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Fregatte Hamburg: Gefährliches Sommertheater im Roten Meer

Preview Eigentlich war erzählt worden, die westlichen Kriegsschiffe im Roten Meer sollten die Angriffe durch die Huthi beenden. Das ist irgendwie nichts geworden. Aber es werden immer noch Schiffe dorthin geschickt; jetzt erst die deutsche Fregatte Hamburg.

Von Dagmar Henn

Das ist ein Eitelkeitsunternehmen. Aber ein gefährliches. Nur Sinn hat die Reise der deutschen Fregatte Hamburg ins Rote Meer keinen. Schließlich ist längst jedem klar, dass die Huthi die Auseinandersetzung gewonnen haben. Die meisten Reedereien haben sich längst darauf eingestellt.

Und es ist nicht so, als hätte Deutschland keine anderen Mittel als die Entsendung einer Fregatte, um etwas an der Lage zu ändern. Eine Abkehr von der immer noch israelfreundlichen Haltung beispielsweise, die angesichts des Genozids in Gaza längst angebracht wäre. Aber man hält eisern daran fest, israelkritische Positionen für antisemitisch zu erklären und palästinensische Organisationen zu verteufeln. Tatsächlich gibt es jedoch nur einen Weg, die Angriffe aus dem Jemen auf Schiffe im Roten Meer zu beenden – ein Ende des Genozids in Gaza.

Egal. Nachdem Niederlagen nicht eingestanden werden dürfen, tun einfach alle so, als gäbe es sie nicht. Also muss dieser Einsatz unter dem hübschen Namen "Wächter des Wohlstands" weiterlaufen. Die deutsche Presse macht sich, nachdem einige Frachter mittlerweile gesunken sind, doch etwas Sorgen; der NDR fürchtet sogar ein "Himmelfahrtskommando". Kritisiert wird dabei vor allem, dass der Fregatte Hamburg, die inzwischen auf dem Weg nach Kreta ist, um erst einmal eine Runde Schießübungen zu absolvieren, nicht mit einem Radar zur Entdeckung von Anti-Schiffs-Raketen ausgestattet ist. Kein Problem, so ein Vertreter des Bundeswehrverbands, die anderen Schiffe im Verbund hätten ja diese Fähigkeit.

Allerdings ist das Problem nicht dieses Radar. Bezogen auf die wirklich gefährlichen Raketen ist es nämlich völlig nutzlos. Die Huthi haben vor einiger Zeit erklärt, sie hätten jetzt Hyperschallraketen; und da gab es so einen Vorfall auf der Krim, als US-amerikanische Raketen Badegäste und ihre Kinder attackierten, woraufhin von russischer Seite erklärt wurde, man könne genauso gut Gegner der USA ausrüsten – was das Arsenal noch erweitern könnte.

Hyperschallraketen ist ein ganz böser Begriff im Zusammenhang mit allem, was schwimmt. Weil es keine Abwehr gegen sie gibt, und das Radar, das angeblich so fehlt, könnte gerade noch vorab mitteilen, dass in wenigen Sekunden ein Einschlag erfolgt. In Wirklichkeit kann diese Fregatte, die eher auf Luftabwehr spezialisiert ist, gerade einmal zur Drohnenabwehr mit Kanonen auf Spatzen schießen. Das ist nämlich noch so ein Punkt dieses Einsatzes im Roten Meer. Nicht nur, dass die ganze Präsenz der Wohlstandswächter schlicht nichts daran geändert hat, dass die Huthi entscheiden, wer Richtung Suezkanal fahren darf und wer nicht; jedes Mal, wenn Drohnen abgewehrt werden müssen, werden Raketen eingesetzt, die ein Vielfaches der vergleichsweise günstigen Drohnen kosten.

Das Radar, das als so wichtig betrachtet wird, nützt auch nur gegen ballistische Raketen. Also so etwas wie die ATACMS, die gegen die Krim abgefeuert wurden. Warum? Weil Marschflugkörper, die die Richtung ändern können, eben nicht ab Abschuss auf eine Flugbahn festgelegt sind, die unabänderlichen physikalischen Prinzipien folgt. Aber selbst die mittlerweile auch schon ein Vierteljahrhundert alten russischen Jachont (deren Anwesenheit im Jemen inzwischen nicht mehr ausgeschlossen werden kann), fliegen mit mindestens 1,6-facher Schallgeschwindigkeit auf einer veränderlichen Flugbahn, Ausweichmanöver inklusive. Übrigens, das britische IISS hat im Januar ausführlich die bekannten Raketenmodelle der Huthi aufgelistet, und darunter waren auch bereits iranische Antischiff-Lenkraketen.

Und Hyperschallraketen? Die beginnen bei einer Fluggeschwindigkeit von Mach 5 oder 6.174 Kilometern in der Stunde, oder grob 100 Kilometern in der Minute. Da ist nichts zu wollen, außer vielleicht noch einem letzten Stoßgebet.

Wie schon gesagt, eine Demonstration der Stärke wurde dieser westliche Einsatz nie; nach über einem halben Jahr hat sich der US-Flugzeugträger, der von Anfang an dabei war, die Eisenhower, wieder auf den Heimweg gemacht. Die Hamburg ist die zweite deutsche Fregatte in diesem Spiel, bis April war die Hessen in dieser Gegend. Der Kapitän der französischen Fregatte Alsace, die ebenfalls in der Gegend unterwegs war, berichtete von "Dauerfeuer" durch die Huthi. Und das war ebenfalls noch im April.

Nur, auch dank der vehement vom Westen vertretenen Ansicht, es handle sich keinesfalls um eine Kriegsbeteiligung, wenn man Verbündete mit Waffen aller Art ausrüste, könnte sich die bereits im Frühjahr unangenehme Lage noch weiter verschlechtert haben. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Huthi die Fähigkeit besitzen, nicht nur Frachter, sondern auch Schiffe wie die Hamburg zu versenken.

Andere Länder sind schlau genug, sich an solchen Einsätzen erst gar nicht zu beteiligen. Die Bundesregierung hätte nach dem Einsatz der Hessen die Möglichkeit gehabt, damit ihren Beitrag als abgegolten zu erklären. Eine diskrete Möglichkeit, eine militärisch völlig nutzlose, aber gefährliche Mission zu umgehen. Aber wo kämen wir hin, wenn hier nach Vernunft entschieden würde. Also fährt die Hamburg los, begleitet von ein wenig Mediengeraune, das mit der zarten, völlig untertriebenen Andeutung einer Gefahr das Publikum schon einmal darauf vorbereiten soll, dass die ganze Geschichte auch schiefgehen könnte. Ein ziemlich dämliches Sommertheater.

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