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Olympia 2024: Darum sammelt Frankreich auf einmal so viele Medaillen

In Tokio gewannen die französischen Athleten 33 Medaillen. In Paris sind es vor Ende der Spiele bereits mehr. Das hat verschiedene Gründe. Aus Paris berichtet Melanie Muschong Der Schwimmer Leon Marchand kürte sich bereits viermal zum Olympiasieger vor heimischem Publikum. Auch Radsportlerin Pauline Ferrand-Prévot schaffte diese Kunst im Cross-Country, ebenso wie die Fechterin Manon Apithy-Brunet. Sie haben als Franzosen Gold in Paris gewonnen. Die Olympischen Spiele sind noch nicht zu Ende. Doch bereits jetzt zeichnet sich ab: Die französischen Athletinnen und Athleten sind besser als in Tokio vor drei Jahren. Lag die Gesamtbilanz damals bei 33 Medaillen, hat Frankreich nun schon 51 – und die Schlussfeier ist erst in drei Tagen. Der Erfolg kam allerdings nicht über Nacht, sondern ist Teil eines über Jahre hinweg gepflegten Plans. "Bis jetzt hat die französische Delegation eine tolle Arbeit geleistet" Auf die Frage, warum Frankreich im Vergleich zu Tokio bei diesen Spielen so gut ist, sagt der Volleyballer Kévin Tillie zu t-online: "Ich weiß nicht, was wir gemacht haben, aber wir haben etwas richtig gemacht. Bis jetzt hat die französische Delegation eine tolle Arbeit geleistet." Er führte aus: "Alle Athleten, die wir im Dorf sehen, holen Medaillen, und wir alle unterstützen uns gegenseitig, pushen uns und grüßen einander." Er selbst genieße die Stimmung mit den Zuschauern. Gegen Deutschland war es im Viertelfinale ohrenbetäubend laut. Für Tillie "ein unfassbares Gefühl". "Denn selbst wenn wir zurückliegen oder verlieren, singen sie und treiben uns an, weiterzuspielen und nie aufzugeben. Es ist toll, die Olympischen Spiele in Frankreich zu spielen", so der 33-Jährige. Im Herbst 2017 bekam Paris den Zuschlag vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Der Moment, in dem das Land anfing, intensiver über Sport nachzudenken. "Wir müssen olympisch denken" Das berichtet Laurent Tillie, Vater von Kévin, auf Nachfrage von t-online. Der frühere Volleyball-Nationaltrainer Frankreichs (2012 bis 2021) wurde mit seiner Mannschaft in Tokio Olympiasieger. Er erzählt, dass er selbst versucht habe, im französischen Volleyballverband (FFvolley) ein Umdenken zu schaffen. "Wir müssen olympisch denken. Nicht an die Europameisterschaft, die Weltmeisterschaft, nein. Das Ziel sind die Olympischen Spiele. Das Programm muss also vier Jahre lang durchgeführt werden, wir arbeiten vier Jahre lang. Wir versuchen, den Spielern die Idee zu vermitteln, dass wir unser Ziel erreichen können, aber dafür müssen wir arbeiten", so der ehemalige Erfolgscoach: "Jeder Wettbewerb, Europa- und Weltmeisterschaften sind Zwischenschritte." Der Fokus liege voll auf den Jahren 2024, 2028 und 2032 – eben auf den Jahren, in denen Olympische Spiele stattfinden. "Sie veranstalten Seminare und psychologische Programme" Frankreichs Volleyballer stehen in Paris nun im Finale – der Plan scheint funktioniert zu haben und lässt sich auch auf andere Sportarten im Gastgeberland der Spiele übertragen. Laurent Tillie erzählt zudem von einem Programm, das extra für Paris 2024 vom Sportministerium der französischen Regierung eingeführt worden ist. "Im französischen Sport haben wir seit fünf Jahren eine neue Agentur. Diese Agentur hat die Aufgabe, die Verbände finanziell zu unterstützen", so Tillie. Durch diese Agentur sollen Trainer und Mitarbeiter in den Verbänden besser arbeiten können. "Sie veranstalten Seminare, Treffen zwischen den Trainern und psychologische Programme für Trainer. Das ist ein großer Schritt für gute Ergebnisse", so der Ex-Gold-Coach weiter. Bei der Agentur handelt es sich um die "Agence nationale du sport" (zu Deutsch: Nationale Sportagentur), abgekürzt ANS. Diese hat sich für die Spiele in Paris zum Ziel gesetzt, dass Frankreich unter die Top 5 der Nationen kommt. Auf Anfrage von t-online antwortete das französische Ministerium für Sport und die Olympischen und Paralympischen Spiele, dass das Land 2019 entschieden habe, "sein Hochleistungssystem zu modernisieren und grundlegend weiterzuentwickeln, um seinen olympischen und paralympischen Traum zu verwirklichen". "Spezialkenntnisse in Sportwissenschaft und Wirtschaft" Das bestätigt auch die Sportjournalistin Annabelle Rolnin, die für die "L'Equipe" arbeitet, im Gespräch mit t-online: "Seit dem Tag, an dem Frankreich die Olympischen Spiele in Paris bekommen hat, hat es viel getan, um sich in allen Sportarten zu verbessern." Die Regierung investiere "viel Geld", nutze "Spezialkenntnisse in Sportwissenschaft und Wirtschaft, um die französische Sportbewegung wieder in Gang zu bringen". Das Ministerium für Sport und die Olympischen und Paralympischen Spiele erklärte t-online zudem: "Das Budget für die direkte Unterstützung von Spitzenleistungen, das seit 2019 von der ANS verwaltet wird, ist zwischen den Spielen 2016 in Rio de Janeiro und den Spielen 2024 in Paris um 68 % gestiegen (auf fast 114 Millionen Euro im Jahr 2024)." Rolnin sagt über Paris 2024: "Alle, nicht nur die Spitzensportler, wollten bei diesem Erlebnis und Abenteuer dabei sein. Die gesamte französische Sportbewegung hat viel gearbeitet, um sich zu verbessern. Es war eine kollektive Anstrengung." Eine, die sich ausgezahlt und noch nicht abgeschlossen ist – denn nach Paris ist vor LA 2028.

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