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Kamala Harris: Rückgratlos und dünkelhaft

Preview Maggie Thatcher war die erste wirklich erfolgreiche Politikerin und zugleich der Beleg dafür, dass auch Frauen eine destruktive Politik machen können. Aber sie war eine Persönlichkeit, hat ihre Linie durchgesetzt und nicht ihr Fähnchen nach dem Wind gedreht. Kamala Harris ist anders.

Von Dagmar Henn

Lachen ist eine Klassenfrage, zumindest bei Frauen. Oberschichtfrauen jedenfalls lachen mit der Kopfstimme, weil sie darauf trainiert sind, jeden Anschein von Obszönität zu vermeiden. Frauen aus der Arbeiterklasse lachen eher aus dem Bauch heraus. Das ist ein Unterschied, der instinktiv und sofort erkannt wird.

Wenn also Kommentatoren in den deutschen Medien gerade das Lachen von Kamala Harris toll finden, sagt das genauso viel über diese Kommentatoren wie über Harris selbst. Wie bei Katrin Brand vom WDR:

"Und ich freue mich schon darauf, wie Harris, wenn sie denn die Kandidatin wird, in ihrer ersten Fernsehdebatte den wütenden, düsteren, quengelnden Donald Trump einfach an die Wand lacht."

Das klingt ein wenig nach dem Feminismus der 70er. Weil es irgendwie auszureichen scheint, dass Harris eine Frau ist (auch wenn man sonst ständig darauf dressiert, dass es das gar nicht mehr gibt), egal, was sie vertritt, wofür sie steht und was sie in ihrer bisherigen Karriere getan hat.

Brand beschreibt das Lachen von Kamala Harris als "sie röhrt, sie gluckst, sie lässt das Lachen aus dem Bauch aufsteigen", und die bösen Republikaner stellten sie als "wiehernde linksextremistische Irre" dar. Wobei der Begriff "linksextremistisch" bei einer Harris, die als Generalstaatsanwältin den Gefängnis-industriellen Komplex bestens bedient hat, nicht so wirklich trifft. Aber das mit dem Wiehern …

Dabei taucht dieses Lachen meistens auf, wenn sie nichts zu sagen hat. Als Lückenfüller. Als Signal "ich bin doch ein Mädchen, mir darf man nichts tun". Noch solch eine Oberschichtgörenmasche. Ganz ehrlich, bei Harris rinnt das ebenso aus jedem Knopfloch wie bei unserer Außenministerin Annalena Baerbock. Die zwei könnten vorzüglich miteinander ablachen, man könnte sich nur nie sicher sein, ob sie nicht gerade über etwas Ähnliches lachen wie damals Hillary Clinton.

Auch die Süddeutsche Zeitung überschlägt sich geradezu, meint, von einem Politiker müsse ein "Wärmestrom" ausgehen, und lobt bei der Gelegenheit auch noch ausgerechnet Malu Dreyer, die zurückgetretene Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. "Diese hat eine Freundlichkeit, die von innen kommt, die mit ihrem allgemeinen, seit Jahren zu besichtigenden Auftreten harmonisiert." Das wird die Menschen, die im Ahrtal heute noch in Provisorien leben, weil ihre Regierung so ziemlich alles verbockt hat, was verbockt werden konnte, sicher freuen. Dreyer ist übrigens Tochter einer Erzieherin und eines Schulleiters; Harris die Tochter einer Biologin und eines Wirtschaftsprofessors. Und das Foto, mit dem die Süddeutsche Zeitung die Bemerkungen über Dreyer illustriert, zeigt wieder eine Pose, die typisch höhere Tochter ist.

Wobei zumindest bei der Süddeutschen Zeitung dann doch noch der Verdacht aufkommt, hinter dem Lachen von Harris könne sich Unsicherheit verbergen. Was aber nicht so schlimm sei, schließlich sei der Anschein in der Politik wichtiger als der Inhalt:

"Wählerinnen und Wähler in den USA entscheiden nicht danach, wer ein stimmiges Konzept zur Sicherung der Südgrenze hat; so wenig wie die allermeisten Deutschen beurteilen können, welche Schritte geeignet wären, erwünschte Zuwanderer zu bekommen und unerwünschte fernzuhalten."

Viel wichtiger sei der emotionale Eindruck.

Wenn sich die Schreiberin da nicht irrt. Schließlich wurde Kamala Harris zur Verantwortlichen für die Frage der US-Südgrenze gemacht; eine Verantwortung, der sie mit eifrigstem Nichtstun nachgekommen ist. Noch so etwas, was sich vielleicht nicht hinweg wiehern lässt.

Aber die liberale Pressekamarilla versteht schließlich auch nicht, dass Hillary Clinton damals, im Jahr 2016, nicht deshalb nicht gewählt wurde, weil sie eine Frau war. Sondern wegen all dem anderen, das sie außerdem ausmacht. Die Begeisterung für Kriege rund um die Welt, beispielsweise. All die Geschichten über Korruption, die schon den Einzug ihres Ehemanns ins Weiße Haus begleiteten. Ungeklärte Todesfälle, die widerspruchslos zu diesem Hyänenlachen passten, von jenem Moment, als sie der Hinrichtung von Osama bin Laden zusah. Kein Moment, der Wärme ausstrahlte, wenn man es extrem freundlich formulieren will.

In gewissem Sinne ist das ein Schaden des Erfolgs. Oder der Illusion. Welche von uns Feministinnen damals, vor vierzig Jahren, hat schon gedacht, dass dieses hirnlose Modell "Weibchen", das sich meist Vermögen erheiratete und von vorneherein eigentlich ein Dasein mit Hauspersonal und gelegentlichen Wohlfahrtsveranstaltungen anstrebte, diese zweibeinigen Dekorationsstücke, am Ende von den ganzen Kämpfen profitieren und die politischen Positionen besetzen würde, weil diese längst wieder für die Wohlhabenderen reserviert sind?

Die Frauen, die in Deutschland Politik betrieben, als sie für Frauen noch verboten war, im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, das waren ganz andere Kaliber, selbst jene, die aus reichen Familien stammten wie Emma Herwegh. Die 1848 mit zwei Pistolen im Gürtel aus dem Schweizer Exil nach Deutschland einritt, um an der Revolution teilzunehmen. Oder Clara Zetkin. Ja, selbst die ganz gewöhnlichen bürgerlichen Politikerinnen hatten noch in den 1970ern einiges auf dem Kasten, hatten Format und Charakter, wie Hildegard Hamm-Brücher. Aber das waren Zeiten, als Politik und Presse noch nicht exklusiv aus dem oberen Bürgertum bestückt wurden.

Um zu wissen, was von Harris zu halten ist, muss man nicht einmal tief in ihr Handeln als Generalstaatsanwalt des Staates Kalifornien eintauchen; es genügt im Grunde, zu wissen, dass sie ihren Wahlkampf 2020 mit der Aussage führte, sie werde das private Gefängnissystem abschaffen. Für jene, die das in Deutschland bislang nicht wissen – viele US-Gefängnisse sind privatisiert, und werden als Ressource für billige Arbeitskräfte genutzt, was natürlich ein Eigeninteresse der Gefängnisbetreiber entstehen lässt, die Gefangenen möglichst lange zu halten. Einer der Skandale in ihrer Zeit als Generalstaatsanwalt drehte sich um die Antwort, die einer ihrer Untergebenen auf die Aufforderung des Supreme Court, des Obersten Gerichts, Gefangene aus den massiv überbelegten kalifornischen Haftanstalten zu entlassen, gab: Das würde das Angebot an Arbeitskräften verringern. Natürlich erklärte Harris den Medien gegenüber, sie habe davon nichts gewusst.

Jedenfalls schreiben wir heute das Jahr 2024, seit bald vier Jahren ist Harris Vizepräsidentin, und am gefängnisindustriellen System, dieser modernen Variante der Sklavenarbeit, hat sich genau eines geändert: nichts. Die Vereinigten Staaten sind nach wie vor weltweit das Land mit dem höchsten Anteil an Gefängnisinsassen, die nach wie vor arm und mehrheitlich schwarz oder Latinos sind. Nicht, dass die USA sicherer wären, nicht, dass sich an der hohen Kriminalität etwas zum Besseren geändert hätte.

Aber seit Jahrzehnten wird das Spiel gespielt, eine Verbesserung der sozialen Umstände und eine ernsthafte Strafverfolgung schlössen einander aus, auch, weil die Investitionen, die für wirkliche Verbesserungen nötig sind, gescheut werden. Sozialwohnungen kosten Geld, Zwangsarbeit in Haftanstalten bringt Gewinne. Weshalb auch der tolle, so liberale demokratische Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, gerade erst beschlossen hat, die Zeltstädte der Obdachlosen in seinen Städten abzuräumen. Ohne Wohnungen zu bieten, versteht sich.

Aber zurück zu Harris. Den ersten Schub erhielt ihre Karriere durch ihre Beziehung zu dem 30 Jahre älteren schwarzen kalifornischen Politiker Willie Brown, der sie in zwei Aufsichtsräte beförderte, die sie mit einem hohen Einkommen ausstatteten, und der ihr half, Bezirksstaatsanwältin für San Francisco zu werden. Was ein Schema ist, das dem Bild einer starken Frau widerspricht, als die sie verkauft wird. Sich nach oben zu schlafen, das ging immer, man denke nur an Madame Pompadour. Wobei Letztere viel Verstand benötigte, um ihre Position zu halten; Harris war, glückliche Umstände der Zeit, durch Berufung auf ihre Abstammung und ihr Geschlecht gewissermaßen für eine Karriere gebucht, sobald sie eine gewisse Schwelle überschritten hatte, gerade, weil sie keine wirklichen Absichten jenseits des Aufstiegs besitzt.

Es gibt noch eine Information, die viel über ihren Charakter sagt. Von den fünfzig Angestellten, die zu ihrem Stab gehören, sind noch genau vier bis heute geblieben. Dabei geht es nicht um Aushilfsjobs, sondern um gut bezahlte und ausgesprochen karriereförderliche Positionen. Ein Personalwechsel von 92 Prozent ist extrem ungewöhnlich. Wenn man darüber nachdenkt, ob Harris wirklich dumm ist, wie viele Videoaufnahmen von ihr zu belegen scheinen, oder ob das nur geschickte Unterstellung ist, sind diese Zahlen die entscheidende Information. Denn es gibt genau einen Typ Chef, der selbst unter günstigsten Bedingungen in die Flucht schlägt, sobald das möglich ist – dumm und absolut von sich überzeugt, mit deutlicher Neigung, den Chef in jeder Sekunde heraushängen zu lassen.

Wenn eines belegt ist, dann, dass sie den Instinkt und die Berater hat, um zu wissen, welche Versprechungen sich gut verkaufen, aber dass ihre Persönlichkeit geradezu ein Garant dafür ist, nichts davon umzusetzen. Sie wird jeden Krieg fortsetzen, der ihr anempfohlen wird, und nichts in ihrer bisherigen Karriere deutet an, dass sie je aus politischen oder moralischen Gründen etwas verweigert. Was noch einmal dadurch unterstrichen wurde, dass sie auf völlig undemokratischem Weg an die Präsidentschaftskandidatur gelangt ist. Eine hirnlose Marionette, wie eine aufgeblasene Annalena Baerbock, nur womöglich an einer Stelle, an der die gesamte Menschheit den Preis für ihren Mangel an Verstand und Rückgrat bezahlen könnte.

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