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Asylpolitik: Neues Gesetz soll mehr Abschiebungen ermöglichen

Asylpolitik: Neues Gesetz soll mehr Abschiebungen ermöglichen

Der Bundestag hat ein neues Gesetz beschlossen, um Abschiebungen von Ausreisepflichtigen zu vereinfachen. Was sich künftig ändert, zeigt ein Überblick.Der Bundestag hat mit den Stimmen der Ampelfraktionen ein Gesetz für mehr und schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber beschlossen. Es sieht insbesondere vor, dass Ausreisepflichtige länger inhaftiert werden können und die Polizei mehr Rechte bei Durchsuchungen erhält.Im vergangenen Jahr war die Zahl der Asylbewerber deutlich gestiegen, in vielen Kommunen wurden die Unterkünfte knapp. Mit ihrem Beschluss reagiert die Bundesregierung auf diese Situation. Das Wichtigste im Überblick:Was hat die Bundesregierung konkret beschlossen?Das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz umfasst rund 40 Einzelmaßnahmen. Unter anderem folgende:Polizei darf bei Durchsuchungen nun nach Dokumenten und Daten zur Identität des Betroffenen suchen, um etwa seinen Heimatstaat festzustellenBeamte dürfen in Gemeinschaftsunterkünften andere Räume als das Zimmer des Ausreisepflichtigen durchsuchenBehörden dürfen Handydaten von Menschen ohne Papieren auslesen, um die Identität zu ermittelnBehörden sollen mehr Zeit zur Vorbereitung einer Abschiebung erhaltenDie Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird von derzeit 10 auf 28 Tage verlängertBehörden müssen Ausreisepflichtigen in Haft ihre Abschiebung nicht mehr ankündigenDie einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen nach einer einjährigen Duldung fällt wegDie Polizei kann asylsuchende Menschen abschieben, wenn diese antisemitische Straftaten begangen haben oder mit gefälschten Papieren eingereist sindWelche kurzfristigen Änderungen gab es?Der Bundestag hatte den Gesetzentwurf in der letzten Sitzungswoche vor Weihnachten kurzfristig von der Tagesordnung genommen, weil die Grünen noch Nachbesserungen gefordert hatten. Auf ihr Drängen soll den Ausreisepflichtigen nun ein Anwalt zur Seite gestellt werden. Für Familien mit minderjährigen Kindern hat das Parlament zudem die Abschiebehaft grundsätzlich ausgeschlossen.Darüber hinaus sieht das Gesetz ein härteres Vorgehen gegen Schleuser vor. Wegen Protesten von Menschenrechtsorganisationen soll ein nachträglich eingefügter Passus sicherstellen, dass die Seenotrettung von Flüchtlingen dadurch nicht kriminalisiert wird.Am Tag vor der Abstimmung hatten einige Grüne erneut Zweifel geäußert, ob Seenotretter ausreichend sicher davor sind, strafrechtlich verfolgt zu werden. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Helge Limburg, stellte eine erneute "Klarstellung" für den Fall juristischer Unsicherheiten in Aussicht. Dennoch gab es aus seiner Partei einige Gegenstimmen.Was verspricht sich die Regierung davon?"Deutschland braucht mehr Durchsetzungskraft bei der Rückführung jener, die über kein Bleiberecht verfügen", schrieb FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner auf der Plattform X. "Diese Durchsetzungskraft schaffen wir jetzt." Das neue Gesetz sei "ein weiterer Baustein unserer neuen Realpolitik zur Begrenzung illegaler Migration".Obgleich das Rückführungspaket ein ganzes Bündel von Maßnahmen beinhaltet, dürfte es nicht dazu führen, dass die Abschiebungen sprunghaft zunehmen. Der Entwurf nennt eine Zahl von 600 zusätzlichen Rückführungen pro Jahr.Innenministerin Faeser erwartet sich von dem Gesetz, dass es Rückführungen nochmals "sehr stark erleichtert". Dies werde sich auch in diesem Jahr in "deutlichen Zahlen" bei den Abschiebungen niederschlagen.Welche Kritik gibt es?Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor sprach von einem "Rückführungsverschlechterungsgesetz" und verwies darauf, dass die irreguläre Migration weiter zunehme. Die Ampelkoalition betreibe "Wählertäuschung". Das führe dazu, "dass der Unmut in unserem Land immer weiter steigt". Die CDU lehne das Gesetz daher ab: "Das machen wir nicht mit", sagte Amthor. Der AfD geht das Vorhaben ebenfalls nicht weit genug: Die Bundesregierung "locke" Migranten weiterhin "zur Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme", so Parteichefin Alice Weidel.Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl und die Grüne Jugend betrachten das Gesetz hingegen als Angriff auf das Asylrecht. "Wir haben massive verfassungsrechtliche Bedenken, denn durch das Gesetz werden Grundrechte von Geflüchteten verletzt", sagte der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl, Tareq Alaows, dem Redaktionsnetzwerk RND.Die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Katharina Stolla, kritisierte das neue Gesetz als "Entrechtungsmaßnahme". "Es wird zu schlimmen Traumatisierungen von Geflüchteten führen, die oft ohnehin schon traumatisierende Erfahrungen gemacht haben", sagte sie dem RND. "Mit diesem Gesetz hilft die Ampel keiner einzigen Kommune, sondern will nur Handlungsfähigkeit auf Kosten der Schwächsten demonstrieren." Stolla kritisierte zudem die Abgeordneten ihrer eigenen Partei: "Die Zustimmung zum Gesetz ist falsch", sagte sie dem RND. Wer Rechtsextremismus wirklich bekämpfen wolle, solle aufhören, "nach unten zu treten, und sich für ein gutes Leben für alle einsetzen".Wie viele Abschiebungen gab es 2023?Im vergangenen Jahr habe es 16.430 Abschiebungen gegeben, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit. Das seien 27 Prozent mehr als im Vorjahr. Damals waren es 12.945 Abschiebungen, das wiederum 8 Prozent mehr als 2022.Wie viele Menschen waren zuletzt zur Ausreise verpflichtet?Laut dem Bundesinnenministerium waren Ende Dezember 242.642 Menschen ausreisepflichtig. Allerdings hatten davon 193.972 eine Duldung zum Verbleib in Deutschland. Die Behörden erteilen aus verschiedenen Gründen eine Duldung. Dies geschieht beispielsweise, wenn die Sicherheitslage im Heimatland eine Abschiebung nicht zulässt. Zudem werden Ausreisepflichtige geduldet, wenn sie Kinder mit Aufenthaltserlaubnis für Deutschland haben oder ihnen Pass- und Reisedokumente fehlen.Warum scheitern Abschiebungen?2023 sind 31.770 Abschiebungen gescheitert, zwei Drittel der geplanten Abschiebungen wurden somit nicht durchgeführt. Das lag unter anderem daran, dass Flüge ausgefallen sind, dass die Ausreisepflichtigen nicht zu finden waren, dass die Heimatländer die Aufnahme verweigerten oder an gesundheitlichen Problemen.Wann kommt es zu Abschiebungen?Menschen können abgeschoben werden, wenn sie ausreisepflichtig sind. Abschiebungen sind laut Gesetz aber nur erlaubt, wenn den Menschen im Zielland kein ernsthafter Schaden droht. Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung setzen die Behörden zunächst eine Frist zur freiwilligen Ausreise. Wenn diese abgelaufen ist, kann es zur Abschiebung kommen. Abgeschobene dürfen für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren nicht wieder einreisen, je nach Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die Kosten für die Rückführung müssen sie selbst tragen.

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