendessen und da war seine Kernbotschaft: Im Mittelpunkt muss die Arbeit stehen! Und das ist etwas, was mir unheimlich gefallen hat." Hoeneß vergaß nicht zu betonen: "Wir müssen wieder den Fußball in den Mittelpunkt stellen." Gut möglich, dass sich der Klubpatron, der nur knapp sechs Kilometer entfernt im benachbarten Bad Wiessee wohnt, beim Testspiel in Rottach-Egern selbst ein Bild davon machen wird. Finale dahoam als "großes Ziel" Eberl hat jedenfalls keinen Zweifel daran, dass auch Hoeneß gefallen dürfte, was er dort von Kompany zu sehen bekommt. "Es ist eine neue Energie und neue Motivation in der Gruppe", sagte Eberl: "Wir sind zu 100 Prozent überzeugt, dass dieser spannende, neue Weg der richtige für den FC Bayern ist." Die ersten Schritte darauf und die ersten getroffenen Entscheidungen fühlen sich für Eberl "sehr gut an". Ihm ist trotzdem bewusst: "Klar zeigen erst die Ergebnisse, ob es funktioniert hat." Die Ziele beim Rekordmeister sind traditionell die höchsten und nach der ersten titellosen Saison seit zwölf Jahren in dieser Saison jetzt vielleicht sogar noch ein bisschen höher. Wie die konkret aussehen? "Alles gewinnen! Das habe ich beim FC Bayern gelernt", sagte Eberl. Und am Ende dieser Saison wäre da ja auch noch das Finale der Champions League in der Münchner Arena. Man wolle sich "nicht zu viel Bürde aufladen, aber auch das ist natürlich ein großes Ziel von uns", so Eberl. Auch Kompany hat das Finale dahoam natürlich bereits im Hinterkopf, wie er zugab: "Aber das erreichen wir nicht, wenn wir darüber reden, sondern wir müssen im Training jeden Tag hart dafür arbeiten." Dieser Geist vom Tegernsee ist bei Bayern jedenfalls jetzt schon zu spüren.

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