Grönland will Unabhängigkeit von Dänemark: Trump greift nach der Insel
Die ehemalige Kolonie Grönland will sich endlich von Dänemark lösen. Doch eine Unabhängigkeit könnte einem anderen Interessenten in die Hände spielen. 2025 könnte für Grönland zum Schicksalsjahr werden. Ein Vorbote der möglichen Zukunft landet heute in Nook, der Hauptstadt der größten Insel der Welt. Donald Trump Jr. hat sich für einen eintägigen privaten Besuch angekündigt. Der Sohn des designierten US-Präsidenten will Videoaufnahmen für einen Podcast machen und auf der Insel "ein wenig Spaß haben", zitiert ihn der US-Sender Fox News. Sein Vater beabsichtigt, Grönland den Vereinigten Staaten einzuverleiben. Schon während seiner ersten Amtszeit bekundete Donald Trump ein Kaufinteresse. Das löste damals Spott aus. Nun, vor seiner zweiten Amtszeit, hat Trump erneut Ansprüche auf Grönland erhoben. Und dieses Mal ist Trumps Wunsch aufgrund der politischen Situation in Grönland gar nicht mehr so unrealistisch. Grönland wählt 2025 stehen in Grönland Parlamentswahlen an. Der Regierungschef Múte Bourup Egede ließ in seiner Neujahrsansprache keinen Zweifel aufkommen, wie wichtig diese für die Insel werden. Der 37-Jährige tritt mit seiner Partei für weniger Einfluss der dänischen Zentralregierung und mehr Eigenständigkeit an. "Es ist an der Zeit, dass wir in der nächsten Wahlperiode wichtige Schritte in Richtung eines unabhängigen Landes unternehmen", sagte er, und rief seinen Landsleuten zu: "Die Zukunft und das Land gehören uns!" In Grönland lebten Inuit für sich, bis die Insel ab 1721 von Europäern kolonisiert wurde und 1814 an Dänemark fiel. Über zwei Jahrhunderte war es eine abgeschottete Kolonie und lieferte hauptsächlich tierische Öle nach Europa. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Wunsch nach Selbstbestimmung unter den Grönländern laut, und im Jahr 1979 bekam die Insel ein eigenes Parlament und das Recht auf Selbstverwaltung. Doch die Insel ist nach wie vor Teil des dänischen Königreichs sowie dänisches Hoheitsgebiet, wobei Kopenhagen über Außen- und Verteidigungspolitik entscheidet. Fesseln des Kolonialismus Vielen Grönländern reicht diese teilweise Autonomie nicht, sie wollen die volle Unabhängigkeit. Dafür kämpft auch Regierungschef Egede. Er erklärte in seiner Neujahrsansprache, die Insel müsse die "Fesseln des Kolonialismus" abwerfen. Dänemark hat Grönland in den 1950er-Jahren offiziell "dekolonisiert". Doch die knapp 57.000 Menschen fühlen sich bis heute nicht gleichwertig behandelt. Das Verhältnis wurde unter anderem von Enthüllungen über ein dänisches Zwangsprogramm zur Schwangerschaftsverhütung belastet. Tausenden Frauen wurden dabei in den 1960er-Jahren unwissentlich Spiralen eingesetzt, um sie unfruchtbar zu machen. "Wenn man die Reproduktion der grönländischen Bevölkerung stoppt, ist das Völkermord", sagte Egede über das Programm. Der dänische Staat hat sich bis heute nicht zu einer Entschuldigung durchgerungen. So wird der Ruf nach dem vollständigen Bruch immer lauter. Das Kabinett von Egede hat dazu bereits einen eigenen Verfassungsentwurf vorbereitet und ein Unabhängigkeitsministerium eingerichtet. Dass die nächste Regierung nach der Wahl weitere Schritte zur Lossagung gehen wird, gilt als sicher. Dazu könnte auch eine Volksabstimmung beitragen. Das deutete Egede ebenfalls in seiner Neujahrsansprache an. "Wir müssen die wichtigsten Akteure in die Arbeit einbeziehen: Und das sind die Menschen in unserem Land“, sagte er. Das neue Staatswappen Dänemark will eine vollständige Lossagung von Grönland unbedingt verhindern. Das hat sich Dänemarks König Frederik X. zur Aufgabe gemacht. "Im Königreich Dänemark sind wir alle miteinander verbunden und einander verpflichtet", erklärte er in seiner eigenen Neujahrsansprache. Und um das symbolisch zu bekräftigen, hat der Monarch zum Jahreswechsel sogar das Staatswappen geändert. Auf dem neuen Wappen des Königreichs Dänemark bekommen die beiden Landesteile Grönland und die Faröer-Inseln deutlich mehr Platz. Groß pranken ein Eisbär und ein Bock auf dem Wappen, gleichberechtigt neben den Symbolen für das dänische Stammland sowie die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein, die der König auch repräsentieren will. Zuvor mussten sich Eisbär und Bock einen viel kleineren Platz teilen. Außerdem hat Dänemark angekündigt, einen Milliardenbetrag in die Sicherheit Grönlands zu investieren . Am Tag, nachdem Trump erneut Anspruch auf die Insel erhoben hatte, kündigte der dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen die Anschaffung von unter anderem zwei Patrouillenbooten und zwei Langstreckendrohnen an. Die zeitliche Nähe sei eine "Ironie des Schicksals", sagte Poulsen. Doch damit lässt sich das riesige Territorium Grönlands nicht schützen, weiß auch der Minister. Dazu braucht es die Hilfe anderer Verbündeter. "Es gibt keine konkreten Pläne, aber wir werden mit den USA zusammenarbeiten", sagte Poulsen. Der neue Partner Die Beziehung zu den Vereinigten Staaten ist knifflig. So zeigen sich Politiker wie die grönländische Abgeordnete Aaja Chemnitz empört über die direkt geäußerten Ansprüche von Donald Trump: "Ich möchte keine Schachfigur in Trumps wilden Träumen sein, sein Imperium auszudehnen und unser Land darin einzuschließen", schrieb sie auf Facebook. Und auch Regierungschef Egede hat deutlich gemacht, dass die Insel nicht zum Verkauf stehe. Doch gleichzeitig strebt Grönland eine deutlich engere Zusammenarbeit mit den USA an. Das wäre wohl sogar zwingend notwendig, sollte sich Grönland tatsächlich von Dänemark lossagen. Denn die größte Insel der Welt ist stark auf Geld vom Festland angewiesen. Das hat auch mit den einzigartigen Bedingungen auf der Insel zu tun. Auf der riesigen Insel leben so viele Menschen wie in einer deutschen Mittelstadt. Straßen gibt es zwischen den Siedlungen nicht, von Städten kann man ohnehin kaum sprechen. Geld verdienen die Grönländer vor allem in der Fischindustrie. Die Hälfte des Haushaltsvolumens, umgerechnet rund 550 Millionen Euro, schießt Dänemark jedes Jahr zu. Dieses Geld soll perspektivisch durch die Ausbeutung von Bodenschätzen ersetzt werden. Denn daran ist Grönland theoretisch reich, unter dem dicken Eispanzer schlummern unter anderem Öl, Gas, Kohle, Uran und Seltene Erden. Doch der Bergbau in der arktischen Region hat sich bislang nicht als rentabel erwiesen. So schlitterte etwa eine Rubinmine am südlichsten Zipfel der Insel 2022 in die Insolvenz , weil der Verkauf der Edelsteine nicht ertragreich genug war. Das Eis schmilzt: Chance für Grönland? Doch aufgrund der Erderwärmung schmilzt immer mehr Eis auf Grönland, und die Bodenschätze werden zugänglicher. Der Abbau rückt so in greifbare Nähe – und damit auch die finanzielle Unabhängigkeit. Doch für die Umsetzung wären immense Investitionen notwendig. Das hat augenscheinlich Donald Trump auf den Plan gerufen. Schon im eigenen Land hat der Klimawandel-Leugner Bohrungen aller Art massiv ausgeweitet. Davon träumt der designierte Präsident wohl auch in Grönland. Dort ist besonders das vermutete Vorkommen von großen Mengen Seltener Erden interessant. Denn dieser Rohstoff, der in modernen technologischen Geräten verbaut ist, wird derzeit hauptsächlich vom Rivalen China kontrolliert. Um daran zu kommen, muss Trump Grönland womöglich gar nicht kaufen. Wenn die Grönländer sich dazu entscheiden, final mit Dänemark zu brechen, bleibt ihnen vielleicht gar nichts anderes übrig, als sich danach unter die Fittiche der USA nehmen zu lassen.