Olympia: Das Drama um Anna-Maria Wagner begann mit einem Urschrei
Als Fahnenträgerin führte Anna-Maria Wagner das deutsche Olympia-Team bei der Eröffnungsfeier an. Im Judo galt sie als Goldfavoritin. Doch am Ende flossen Tränen. Aus Paris berichtet Alexander Kohne Alles begann mit einem Urschrei. Als Judoka Anna-Maria Wagner zum Kampf um die olympische Bronzemedaille in die Champ-de-Mars-Arena einlief, strotzte sie nur so vor Optimismus und Motivation – und rief das laut heraus. Außerdem sprach sie sich selbst Mut zu – mit Mantren wie "Ich hol‘ die Medaille", "Ich zieh‘ das durch bis zum Schluss" oder "Meine Medaille". Das alles half nichts. Entscheidung im "Golden Score" In den folgenden Minuten lieferte sie sich im Halbschwergewicht (bis 78 kg) mit der Chinesin Ma Zhenzhao ein Duell auf Augenhöhe. Die 1,83 Meter große Wagner hatte dabei durchaus Vorteile. Doch im "Golden Score", der Verlängerung im Judo, passte sie einen kurzen Moment nicht auf und wurde von ihrer chinesischen Kontrahentin auf die Matte geworfen. Das entschied den Kampf. Paris 2024: Der Medaillenspiegel der Olympischen Spiele "Mein größter Fehler war, dass ich eine Sekunde zu lange an einem Ort stand. Sie hat mich überrascht, weil ich mich nicht bewegt habe. Das war der Fehler – und dann ist Judo einfach knallhart", erklärte die amtierende Weltmeisterin in einer Presserunde, bei der auch t-online dabei war, mit vor Emotionen zitternder Stimme. Zuvor war sie spontan in Tränen ausgebrochen und musste sich einige Sekunden lang sammeln. "Das ist total bitter. Ich habe meiner Meinung nach einen sehr guten Kampf gemacht und versucht, diesen taktisch aufzubauen", sagte Wagner, die bei der Eröffnungsfeier am Freitag – zusammen mit Basketballer Dennis Schröder – die deutsche Fahne getragen hatte. Außerdem verriet sie, nicht ganz fit in den Kampf gegangen zu sein. Im Viertelfinale gegen die Rika Takayama habe sie sich am Mittag "ein bisschen am Knie verletzt", so Wagner. Als Ausrede wollte sie das aber nicht nehmen. "Wir haben es getapet und ich hatte keine Schmerzen. Daran lag’s nicht", fügte die 28-Jährige hinzu. Wagner will bis Jahresende keinen Judoanzug mehr anziehen Auch der Medientrubel rund um ihren Einsatz als Fahnenträgerin sei kein Grund für das Abschneiden am Donnerstag: "Ich habe nach der Eröffnungsfeier einen Cut gemacht und keine Interviews mehr gegeben. Da ist mir der Wechsel gut gelungen." Am Samstag hat sie im Mannschaftswettbewerb nochmals die Chance, nach zwei Bronzemedaillen bei den Spielen 2021 in Tokio, olympisches Gold zu gewinnen. Dafür wird sie in der Arena nahe des Eiffelturms wohl zum letzten Mal für längere Zeit auf die Matte zurückkehren. Danach wolle sie in diesem Jahr keinen Judoanzug mehr anziehen, erklärte Wagner.