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Russland macht in Weltbank-Ranking weiter Boden gut

Mit welchen Indikatoren lässt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes am besten abbilden? Die Weltbank listet Russland in einem neuen Ranking auf Platz vier in der Welt. Das kommt angesichts der Sanktionen unerwartet und verlangt nach Erklärungsversuchen.

Запись Russland macht in Weltbank-Ranking weiter Boden gut впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.

Auch in Moskau-City strebt man nach Höherem. (Foto: Tino Künzel)

In seinen späten Jahren hat der frühere US-Senator John McCain Russland einmal als „Tankstelle, getarnt als Land“ bezeichnet. Die Tatsache, dass Russlands nominales Bruttoinlandsprodukt (BIP) in etwa dem von Italien entspricht, ist oft genug zitiert worden, um es als unwesentlich abzutun.

Ökonomen verweisen jedoch seit Langem darauf, dass Russlands Wirtschaftskraft leicht zu unterschätzen ist, wenn sich der Blick allein auf das nominale BIP richtet. Dass das Land im letzten Jahrzehnt kleingeredet wurde, hat führende westliche Politiker offenbar zu einer üblen Fehleinschätzung dessen verleitet, wie verwundbar der Kreml durch Sanktionen ist.


Der Autor Ben Aris ist Chefredakteur von bne IntelliNews, einem englischsprachigen Wirtschaftsnachrichtenportal zu Emerging Markets mit Sitz in Berlin. Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die deutsche Übersetzung von Teilen zweier dort veröffentlichter Artikel.


Nimmt man das nominale BIP, betrug Russlands Anteil an der Weltwirtschaft 2019 laut Internationalem Währungsfonds 1,9 Prozent, während die USA auf 24,4 Prozent kamen und China bei 16,4 Prozent lag. Kaufkraftbereinigt schnitt Russland mit 3,1 Prozent besser ab, die USA fielen hier mit 15 Prozent hinter China als Weltspitzenreiter mit 17,3 Prozent zurück.

Bruttoinlandsprodukt und Kaufkraft

Das BIP nach Kaufkraftparität zu betrachten, nivelliert Unterschiede beim Preisniveau und erlaubt einen besseren länderübergreifenden Vergleich, besonders beim Lebensstandard. Es funktioniert, weil man sich mit dem Gegenwert eines US-Dollars in Rubel mehr kaufen kann als mit einem Dollar in den USA. Etwas, das der „Economist“ mit seinem berühmten Big-Mac-Index erfasst.

Zu den Überraschungen einer neuen Erhebung der Weltbank gehört, dass Russland, das im vergangenen Sommer Deutschland von Platz fünf der größten Volkswirtschaften der Welt verdrängte, in diesem Jahr mit einem Wert von 5,9 Billionen US-Dollar bereits auf Platz vier erwartet wird und damit vor Japan. Deutschland würde demnach weiter auf den siebenten Platz und hinter Indonesien abrutschen.

Anderes Bild bei Investitionen

Westliche Länder dominieren das aktuelle FDI-Ranking von Kearney Consulting für 2024. (Anm. d. Red.: FDI steht für Foreign Direct Investment, also ausländische Direktinvestitionen. Der FDI Confidence Index bringt zum Ausdruck, auf welche Märkte in den kommenden drei Jahren voraussichtlich die meisten Investitionen entfallen.) Nur acht von 25 Ländern auf der Liste sind Emerging Markets. Im BIP-Ranking der Weltbank spielen sie eine viel größere Rolle und sind mit neun Ländern in den Top 15 vertreten.

Einige Wissenschaftler meinen derweil, dass selbst die Kaufkraftparitäts-Berechnungen der Leistungsfähigkeit der russischen Wirtschaft nicht gerecht werden. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat das Dienstleistungsgewerbe im Westen rapide an Bedeutung gewonnen, während in Russlands Wirtschaft das Schwergewicht weiterhin auf Produktion und dem industriellen Ende des Spektrums liegt.

„Falsches Gefühl von Sicherheit“

Der französische Wirtschaftswissenschaftler Jaques Sapir schrieb bereits Ende 2022 im Politikjournal „American Affairs“: „Simple BIP-Statistiken haben dem Westen offensichtlich ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt. Nach dem BIP scheinen die westlichen Wirtschaften dominant und die von ihnen verhängten Sanktionen entscheidend. Dass sich der Westen dabei stark auf Dienstleistungssektoren stützt – und unmittelbare Produktionssektoren wie das verarbeitende Gewerbe, der Bergbau und die Landwirtschaft relativ schwach sind –, sorgt für kritische Anfälligkeiten bei der Güterproduktion und Lieferketten. In Zeiten von Frieden und unbeschränktem Handel mag das unerheblich erscheinen. Doch in Zeiten von Deglobalisierung, geopolitischem Wettbewerb und Staat-gegen-Staat-Konflikten, haben solche Schwachstellen tiefgreifende Auswirkungen, während die Bedeutung von grundlegenden Produktionssektoren steigt.“

Das BIP misst den Wohlstand, doch es spiegelt nicht die wahre Kaufkraft der Währung wider, wie das der Big-Mac-Index tut. Beide Größen wiederum liefern kein Bild von den produktiven Kapazitäten der Industrie eines Landes. Mit anderen Worten: Der Big-Mac-Index drückt aus, was ein Burger in Rubel kostet. Aber er verrät nichts darüber, wie viele Burger pro Tag in Russland hergestellt werden können und wie ein diesbezüglicher Vergleich zu den USA ausfiele.

Запись Russland macht in Weltbank-Ranking weiter Boden gut впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.

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