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Deutsche Spuren beim Moskauer Filmfestival

Beim 46. Moskauer Filmfestival haben auch ausländische Regisseure ihre Werke gezeigt. Die Korrespondentin der MDZ Jekaterina Bykowa schaute sich zwei Arbeiten deutscher Filmemacher an.

Запись Deutsche Spuren beim Moskauer Filmfestival впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.

Schlamassel
Szene aus dem Film „Schlamassel“

Das Moskauer Filmfestival (IMFF) hat seinen Status als internationales Festival vollständig bestätigt. Neben dem Hauptwettbewerb der Spielfilme und dem Wettbewerb der Dokumentar- und Kurzfilme fand in Moskau auch das Filmfestival der BRICS-Staaten statt. Die russischen Zuschauer haben die Möglichkeit, Filme aus Brasilien, Ägypten, Indien, Iran, China, den VAE und anderen Ländern zu sehen. Ein Beitrag, der im Gedächtnis haften bleiben wird, ist der Film „Drei“. Dessen Regisseurin Nayla Al Khaja ist die erste Filmmacherin der VAE und Jurymitglied der BRICS-Länder. Bei Begegnungen mit Zuschauern stellte Al Khaja fest, dass viele nicht glauben wollten, wie schwer es war, Geld für ihren Spielfilm „Drei“ zusammenzubekommen, denn die Emirate sind ja nicht arm. Man gibt aber „Geld für alles, außer für Filme“ aus, klagte die Regisseurin, die schon über 20 Jahre im Filmgeschäft tätig ist und eine eigene Produktionsfirma leitet. Weiterhin bemerkte sie, dass es außerordentlich wenige Frauen unter den Regisseuren gibt und dieses Problem alle Länder betrifft.

Die zehn Filme des Hauptwettbewerbes des IMFF kommen aus Rumänien, Moldau, Serbien, Bulgarien, Iran, Bangladesch, Katar, der Türkei, Russland und Deutschland. Von den Deutschen gibt es sogar gleich drei Filme. Der erste Wettbewerbsbeitrag, der Zuschauern und Journalisten gezeigt wurde, war „Schlamassel“ von Sylke Enders. In der russischen Version heißt der Film „Schlimazl“, aber wer dieses Wort mit dessen Bedeutung im Jiddischen verbindet, wird enttäuscht. Ort und Zeit der Handlung: Deutschland 1997. Das Leben der Johanna Schreier (Mareike Beykirch), Journalistin eines regionalen Blättchens, verläuft ruhig. Sie nimmt mit ihrer Kamera harmlose Szenerien auf und entwickelt die Bilder in ihrer Dunkelkammer. Eines Tages fällt ihr ein schwarz-weißes Foto in die Hände, auf dem eine junge Frau in Uniform und ein deutscher Schäferhund zu sehen sind. Bei der Frau handelt es sich um die ehemalige KZ-Aufseherin Annelies Deckert (Lore Stefanek), die noch lebt. Johanna beschließt, sie zu suchen. So viel zur Handlung des Films. Die Regisseurin versucht, die Ursachen verborgener Angst und das Fehlen innerer Sicherheit bei der jungen Generation zu ergründen und wie die Hinwendung zur Vergangenheit helfen kann.

„Schlamassel“ spricht aktuelle Themen an, die die russischen Zuschauer und Journalisten gerne direkt mit den deutschen Schöpfern des Filmes besprochen hätten. Es wurde jedoch zu diesem Film keine Pressekonferenz abgehalten und niemand aus dem Drehstab war nach Moskau gekommen.

Umso mehr wurde der zweite deutsche Wettbewerbsfilm „Martin liest den Koran“ erwartet. Er ist das Spielfilmdebüt des Regisseurs und Szenaristen Jurijs Saule. Für die Journalisten, die sich zur Pressekonferenz versammelt hatten, war es eine angenehme Überraschung, dass Saule fließend Russisch sprach. Saule bekannte, dass ihn bei der Arbeit am Drehbuch die Musik russischer Musiker beflügelt hatte, deshalb war die Benutzung russischer Musik im Film eine passende Lösung. Das ist übrigens nicht die einzige „russische Spur“ im Film. Der Film wurde meisterhaft vom Kameramann Arseni Gussew aufgenommen. Manchmal scheint es, als ob die Kamera das Geschehen von der Seite beobachtet und nicht immer nachkommt, sondern sich etwas aufhält, sodass zum Teil die Szenen auf dem Kopf stehen oder mit Weitwinkel aufgenommen wurden.

Der Film spricht aktuelle Fragen an: Glaube, Extremismus, menschliche Leidenschaften. „Die Arbeit am Drehbuch hat mehr als sieben Jahre gedauert“, erzählte der Regisseur auf der Pressekonferenz. Er begann sich 2015 für den Koran zu interessieren, als im deutschen Fernsehen Sendungen über den Islam liefen. Von da an reifte der Gedanke an den Film „Martin liest den Koran“. Der Film ist aufgebaut auf dem angespannten Dialog zweier Männer, Martin (Zejhun Demirow) und dessen Professor für Islamwissenschaften (Ulrich Tukur). Sie diskutieren den Text des Korans, wobei ihn jeder auf seine Weise versteht. Aber die Motivation Martins beschränkt sich nicht darauf, einfach verstehen zu wollen, was in der heiligen Schrift gemeint war und bei dem Professor die Prüfung zu bestehen. Seine Motive, den Text des Korans zu begreifen, tragen zutiefst persönlichen Charakter.

Jurijs Saule merkte an, dass er sich die Aufgabe gestellt hatte, „Nicht-Muslime den Geist des Islam spüren zu lassen“, und zur Lösung dieser Aufgabe hatte er zwei Professoren, zwei Islamforscher, zurate gezogen. Außerdem ist der Hauptdarsteller Zejhun Demirow Muslim, der einen eigenen Beitrag bei der Schaffung von Martins Geschichte geleistet hatte.

Die Produzentin Diana Mora, die den Streifen auf dem IMFF vorstellte, bemerkte, dass am Drehort hin und wieder Fragen der Hierarchie auftraten, weil die meisten Mitglieder des Drehstabes viel Erfahrung im Filmgeschäft mitbrachten, aber Saule nicht einmal über eine Regieausbildung verfügt. Aber der Regisseur ist mit dem Ergebnis zufrieden, besonders hinsichtlich der für deutsche Verhältnisse bescheidenen Produktionssumme. Das Angebot eines deutschen Fernsehsenders, die Summe zu erhöhen, wenn am Drehbuch Veränderungen vorgenommen werden, lehnte der Regisseur ab.

Letztendlich hob Saule hervor, dass es sein Traum war, am IMFF teilzunehmen und dass er sehr dankbar ist, dass „Martin liest den Koran“ im Wettbewerb läuft. Die russischen Zuschauer haben diesen Film als erste auf der ganzen Welt gesehen. Und Diana Mora fügte hinzu, dass sie sehr angetan war, dass der Film im Hauptwettbewerb des IMFF läuft und dass sie verfolgen wird, wie die Vorführungen laufen. Das beeinflusst die Marketingstrategie für die Werbung des Films in Deutschland und der ganzen Welt.

Der dritte deutsche Streifen, der in diesem Jahr auf dem IMFF gezeigt wird, ist ein Kurzfilm. Es handelt sich um „Der Blick“ des Regisseurs Olivier De Bree. Auch er hat das IMFF als Ort für die Weltpremiere seines Werkes gewählt.

Egal, wie der Wettbewerb ausgeht (die Gewinner werden erst nach Erscheinen dieser Ausgabe bekannt gegeben), haben die deutschen Filmemacher, die ihre Streifen nach Moskau brachten, den Weg zum russischen Zuschauer geebnet. Und vielleicht auch zum Publikum in anderen Ländern, denn das IMFF ist und bleibt ein internationales Festival mit einer großen Reichweite.

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