Verspätete Bescherung?
In Bochum wollen die GIESSEN 46ers am Samstag die 8:0-Siegesserie der SparkassenStars beenden.
Nicht einmal 100 Stunden nach Heiligabend wollen sich die Profis der GIESSEN 46ers nochmals beschenken. Wofür sie an den Feiertagen keine Mühen gescheut, sich geschunden und die Zeit mit ihren Liebsten auf ein Minimum beschränkt haben. Krafttraining, Videoanalyse und eine 90-minütige Einheit am 23. Dezember, ausgiebiges Training am Morgen des Weihnachtsfestes, gleich drei Einheiten am 2. Feiertag: Wer bei den VfL Sparkassenstars Bochum, dem Sensationszweiten der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA, bestehen möchte, für den heißt es nicht nur, sich Raclette, Fondue oder die Weihnachtsgans mit Klößen und Rotkraut aus den Klamotten zu schütteln, sondern am Samstag (19 Uhr) auch taktisch bestens vorbereitet in den Ruhrpott zu fahren.
„Ich habe ein richtig gutes Gefühl“, sieht „Frenki“ Ignjatovic dem 15. Unterhaus-Durchgang mit großer Vorfreude entgegen. Zum einen ist er mit dem Altmeister in der beschaulichen Rundsporthalle hinter dem großen Fußballstadion an der Castroper Straße noch ungeschlagen (108:89, 90:76), zum anderen mag der 58-Jährige die Begegnungen zwischen den Jahren. Weil die Hallen stets gut gefüllt sind. Weil die Atmosphäre unter die Haut geht. Und vor allem, weil für ihn die Ergebnisse stets gestimmt haben. Am 27. Dezember 2022 schlug Gießen die Thüringer von Medipolis SC Jena mit 101:95, auf den Tag ein Jahr später verließ Bochum die Osthalle mit einer 82:90-Niederlage. Wenn das keine guten Voraussetzungen für das Liga-Topspiel in der Stadt an der Ruhr sind …
Zumal die Männerturner bis auf den langzeitverletzten Aiden Warnholtz, der im Training jedoch bereits erfreuliche Fortschritte macht und aus dem Stand besser trifft als so manch einer seiner gesunden Mitstreiter, endlich einmal eine sorgenfreie Woche verbracht haben. Die Angeschlagenen oder bisweilen Erkrankten sind alle wieder auf dem Damm. Und auch Robin Benzing, der wegen eines Bruchs des kleinen Fingers zwei Partien pausiert hat, ist auf dem Weg der Besserung. Ob der Kapitän in der Stadt von Herbert Grönemeyer, Armin Rohde und Peter Neururer mitwirken wird, entscheidet der 35-Jährige am Samstag allerdings höchstselbst erst kurz vor dem Sprungball.
Dass die Gäste mit Selbstvertrauen bei den SparkassenStars auflaufen, versteht sich nach dem letzten 95:56-Kantersieg über die EPG Guardians Koblenz von selbst. Dass sie auf eine Mannschaft treffen, die Selbstvertrauen inzwischen in ihrer DNA verankert hat, jedoch auch. Seit dem 26. Oktober und dem 77:78 gegen die Uni Baskets Münster sind die Schützlinge des spanischen Cheftrainers Felix Banobre ungeschlagen. In dieser Zeit feierten sie acht Erfolge, darunter ein 84:75 gegen Tabellenführer Science City Jena sowie Auswärtssiege bei den BBL-Absteigern Tigers Tübingen (85:77) und HAKRO Merlins Crailsheim (94:87). „Um dort zu bestehen, braucht es von uns eine Top-Leistung“, weiß „Frenki“ Ignjatovic, dass „tief im Westen, wo die Sonne verstaubt“, so Grönemeyer in seiner Hymne auf Bochum, die Trauben hoch hängen.
Was Gründe hat. Deren drei der Gießener Übungsleiter kennt. Zum einen Felix Banobre selbst, dessen Vertrag die Clubverantwortlichen vor zwei Jahren bis 2026 verlängerten. Damals rettete der heute 54-Jährige den VfL mit der stärksten Rückrunde aller ProA-Club noch vor dem Abstieg, der auch im Frühjahr drohte, ehe den RheinStars Köln wegen 54 fehlender Zuschauerplätze in ihrer Zeltkonstruktion am Girlitzweg die Lizenz verweigert wurde und Bochum im Unterhaus verblieb. „Ich mag es, wenn in einem Verein personelle Kontinuität herrscht“, rechnet es Ignjatovic den Bochumer Strategen hoch an, am in London aufgewachsenen Coach festgehalten zu haben. „Das zahlt sich jetzt für den Verein aus.“
Zum anderen der Wechsel auf zwei Ausländerpositionen, der sich äußerst positiv für die Ruhrpottler bemerkbar machte. Die kaum überzeugenden Raynere Thornton (nach Taiwan) und Quinn Nelson (Luxemburg) verließen den VfL, dafür kamen mit ihren US-Landsmännern Peter Kalthoff (Slowakei) und Keith Braxton (Schweden) zwei Ausnahmekönner. Guard Braxton ist in der ProA derzeit mit über 20 Punkten pro Match der drittbeste Scorer hinter Demarcus Demonia (Bayreuth) und Kenneth Cooper (Tübingen), außerdem besticht er mit durchschnittlich fast sieben Rebounds. Auch Powerforward Kalthoff punktet regelmäßig zweistellig. Seine im Schnitt sechs eingesammelten Abpraller können sich ebenfalls sehen lassen. Zusammen mit Matthew Strange, der zuletzt in Tübingen 28 und in Bayreuth 27 Punkte auflegte, bilden sie laut Ignjatovic „das Top-US-Trio der gesamten Liga.“
Erfolgsgaranten Nummer drei sind die starken deutschen Spots mit einer hohen Bindung zum Verein. Männer wie Regisseur Niklas Geske, den der heutige 46ers-Coach vor einigen Jahren schon mal nach Heidelberg holen wollte, die Big Man Tom Alte und Kilian Dietz sowie die Guards Jonas Grof und Lars Kamp spielen schon zwischen drei und fünf Jahren in Bochum, so dass auch im Kader eine hohe Kontinuität herrscht. Ignjatovic: „Eine solche Qualität auf den Positionen der Einheimischen gibt es selten.“
Was der letzte 108:103-Erfolg in Bayreuth nach dreimaliger Overtime eindrucksvoll unterstrich. Geske glänzte mit einem Double-Double, Jonas Grof sammelte in nur 17 Minuten auf dem Parkett acht Rebounds ein. Da Matthew Strange auch noch acht (!) Dreier versenkte, schrieben die SparkassenStars eine Erfolgsgeschichte weiter, die allerdings am Samstag gegen die GIESSEN 46ers ihr Ende finden soll.
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