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Bayer kürzt Dividende drastisch: Glyphosat-Desaster nimmt kein Ende

Aufgrund von Milliardenstrafen muss der Chemiekonzern Bayer sparen. Die Dividende für Aktionäre soll drastisch sinken. Analysten sehen den Schritt positiv. Am Ende wurde der finanzielle Druck zu groß. Unter der Last milliardenschwerer Rechtsstreitigkeiten in den USA streicht Bayer die Dividende zusammen. Für drei Jahre soll nur das gesetzlich geforderte Minimum ausgeschüttet werden, wie der Pharma- und Agrarchemiekonzern mitteilte. Konzern muss sparen – auch Aktionäre betroffen Für 2023 ergebe sich daraus eine Dividende von 0,11 Euro je Aktie, was auch der Hauptversammlung im April vorgeschlagen werden soll. Die Einschnitte stünden im Zusammenhang mit dem Schuldenstand, den hohen Zinsen und einer angespannten Situation beim freien Finanzmittelfluss (Free Cashflow). Überraschend kommt der Schritt nicht. "Unsere Schulden zu senken und unsere Flexibilität zu steigern, gehört zu unseren Top-Prioritäten", erklärte Konzernchef Bill Anderson. "Unsere geänderte Dividendenpolitik, in die Anregungen von Investoren eingeflossen sind und die wir nach reiflicher Überlegung beschlossen haben, wird uns dabei helfen." Das Glyphosat-Desaster Die Hoffnung, dass der neue Bayer-CEO Bill Anderson das Problem der Klagewelle in den USA lösen kann, hat sich zerschlagen. Ein Gericht hatte Bayer Ende Januar zu einer Zahlung von 2,2 Milliarden US-Dollar an einen an Krebs erkrankten Kläger verurteilt. Dieser hatte den Konzern und den Unkrautvernichter "Roundup" für sein Leiden verantwortlich gemacht. Es handelt sich um die höchste Strafe, zu der Bayer in bisher mehr als einem Dutzend Glyphosat-Prozessen verurteilt worden ist. Der Pharmakonzern bestreitet bis heute anhand zahlreicher Studien, dass Glyphosat krebserregend wirke. Bayer hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen, doch die Gesamtsituation ist dramatisch. Denn noch immer warten weitere Prozesse auf den Chemiekonzern an den US-Gerichten. Von den 160.000 Glyphosat-Verfahren in den USA sind erst 113.000 abgeschlossen. Schwere Managementfehler in der Vergangenheit Die seit 2018 anhaltenden Probleme sind ein Erbe des für 60 Milliarden US-Dollar übernommenen US-Agrarchemiekonzerns Monsanto. Der damalige Bayer-Chef Werner Braun hatte die Übernahme gegen den Widerstand nicht weniger Investoren durchgeboxt. Nach dem Kursverfall ist Bayer an der Börse derzeit nur noch 28,4 Milliarden Dollar wert. Erschwerend kommt hinzu, dass die bisherigen Blockbuster-Medikamente Bayer wegen des allmählichen Patentablaufs immer weniger Geld einbringen werden, ohne dass ähnlich lukrative Nachfolgepräparate in Sicht sind. Ende 2023 scheiterte eine wichtige Studie zu dem Medikament Asundexian bei Patienten mit Vorhofflimmern und Schlaganfallrisiko, das diese Lücke schließen sollte. Sanierungsmaßnahmen dringend erforderlich Angesichts all dieser Probleme ist die Dividendenkürzung für die Experten eine kleine positive Nachricht. Um die Bilanz zu sanieren, sind allerdings weitere umfassende strategische Maßnahmen erforderlich. Eine solche – im Konzern wohl auch diskutierte – könnte der Verkauf von Unternehmensteilen darstellen. Nach Meinung der Experten kommt dafür im aktuellen Umfeld aber wohl nur die Sparte Consumer Health rund um rezeptfreie Medikamente infrage. Investoren fordern zudem die Verschlankung von Strukturen, den Abbau von Hierarchien bis hin zur kompletten Aufspaltung des Konzerns. Aktienkurs im Sinkflug Seit Beginn der Klagewelle von US-Verbrauchern gegen Bayer hat die Aktie des Konzerns über die Hälfte an Wert verloren. Im aktuellen Handel kostete eine Aktie knapp 29 Euro. Am Hoch im April 2015 war eine solche noch 146 Euro wert – ein Verlust bis heute von über 80 Prozent. Die Rückstellungen von Bayer sind inzwischen auf 16 Milliarden Euro gestiegen – Geld, das an anderer Stelle fehlt, beispielsweise für Investitionen in den Pharmabereich oder für die Anteilseigner. Nach Einschätzung von Analyst Martin Schnee von der Baader Bank ist die Kürzung der Dividende zwar die "beste kurzfristige Lösung" für Bayer. Aber die Aktionäre müssten damit – zusätzlich zu dem niedrigen Aktienkurs – den Preis für schlechte Management-Entscheidungen zahlen.

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