"Lasst uns anfangen" – Russland macht multipolare Weltordnung zum Thema im UN-Sicherheitsrat
Russland hat in diesem Monat den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat inne. Bereits Anfang Juli hatte der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen Wassili Nebensja die Staatengemeinschaft zu einer offenen Diskussion über das Thema "Multilaterale Zusammenarbeit im Interesse einer gerechteren, demokratischeren und nachhaltigen Weltordnung" eingeladen.
Diese Debatte fand gestern unter dem Vorsitz von Russlands Außenminister Sergei Lawrow statt. Dabei zeigte sich eine Zweiteilung der Welt. Ein wachsender Teil der Staatengemeinschaft steht der Ablösung der bisherigen westlichen Hegemonie und dessen sogenannter "regelbasierter Ordnung" positiv gegenüber. Der Westen unter der Führung der USA will – wenig verwunderlich – an dieser bisherigen "Ordnung" festhalten und attackiert dafür Russland.
In seinen Eingangsausführungen erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow: "Gegenwärtig werden die Grundlagen der internationalen Rechtsordnung, der internationalen Stabilität und des UN-zentrierten Systems der Weltpolitik auf die Probe gestellt."
Um die Konflikte grundlegend zu bekämpfen, müsste das Vertrauen in die Fähigkeit wiederhergestellt werden, die gemeinsamen Kräfte für das Gemeinwohl zu bündeln, stellte Lawrow fest.
Allerdings würde dem der Anspruch der USA auf ihren Exzeptionalismus entgegenstehen. In Washington würde man von anderen Staaten stets Unterordnung erwarten. Selbst verbindliche Beschlüsse des UN-sicherheitsrates würden die USA den eigenen Machtinteressen unterordnen. Lawrow zitierte mit Blick auf den Zustand der internationalen Ordnung aus Orwells "Farm der Tiere". Alle seien gleich, aber einige seien gleicher, heißt es dort bekanntlich zynisch.
"Lasst uns anfangen, im Interesse eines wahren Multilateralismus zusammenarbeiten, der die Vielfalt der Völker der Welt widerspiegelt", schloss Lawrow seine Rede mit einem Appell an die Staaten der Welt.
Wenig überraschend reagierten die USA nicht inhaltlich, sondern moralisierend. Sie führten die bereits hinlänglich bekannten Vorwürfe gegen Russland an und hielten dabei an der ebenfalls bekannten Strategie einer verkürzten Geschichtsdarstellung sowie an der Verbreitung von Desinformation fest. Die US-Vertreterin Linda Thomas Greenfield machte in dieser Manier der Schuldumkehr Russland für die Erosion der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Ordnung verantwortlich.
China verwies darauf, die aktuelle Suche nach einer gerechten internationalen Ordnung finde in einem Umfeld geopolitischer Spannungen und wachsender wirtschaftlicher Instabilität statt. Die Schaffung einer gerechten internationalen Ordnung erfordere gegenseitigen Respekt, das Verständnis für das Konzept kollektiver Sicherheit, den Willen zur gemeinsamen Entwicklung und die Offenheit gegenüber der Vielfalt der Völker sowie dem Bemühen um Inklusivität.
Die sogenannte "regelbasierte Ordnung" stelle dagegen ein paralleles System außerhalb der internationalen Ordnung dar, das für Doppelstandards und Ausnahmen steht, bemängelte der Vertreter der Volksrepublik China. Er äußerte nochmals seine Besorgnis über die Expansionspläne der NATO und forderte vom transatlantischen Militärbündnis, es solle damit aufhören, überall in der Welt für Probleme und Spannungen zu sorgen:
"Die vor uns stehende Frage ist nicht, ob wir ein neues, multilaterale System brauchen, sondern wie wir wieder Vertrauen in das System herstellen können, das wir über die letzten Jahrzehnte aufgebaut haben."
Der chinesischen Analyse schlossen sich vor allem die Länder des Globalen Südens an. Der ungarische Außenminister wich von der Linie des kollektiven Westens und der Unterstützer der USA ab. Péter Szijjártó sagte, Ungarn lebe seit zwei Jahren unmittelbar in der Nähe des Krieges und würde unter den Folgen leiden:
"Ein Krieg sieht aus der Nähe anders aus, als aus der Distanz über einen Ozean hinweg", fügte er hinzu. Er forderte Gespräche. "Diplomatie bedeutet nicht, dass wir nur mit denen reden, deren Meinung wir teilen. Diplomatie bedeutet, dass wir mit allen reden, auch mit denen, deren Meinung wir in weiten Teilen nicht teilen."
Im Gegensatz zu seinen Amtskollegen in der EU forderte Szijjártó: "Um Europa wieder groß zu machen, müssen wir es wieder friedlich machen."
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