Aktive ETFs erobern den Markt: Das können sie besser als die klassischen
Seit fast 25 Jahren investieren Privatanleger und Investoren in passive ETFs. Jetzt kommt eine neue Generation auf den Markt. Was aktive ETFs besser können und für wen sie geeignet sind. Die amerikanische Starinvestorin Cathie Wood bringt drei aktiv gemanagte, themenbezogene ETFs auf den Markt – eine Mischung aus aktiven und systematischen Anlagelösungen. So bezeichnet die von ihr geleitete Fondsgesellschaft ARK Invest Europe die neuen Indexfonds. Damit wolle Wood den wandelnden Bedürfnissen globaler Anleger gerecht werden. Innovationen wie Künstliche Intelligenz und Robotik oder die Genomische Revolution seien der Dreh- und Angelpunkt dieser neuen aktiven ETFs. Bisher kannten Anleger vor allem passive ETFs, wie den MSCI World-ETF oder MSCI All Country World-ETF. Seit über 30 Jahren werden sie von Fondsgesellschaften verkauft und die Anzahl an Sparplänen ist seitdem massiv gestiegen. Der Anteil von 7,1 Millionen Sparplänen heute soll laut Studie von extraETF im Auftrag von BlackRock bis 2028 auf 21,3 Millionen anwachsen. t-online hat mit Pay Fahlbusch, Experte für ETFs bei Axa Investment Managers, über den neuen Trend von aktiven Indexfonds gesprochen. Was der Unterschied ist zu klassischen Fonds, welche Risiken es gibt und warum Anleger davon profitieren könnten. t-online: Herr Fahlbusch, was sind aktive ETFs – im Vergleich zu passiven ETFs? Pay Fahlbusch: Grundsätzlich steht ETF für einen an der Börse handelbaren Indexfonds (Exchange Traded Funds) und ist die Beschreibung des Fondsmantels, also die Hülle, in der sich die Aktien des abzubildenden Index befinden. Das gilt sowohl für einen klassischen passiven ETF als auch für einen aktiven ETF. Beides sind kostengünstige und transparente Anlagemöglichkeiten für Investoren. Der Unterschied zwischen passivem und aktivem ETF ist, dass der passive ETF einen Index wie den Dax oder S&P 500 möglichst genau abbilden soll, wohingegen bei einem aktiven ETF ein Portfoliomanager ins Spiel kommt und für die Zusammensetzung des ETFs verantwortlich ist. Das Portfolio eines solchen ETFs kann vom Manager und der Fondsgesellschaft individuell je nach thematischer Ausrichtung zusammengestellt werden. Das heißt, aktive ETFs sind nichts anderes als aktiv gemanagte Aktienfonds? Fahlbusch: Nein, das stimmt nicht. Allgemein lässt sich sagen, dass ein aktiver ETF eine Symbiose aus aktiv gemanagtem Aktienfonds und passivem ETF ist – mit anderen Worten: das Beste aus beiden Welten. Was sind genau die Unterschiede? Fahlbusch: Während ein aktiver ETF zu den Geschäftszeiten an der Börse handelbar ist, wird ein klassischer Aktienfonds nur einmal täglich von der Fondsgesellschaft gehandelt und abgerechnet. Hinzukommt das Thema Transparenz für Anleger: Aktive ETFs müssen täglich veröffentlichen, welche Positionen sich im Portfolio befinden. Bei aktiven Aktienfonds können Sie diese Daten nur im Halbjahres- und Jahresbericht vollständig einsehen. Und ein weiterer Punkt: Ein aktiver Aktienfonds hat die Möglichkeit einen Kassenbestand zu halten, eine Art Puffer für Zukäufe. Das können ETFs nicht, da sie immer zu 100 Prozent investiert sind. Darüber hinaus dürfen aktiv gemanagte Aktienfonds Derivate einsetzen, um Einzelpositionen zu hebeln oder abzusichern. Auch das ist bei ETFs nicht möglich. Wenn aktive ETFs keine Indizes nachbilden, dann sind sie doch nichts anderes als Themen-ETFs, die ja bereits in großer Anzahl existieren – Stichwort: Künstliche Intelligenz. Fahlbusch: Bei Themen-ETFs, die in Branchen wie Biotech, Wasserstoff, Cannabis oder KI investieren, wurde zwar zu Beginn grundsätzlich eine aktive Entscheidung getroffen, welches Thema für die Zukunft der Wirtschaft, für Anleger und Investoren interessant sein könnte. Gleiches gilt aber auch für den passiven MSCI-All-Country-World-ETF, der in rund 2.900 Unternehmen aus 23 Industrie- und 24 Schwellenländern investiert. Während ein passiver ETF, ganz gleich ob themenbezogen oder auf einen Index wie den MSCI World Index, sein Portfolio nicht mehr verändert, schaut bei einem aktiven ETF der Portfoliomanager nicht nur am Anfang, sondern während der gesamten Laufzeit auf die Performance und nimmt an der Zusammensetzung des ETFs Veränderungen vor. Um die Performance zu steigern? Fahlbusch: Ganz genau. Die Investmentgesellschaft entscheidet aktiv, welche Unternehmen in der Zukunft die vermeintlich bessere Performance erzielen werden und investieren mit dem aktiven ETF in diese. Hingegen werden Aktien anderer Unternehmen verkauft, wenn der Portfoliomanager der Meinung ist, dass sie die Erwartungen des Marktes und der Investoren nicht erfüllen können. Der Manager achtet in einem kontinuierlichen Prozess auf Unternehmensbewertungen, die fundamentalen Daten und das Image. Ist das realistisch, mit einem aktiven ETF darauf abzuzielen, beispielsweise besser abzuschneiden als der Gesamtmarkt oder eine Branche? Fahlbusch: Die Fondsgesellschaften versuchen es jedenfalls. Ein aktiver ETF verfolgt das Ziel seine jeweilige Benchmark, den Markt, eine spezifische Branche wie Biotech, Wasserstoff oder Dekarbonisierung oder seine passiven Pendents mit einer Outperformance zu übertreffen. Aber das kostet die Anleger letzten Endes auch mehr Geld. Fahlbusch: Natürlich fallen für aktiv gemanagte ETFs höhere Gebühren an als bei passiven. Durch eine bessere Performance soll der Kostennachteil jedoch wieder aufgeholt werden und Anlegern und Investoren im Endeffekt eine höhere Rendite einbringen. Allerdings liegen die Kosten für aktive ETFs noch immer unter denen von aktiv gemanagten Aktienfonds. Wir sprechen hier von einer Kostenspanne zwischen 0,2 und 0,5 Prozent Gebühren pro Jahr für ein aktiv selektiertes Portfolio. Höhere Renditeversprechen, mögliche Outperformance, aktives Management – das klingt nach einem höheren Risiko für Anleger? Fahlbusch: Gerade bei aktiven themenbezogenen ETFs ist grundsätzlich ein höheres Risiko vorhanden als bei einem breit gestreuten MSCI-World-ETF. Bei jungen Unternehmen mit einem hohen Wachstumspotenzial in aufstrebenden Märkten besteht die Gefahr zu scheitern. Genau aus diesem Grund gibt es den Fondsmanager. Als Experte kann er den Markt besser einschätzen und kann rechtzeitig eingreifen und den ETF anpassen. Sind aktive ETFs nur etwas für fortgeschrittene Anleger? Fahlbusch: Wie bei jeder Geldanlage ist es wichtig, sich im Vorfeld ausreichend zu informieren. Die Fondsgesellschaften sind verpflichtet, den Anlegern das Rendite-Risiko-Profil des Finanzproduktes aufzuzeigen. Auch die Kosten sollten möglichst transparent dargestellt werden. Anleger sollten auch darauf achten, von welcher Fondsgesellschaft der aktive ETF stammt. Auch die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist wichtig, wenngleich vergangene Wertentwicklungen kein Indikator für die Zukunft sind. Anleger sollten darauf achten, nicht Birnen mit Äpfeln zu vergleichen – also nicht aktive ETFs mit passiven oder mit aktiv gemanagten Fonds. Wie wird sich der Markt für aktive ETFs in den nächsten Jahren entwickeln? Fahlbusch: Den ersten aktiven ETF gab es bereits 2008. Aber der Markt wuchs kaum, da die hohe Transparenzpflicht dazu führte, dass viele Portfoliomanager zögerten, ihre Strategien mit aktiven ETFs umzusetzen. Doch das Thema gewinnt immer mehr Interesse vor allem in den Vereinigten Staaten. Dort sind bereits über 300 Mrd. Dollar in aktiven ETFs investiert und ca. 30 Prozent der Neugelder gehen aktuell in solche Strategien. Zum Vergleich: In Europa sind aktuell 37 Mrd. US-Dollar in aktiven ETFs investiert und ca. 4,5 Prozent der Neugelder fließen in diese Produkte. Das klingt nicht viel, sind aber prozentual weit mehr als der bisher investierte Anteil am Gesamtvermögen von aktuell ca. 1,98 Prozent. Es zeichnet sich ab, dass der Trend anhalten wird und aktiv gemanagte ETFs an Attraktivität gewinnen werden.