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Solingen-Debatte bei Markus Lanz: Kühnert rechnet im ZDF mit Konsequenzen

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kritisierte in der Abschiebedebatte die europäischen Partner und ließ durchblicken, mit wessen Rücktritt er nach dem Anschlag von Solingen rechnet. Führt das Messerattentat von Solingen kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zu einer grundlegenden Wende in der Asyldebatte? Das wies SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei "Markus Lanz" am Mittwochabend von sich. Stattdessen betonte Kühnert in der ZDF-Talkshow, dass die Abschiebezahlen bereits steigen und die Zugangszahlen sinken würden. "Wir haben keine Apokalypse in dieser Gesellschaft, aber reale Probleme, die gelöst werden müssen", sagte der Sozialdemokrat mit Blick auf das alarmistische Bild, das seit dem Anschlag stellenweise von der Sicherheitslage gezeichnet wird. Die Gäste Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär Kristina Dunz, Journalistin Eren Güvercin, Islam-Experte Richard David Precht, Autor Gleichzeitig ärgerte sich Kühnert darüber, dass Deutschland von den europäischen Partnern im Stich gelassen oder sogar ausgetrickst werde. Besonders beim Vorgehen Bulgariens – dem Land also, in das der Attentäter hätte zurückgeführt werden können – würden einem die Ohren schlackern, so der SPD-Generalsekretär. Die Vorgaben, die das Land etwa beim Flugweg und den Ankunftszeiten mache, führten dazu, dass pro Woche maximal vierzig Personen dorthin gebracht werden könnten. "Nicht weil irgendein Politiker in Deutschland noch nicht genügend Gesetze beschlossen hätte oder zu bummelig wäre in der Umsetzung, sondern weil Bulgarien uns hier an der Nase herumführt." Bulgarien könne formal behaupten, sich an die in der EU geltenden Dublin-Regelungen zu halten, habe aber de facto ein Regime geschaffen, das es verunmögliche, diese umzusetzen. Kühnert rechnet mit Rücktritt von NRW-Ministerin Auf deutscher Seite sah der SPD-Politiker ebenso Fehler. Er nahm im Zusammenhang mit der gescheiterten Abschiebung des Attentäters die zuständige Grünen-Politikerin Josefine Paul ins Visier. Zum Aufgabengebiet der NRW-Familienministerin gehören auch die Bereiche Flucht und Integration. Es sei fahrlässig gewesen, der Sache nicht weiter nachzugehen, nachdem man den Abzuschiebenden nicht angetroffen habe. Genaueres wollte Kühnert dazu nicht beantworten. Er empfahl Moderator Markus Lanz stattdessen, Paul selbst in seiner Sendung zu befragen. "Ich würde Ihnen empfehlen, sich ranzuhalten mit der Einladung, weil ich nicht glaube, dass sie noch allzu lang diese Verantwortung haben wird", setzte der SPD-Generalsekretär unmissverständlich hinzu. "Wie viel private Schuld jetzt die Ministerin daran hat, will ich nicht beurteilen", merkte hingegen Richard David Precht an. Unstrittig sei hingegen, dass die "Ausländerbehörden mit dem, was sie da zu tun haben, heillos überfordert sind", erklärte er. Eine Mitschuld erkannte der Philosoph auf einer höheren Ebene bei der gesamten westlichen Welt. Ein Teil des Flüchtlingsproblems resultiere daraus, dass der Westen sich in die innenpolitischen Angelegenheiten von Ländern wie Syrien , Afghanistan oder Irak eingemischt habe. "Das ist Missionsgehabe", kritisierte Precht. Islam-Experte: Politik will Handlungsfähigkeit simulieren Der Islam-Experte Eren Güvercin stellte hingegen die besondere Bedeutung des Hamas-Anschlags auf Israel am 7. Oktober des vergangenen Jahres heraus. Dieser sei nicht nur für Israel, sondern auch für die deutsche Gesellschaft eine Zäsur gewesen. Seither gebe es eine massive Enthemmung in der islamistischen Szene. Die unterschiedlichen islamistischen Akteure nutzten die Gunst der Stunde, um über die Emotionalisierung des Nahost-Konflikts insbesondere junge Menschen zu radikalisieren, erklärte der Autor. Das Ergebnis: Der Islamismus sei ein Teil Deutschlands, der sich nicht durch Abschiebungen beseitigen lasse. Güvercin, der als Sohn türkischer Eltern in Köln geboren wurde, warf in diesem Kontext vor allem den Islam-Verbänden vor, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht zu werden. Die Politik hingegen wolle nach Ereignissen wie in Solingen in erster Linie Handlungsfähigkeit simulieren. Seine Ausführungen ließ der Journalist in einen ausdrücklichen Appell münden: "Ich erwarte von meiner Bundesregierung , dass wir nicht nur diese Abschiebedebatten führen, diese Waffenrechtsverschärfungen und so weiter, sondern wir müssen über das eigentliche Thema sprechen, und das ist, dass die islamistische Szene heute vitaler ist als vor einigen Jahren."

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