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Streit in der Erbengemeinschaft um Immobilie: Bietet "Remedium" die Lösung?

Streit in der Erbengemeinschaft um Immobilie: Bietet

Geht eine Immobilie an mehrere Erben, wird es meist emotional. Der eine will verkaufen, die andere nicht. Ein Start-up behauptet, das Problem lösen zu können. Nicht jedes Erbe lässt sich so leicht teilen wie das Guthaben auf einem Konto. Vor allem bei Häusern und Wohnungen kommt es nicht selten zu Streit, sobald mehrere Erben im Spiel sind. Der eine möchte die Immobilie so schnell wie möglich loswerden, die andere würde sie lieber sanieren und anschließend vermieten. Eine Pattsituation, die bis vor Gericht führen kann. Doch es geht auch einfacher – das behaupten zumindest die Köpfe hinter dem Frankfurter Start-up Remedium. Ihr Angebot: Sie kaufen demjenigen, der ohnehin verkaufen möchte, seinen Anteil an der Immobilie ab. Juristisch nennt sich das Teilerbauseinandersetzung. Remedium wirbt mit Rundum-Sorglos-Paket "Wer verkaufen will, kriegt sein Geld, und derjenige, der die Immobilie behalten will, bleibt Miteigentümer und hat mit uns obendrein einen professionellen Partner, der sich um die wichtigen Dinge kümmert", sagt Remedium-Mitgründer Robert Lindenstreich im Gespräch mit t-online. Gemeint sind damit: eine eventuell nötige Sanierung und alle anstehenden Maßnahmen, um das Haus oder die Wohnung zu vermieten. Für den verbleibenden Miteigentümer sei das komplett kostenlos. Geld macht das Start-up damit, dass es den Miteigentumsanteil des verkaufswilligen Erben nach eigenen Angaben für 15 bis 25 Prozent unter Marktwert erwirbt. Hinzu kommen die Einnahmen aus der gemeinsamen Vermietung. "Das ist aus unserer Sicht ein fairer Preis. Andere Ankäufer verlangen von Erbengemeinschaften 50 bis 60 Prozent Abschlag und halten die Immobilie dann auch nicht langfristig. Die gehen zum Amtsgericht und erzwingen eine Teilungsversteigerung", sagt Lindenstreich. "Damit ist die Immobilie futsch." Remedium schließt eine Teilungsversteigerung in der Miteigentümervereinbarung mit dem verbleibenden Eigentümer dauerhaft aus. Damit müsse niemand befürchten, die geerbte Immobilie später doch noch zu verlieren. Anders als beim umstrittenen Teilverkauf , bei dem vor allem Senioren einen Teil ihrer selbst bewohnten Immobilie an einen Investor verkaufen, werde auch kein monatliches Nutzungsentgelt fällig. "Der sogenannte Teilverkauf ist etwas vollkommen anderes als die Teilerbauseinandersetzung, die wir anbieten", sagt Lindenstreich. "Der Teilkäufer zielt auf ältere Menschen in finanzieller Notlage und auf selbstgenutzte Objekte. Und das zu unethischen Konditionen." Bei einem Nutzungsentgelt von 6 bis 7 Prozent im Jahr sei die Summe, die der Teilkäufer gezahlt hat, schnell aufgezehrt, "ohne dass ich auch nur einen Cent für Lebenswünsche oder einen barrierefreien Umbau nutzen konnte". Auf welche Konditionen sich die Erben bei Remedium einlassen, regeln der Kaufvertrag für den aussteigenden Erben und die Miteigentümervereinbarung für den verbleibenden Erben. Nur wenn alle Beteiligten mit den Regelungen einverstanden sind, kommt das Geschäft zustande. Verbraucherschützer halten das Angebot für durchaus überlegenswert, dämpfen aber allzu hohe Erwartungen. "Taugt nicht für jeden" "Es ist grundsätzlich gut, wenn neue Wege gegangen werden. Das ist am Immobilienmarkt dringend nötig", sagt Alexander Krolzik, Abteilungsleiter Immobilienfinanzierung, Bau- und Kaufvertrag bei der Verbraucherzentrale Hamburg . "Ob es wirklich funktioniert, muss sich aber erst noch zeigen." Eine Allheillösung sei das Angebot nicht. "Es taugt nicht für jeden, da Remedium eine gewisse Lage der Immobilie erwarten wird. Und auch das total zerstrittene Scheidungspaar, bei dem der eine dem anderen schaden will, wird sich eher nicht einigen können." Den Preisabschlag hält Krolzik für angemessen. "Man muss sich klar sein, dass man weniger bekommt, als wenn man frei verkaufen würde. Das ist dann sozusagen der Preis dafür, dass Remedium einem aus der Patsche hilft, weil der Miterbe nicht verkaufen will." Er rät, sich die Verträge sehr genau anzuschauen und sie im Zweifel einem Experten bei der Verbraucherzentrale oder einem Anwalt vorzulegen. Allerdings sei fraglich, ob man im Vorfeld wirklich alles regeln könne. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es später nicht doch noch zu einer Blockade komme, weil man sich mit dem Investor nicht mehr einig sei. Erbteilverkauf kann nicht alles regeln Auf einen weiteren Fallstrick macht Jan Bittler aufmerksam, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV): "Erbengemeinschaften streiten selten nur um die Frage, was mit einer Immobilie passieren soll. Oft geht es auch darum, ob jemand im Vorfeld mehr geschenkt bekommen hat als der andere oder ob ihm mehr vom Erbe zusteht, weil er den Verstorbenen gepflegt hat." Diese Fragen ließen sich nicht allein durch einen Anteilsverkauf klären. Zudem sollten insbesondere die verkaufswilligen Erben vor einem Deal mit Remedium wissen, was alles zum Erbe gehört. "Vielleicht hat ein Miterbe mithilfe einer Vollmacht schon vor dem Erbfall Geld vom Konto des Verstorbenen geräumt. Wenn ich dann meinen Erbteil am Haus verkaufe, verkaufe ich auch die potenzielle Chance, meinen Teil dieses Geldes zurückzubekommen", erklärt Bittler. Wer über einen Erbteilverkauf nachdenke, solle sich Angebote von mehreren Investoren einholen, um zu sehen, welcher Preis möglich ist. Statt direkt an Remedium zu verkaufen, könne man sich auch über das Deutsche Erbenzentrum in Berlin Investoren vermitteln lassen. "Gehen Sie anschließend zu einem Fachanwalt und lassen Sie sich erklären, ob Sie mit einer Teilungsversteigerung nicht besser fahren", so Bittler. "Manchmal schüchtert das die Miterben auch so ein, dass man sich auf einmal doch recht schnell einigen kann."

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