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Digitale Redakteure: KI in der Medienlandschaft

Künstliche Intelligenz (KI) hat bereits festen Einzug in unseren Alltag und auch in Redaktionen und Medien gehalten. Während diese technologischen Innovationen das Potenzial haben, die journalistische Arbeit und möglicherweise auch die Qualität der Veröffentlichungen positiv zu beeinflussen, bergen sie auch Risiken, vor allem in Bezug auf die journalistische Ethik. Aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen beleuchten, wie und …

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Künstliche Intelligenz (KI) hat bereits festen Einzug in unseren Alltag und auch in Redaktionen und Medien gehalten. Während diese technologischen Innovationen das Potenzial haben, die journalistische Arbeit und möglicherweise auch die Qualität der Veröffentlichungen positiv zu beeinflussen, bergen sie auch Risiken, vor allem in Bezug auf die journalistische Ethik. Aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen beleuchten, wie und wofür KI aktuell im Journalismus eingesetzt wird, welche Chancen und Gefahren damit einhergehen und wie sich dies in Zukunft weiterentwickeln könnte.

Als Teilgebiet der Informatik, welches „menschliche kognitive Fähigkeiten imitiert“ um Aufgaben eigenständig zu bearbeiten, besitzt Künstliche Intelligenz das Potenzial, redaktionelle Prozesse zu vereinfachen, doch wirft dies Überlegungen bezüglich sowohl gesellschaftlicher als auch (medien-) ethischer Standards auf. Dies erfordert eine kritische interdisziplinäre Auseinandersetzung und Systematisierung des Forschungsfeldes – eine „neue Medienethik“, die sich mit den ethischen und gesellschaftlichen Herausforderungen von künstlicher Intelligenz auseinandersetzt.

Effiziente Wege von Recherche bis Distribution

Lernende Algorithmen unterstützen Journalist:innen bereits derzeitig in verschiedenen Phasen redaktioneller Prozesse, indem sie diese schneller und effektiver gestalten und so mehr Raum für Recherchen und Produktionen von Themen schaffen, die in ihrer Komplexität nicht zu automatisieren sind (Elmer, 2022, S. 346 – 351).

Die Anwendungsbereiche algorithmengesteuerter Systeme im Journalismus lassen sich in assistierende, generative und distribuierende Technologien unterteilen. Assistierende Technologien unterstützen bei der Informationsgewinnung, während generative Technologien Texte generieren können. Distribuierende Technologien ermöglichen hingegen eine personalisierte Distribution von Inhalten (Graßl u.a., 2022, S. 3-10).

Bereits während der Recherche erleichtern sie den Zugriff auf Informationen durch kontinuierliches Scannen und Mustererkennung in Onlinequellen. Außerdem ermöglichen Algorithmen die automatisierte Verschlagwortung und Digitalisierung von Inhalten, was wiederum die Analyse komplexer Quellensammlungen vereinfacht. Darüber hinaus spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Verifikation von Aussagen und Quellen, indem sie digitale Aussagen identifizieren und klassifizieren (Graßl u.a., 2022, S. 11-17).

In der Produktion übernehmen KI-Systeme eine zentrale Rolle, indem sie durch automatisierte Transkription von Audiodateien, Übersetzungsdienste und die Generierung synthetischer Medienerzeugnisse wie kurzer Texte zu Börsen-, Sport-, Wetter- und Verkehrsnachrichten den journalistischen Alltag effizienter gestalten. Zusätzlich finden lernende Algorithmen erste Anwendungen in der Moderation, auch wenn ihre Integration hier noch intensiv erforscht wird. In der Distribution hingegen steuern Algorithmen die Aussteuerung von Paywalls, ermöglichen personalisierte Kundenansprache und identifizieren Abonnent:innen mit Kündigungsrisiko (Heesen & AG IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik, 2022, S. 11).

Zwischen Potenzial und Herausforderungen

Durch qualitative Befragungen von Expert:innen aus den Bereichen Software-Produktion, redaktionelle Organisation und Medienethik versuchen Graßl, Schützender und Meier (2022) eine Wissensgrundlage über die Herausforderungen und Potenziale der Integration von künstlicher Intelligenz in redaktionelle Abläufe zu schaffen. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass KI im Journalismus vor allem in den im vorherigen Abschnitt erwähnten Bereichen Potenziale bietet, die erfolgreiche Integration jedoch durch Herausforderungen in der Finanzierung, Schulung und Unternehmenskultur erschwert wird.

Zusätzlich lassen sich redaktionelle Auswirkungen erkennen, die sich aus organisatorischen Herausforderungen, fehlenden KI-Strategien und Fragen zur technischen Infrastruktur zusammensetzen. Journalist:innen stehen daher vor der Notwendigkeit, ihre Kompetenzen neu auszurichten, wobei insbesondere technische Fähigkeit an Bedeutung gewinnen. Zudem besteht die Gefahr der Überlastung, da einfache Routinearbeiten durch permanente, geistig anspruchsvolle Leistungen ersetzt werden.

Stefan Grill (Head of Innovation, 3pc GmbH) und Cécile Schneider (Product Lead BR AI + Automation Lab) zufolge bestehen die Risiken jedoch vor allem im Datenschutz, in der Datenqualität und der Integrität und Glaubhaftigkeit. Die medienethische Debatte betont daher sowohl eine interdisziplinäre Zusammenarbeit als auch die journalistische Verantwortung als Gatekeeper. Außerdem wird die Rolle von lernenden Algorithmen im Journalismus unmissverständlich als Assistenz definiert, bei der die Hoheit der Relevanzentscheidung nach wie vor den Journalist:innen obliegt.

Zukunft des KI- geprägten Journalismus

Das im Jahr 2020 gegründete AI + Automation Lab des Bayerischen Rundfunks verfolgt das Ziel, durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit KI im Journalismus kritisch zu bewerten und redaktionell und ethisch tragbare Lösungen zu entwickeln, um die Vielfalt der Inhalte bewahren zu können und unerwünschte Nebeneffekte wie Filterblasen und schädliches Konsumverhalten zu vermeiden.

Insgesamt seien klare Ethik-Richtlinien, eine kritische Betrachtungsweise, redaktionelle Überwachung, transparente Kenntlichmachung und Strategie im Umgang mit KI entscheidend für die pflichtbewusste Anwendung lernender Algorithmen, um auch zukünftig das Medienvertrauen und die demokratische Rolle des Journalismus gewährleisten zu können.

Daher hat nun auch die Europäische Union das erste Gesetzt zur Regulierung Künstlicher Intelligenz verabschiedet. Der AI Act wurde am 21. Mai 2024 von den 27 EU-Mitgliedstaaten verabschiedet und ist das weltweit erste umfassende KI-Regelwerk. Er zielt darauf ab, Vertrauen und Akzeptanz in KI-Technologien zu stärken, indem klare Regeln für deren Einsatz festgelegt werden. KI-Systeme sollen transparent, nachvollziehbar, nichtdiskriminierend und von Menschen überwacht werden. Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den AI Act in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland betont Bundesdigitalminister Volker Wissing, dass bei der Umsetzung maximaler Freiraum für Innovationen gewährleistet werden soll, um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Zudem unterstützt die Bundesregierung die Erforschung und Anwendung von KI durch verschiedene Maßnahmen, darunter die Einrichtung von KI-Servicezentren für Wissenschaft und Wirtschaft.

Dies erfordert zwangsläufig eine „neue Medienethik“ und Neugestaltung von Aus- und Weiterbildungen, um einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI-Systemen zu ermöglichen und die Bereitstellung und Vermittlung von technischer Expertise sicherzustellen. Unter diesen Voraussetzungen verspricht die KI-Menschen-Arbeitsteilung nicht nur eine Steigerung der Effizienz, sondern kann auch dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit der Medienlandschaft zu steigern.

 

Literatur

Elmer, C. (2022). Assistenten im Digitalen: Wo lernende Algorithmen schon heute Redaktionen unterstützen. Communicatio Socialis, 55(3), 346–352. https://doi.org/10.5771/0010-3497-2022-3-346

Graßl, M., Schützeneder, J. & Meier, K. (2022). Künstliche Intelligenz als Assistenz : Bestandsaufnahme zu KI im Journalismus aus Sicht von Wissenschaft und Praxis. Journalistik : Zeitschrift für Journalismusforschung., 5(1).

Gießmann, M., Goutrié, C. & Herzog, M. A. (2018). Unsichtbar und unverständlich: Aktuelle Kennzeichnungen von Roboterjournalismus. Mensch &Amp; Computer. https://doi.org/10.18420/muc2018-mci-0294

Heesen, E. Al. & AG IT-Sicherheit, Privacy, Recht und Ethik. (2022). Künstliche Intelligenz im Journalismus: Potenziale und Herausforderungen für Medienschaffende (report). WHITEPAPER (S. 2). Abgerufen von https://www.plattform-lernende-systeme.de/files/Downloads/Publikationen/AG3_WP_KI_und_Journalismus.pdf

KI als Anwendung im Journalismus: zwischen Misstrauen und Aufklärung | AI Campus. (o. D.). Abgerufen von https://ki-campus.org/blog/ki-im-journalismus

Kühne, S. (2022). AI + Automation Lab: KI kritisch bewerten, KI sinnvoll nutzen. Communicatio Socialis, 55(3), 353–359. https://doi.org/10.5771/0010-3497-2022-3-353

Lindén, C. (2016). Decades of Automation in the Newsroom. Digital Journalism, 5(2), 123–140. https://doi.org/10.1080/21670811.2016.1160791

Newman, N., Reuters Institute for the Study of Journalism, Google News Initiative, Rasmus Kleis Nielsen & Alex Reid. (2021). Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2021. Digital News Project. Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions. https://doi.org/10.60625/risj-5s8m-0a41

Sarısakaloğlu, A. (2022). Algorithmisierung des Journalismus. Chancen und Herausforderungen künstlicher Intelligenzsysteme in sozio-technischen Newsrooms. Communicatio Socialis, 55(3), 308–319. https://doi.org/10.5771/0010-3497-2022-3-308

Schmid, K., & Schmid, K. (2024, February 2). EU bringt Gesetz zur Künstlichen Intelligenz auf den Weg. tagesschau.de. Retrieved from https://www.tagesschau.de

 

 

 

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