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Wissing warnt vor Stilllegung von Millionen Dieselfahrzeugen

Der Bundesverkehrsminister schreibt einen Brandbrief an die EU-Kommission. Ihm zufolge könnten viele Dieselautos möglicherweise aus dem Verkehr gezogen werden. Was sagt die Brüsseler Behörde? Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnt die EU-Kommission vor einer Stilllegung von Millionen Dieselfahrzeugen. Hintergrund ist eine mögliche neue Auslegung bei der Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten. Dazu läuft ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Wissing fordert in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Klarstellung. Zuerst hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. Wissing sagte der Zeitung, die EU-Kommission müsse jetzt schnell handeln. "Ich bin in großer Sorge." Die Europäische Kommission verfolge dieses laufende Verfahren beim Europäischen Gerichtshof, sagte eine Sprecherin zu Wissings Brief. "Die Kommission wird sich immer für Lösungen einsetzen, die zu einer gesunden sauberen Luft beitragen und zugleich umsetzbar sind und das Vertrauen der europäischen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen schützen." Verfahren vor Gericht In dem Schreiben an von der Leyen verweist Wissing auf ein Verfahren vor dem EuGH zu einem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Duisburg . Dabei gehe es auch um die Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten bei Euro 5-Dieselfahrzeugen. Euro 5 ist eine Abgasnorm. Nach EU-Recht müssten die Schadstoffwerte unter bestimmten Bedingungen (sogenannte NEFZ-Prüfung) eingehalten werden. Das passiert in Testzentren. Für die Genehmigung von neuen Fahrzeugtypen ab der Norm "Euro 6d temp" gilt seit September 2017 das sogenannte RDE-Verfahren - mit dem zusätzlich auch bestimmte Bedingungen aus dem wahren Alltag mit dem Auto nachgestellt werden können. Neue Vorgaben? In dem Gerichtsverfahren hat die EU-Kommission nun laut Wissing die Auffassung vertreten, dass die Schadstoffgrenzwerte auch außerhalb der "Betriebs- und Umgebungsbedingungen" des NEZF-Verfahrens und zwar für jede Fahrsituation gelten würden. Das würde bedeuten, dass die Grenzwerte auch bei sogenannten "Vollastfahrten" mit Steigung einzuhalten wären - und das bedeutet: wenn ein Auto voll geladen bergauf fährt und der Motor seine maximal mögliche Leistung erreicht und dabei vergleichsweise mehr Schadstoffe ausstößt. Wissing warnt vor Folgen "Dies ist nach derzeitigem Stand der Technik nicht umsetzbar und würde damit die in Verkehr befindlichen Fahrzeuge eine nicht realisierbare nachträgliche Anforderung darstellen", so Wissing in dem Schreiben. Sämtliche Euro 5-Genehmigungen würden infrage gestellt. Ausgeschlossen seien auch nicht Konsequenzen für Fahrzeuge nach der Abgasnorm Euro 6. "Millionen von Fahrzeugen droht damit die Außerbetriebsetzung", so Wissing. Allein in Deutschland wären 4,3 Millionen Euro 5- und gegebenenfalls 3,9 Millionen Euro 6-Dieselfahrzeuge betroffen. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts waren Anfang 2024 in Deutschland rund 49 Millionen Pkw in Betrieb. Eine Lösung könnte laut Wissing darin bestehen, in den fraglichen Vorschriften noch vor der EuGH-Entscheidung eine Klarstellung vorzunehmen. Auch ADAC und Autoindustrie fordern Klarstellung Der ADAC hält eine Klarstellung für absolut dringlich, um Verbraucher nicht weiter zu verunsichern, wie eine Sprecherin sagte. Die betroffenen Fahrzeuge seien ordnungsgemäß zugelassen worden. "Änderungen im Messverfahren bei der Typgenehmigung eines Kfz zu einem späteren Zeitpunkt können nach Auffassung von ADAC Juristen nicht rückwirkend Anwendung finden." Eine Betriebsuntersagung sei vor diesem Hintergrund "abwegig". Auch die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, forderte von der Bundesregierung und der EU-Kommission eine rasche Klarstellung über die Zulassung von älteren Dieselfahrzeugen. Müller sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag), die EU-Kommission müsse die Zulassung durch eine rechtliche Klarstellung absichern. "Rückwirkende Anwendungen neuer Verfahren und Maßstäbe wären ohnehin ein Verstoß gegen den Grundsatz des Rückwirkungsverbots und das Rechtsstaatsprinzip im EU- und deutschem Verfassungsrecht."

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