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Wahlrechtsreform: "Von Schnellschüssen rate ich ab"

Die Ampel will den Bundestag mit einer Wahlrechtsreform verkleinern. Ein Teil der Reform ist jedoch verfassungswidrig. Trotzdem sehen sich nun alle als Sieger. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, hat sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform gegen eine schnelle weitere Anpassung des Gesetzes ausgesprochen. "Das Thema Grundmandatsklausel sollte man sich in Ruhe anschauen", sagte Steffen t-online. "Von Schnellschüssen vor der nächsten Bundestagswahl rate ich ab." Der frühere Hamburger Justizsenator Steffen lobte das Urteil und seine Ampelkoalition. "Rechtzeitig für die nächste Bundestagswahl haben wir Klarheit. Diese Entscheidung schafft Stabilität für das Wahlrecht", sagte Steffen. "Die Verkleinerung des Bundestages ist ein großer Erfolg. Dies haben wir gegen den erbitterten Widerstand insbesondere der CSU durchgesetzt." Gericht beanstandet Abschaffung der Grundmandatsklausel Das Verfassungsgericht hatte die Reform der Ampelkoalition in weiten Teilen für verfassungsgemäß erklärt. Sie sieht vor, die Zahl der Abgeordneten im Bundestag auf 630 zu begrenzen. Dafür werden Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft. Das Gericht kippte jedoch den Plan der Ampel, zugleich die Grundmandatsklausel abzuschaffen. Durch sie ziehen Parteien, die mindestens drei Direktmandate gewinnen, auch dann in den Bundestag ein, wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erreicht haben. Die Grundmandatsklausel bleibt nun bis auf Weiteres bestehen. Das Gericht stellt der Politik frei, sie beizubehalten, zu reformieren oder die Härten der Fünfprozenthürde auf andere Weise auszugleichen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP , Konstantin Kuhle, lobte das Gericht in Karlsruhe und die Reform ebenfalls. "Das Bundesverfassungsgericht hat ein kluges Urteil gesprochen und das Herzstück der Wahlrechtsreform bestätigt", sagte Kuhle t-online. "Wenn die Politik das Land reformieren will, dann darf sie sich selbst nicht ausnehmen. Aus diesem Grund darf der Deutsche Bundestag nicht immer weiter unkontrolliert wachsen." Kuhle sagte weiter, es sei lange umstritten gewesen, ob die Grundmandatsklausel "überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar" sei. "Hier sorgt das Gericht mit seiner Entscheidung – unter den aktuellen Bedingungen – endlich für die nötige Klarheit." Union wertet Urteil als Ampel-Schlappe Die Union wertet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht als Schlappe für die Ampelregierung. Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings sprach am Dienstag im Deutschlandfunk von einer großen Niederlage der Ampel wegen der Verschärfung der Fünfprozenthürde. Die CSU-Expertin Andrea Lindholz sagte RTL/n-tv, es sei richtig, dass das Gericht die von der Ampel geplante Aufhebung der sogenannten Grundmandatsklausel gestoppt habe. "Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht kleine Parteien, regionale Parteien wie auch die CSU damit stärkt." Die Linke sieht sich in ihrer Sicht bestätigt, dass das Wahlrecht verfassungswidrig sei. "Es verletzt die Gleichheit der Stimmen bei der Wahl, es verletzt die Chancengleichheit der Parteien und vieles andere mehr", sagte Linken-Politiker Gregor Gysi. Das bezieht sich vor allem auf die von der Ampel beschlossene Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel. Gysi erwartet für September die Verabschiedung eines neuen Wahlrechts für die Bundestagswahl 2025. Der Bundestag müsse sich nun beeilen, sagte Gysi in Karlsruhe. Schon seit Ende Juni dürften Direktkandidatinnen und Direktkandidaten für die Wahl aufgestellt werden. "Eigentlich müssen wir sehr schnell wissen, welches Wahlrecht gilt."

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