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Ampel-Haushalt: KfW, Deutsche Bahn und Autobahn – drei große Fragezeichen

Im Haushalt klafft plötzlich wieder ein Milliardenloch. Das Problem wäre lösbar. Doch die Ampel zofft sich erstmal wieder.

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser, was ist denn jetzt schon wieder kaputt? Vielleicht ging es Ihnen wie mir, als Ende vergangener Woche die Nachricht über neue Aufregung um den Bundeshaushalt rumging. Nicht schon wieder. Hatten die das nach Monaten des Streits vor ein paar Wochen nicht endlich geklärt? Hatten sie grundsätzlich, allerdings mit gleich drei erheblichen Fragezeichen. Es war eine riskante Wette, auf die sich Kanzler Olaf Scholz , Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner damals geeinigt hatten. Für die acht Milliarden Euro, die ihnen am Ende noch fehlten, dachten sie sich drei Kniffe aus. Allerdings unter der Bedingung, noch überprüfen zu lassen, ob sie rechtmäßig sind. Acht Milliarden Euro klingen nach vergleichsweise wenig Geld bei einem Haushalt von 480 Milliarden. Doch es sind genau die acht Milliarden, an denen in der letzten Verhandlungsnacht die Regierung fast zerbrochen wäre. Der Nacht, von der Koalitionäre sagen, man hätte mitunter nicht nur am Abgrund gestanden, sondern sei darüber hinaus gewesen. Und das mit den acht Milliarden, das gehe jetzt besser mal gut. Die von Lindner in Auftrag gegebenen Gutachten sind nun da, ein ökonomisches und ein juristisches. Und so richtig gut gegangen, ist es nicht. Sie fallen mindestens gemischt aus. Wie gemischt? Darüber sind sie sich in der Ampel nicht einig. Was nun daraus folgt, darüber ohnehin nicht. Und deshalb geht es schon wieder hoch her in der Ampel. Schwere Vorwürfe fliegen umher, es ist bemerkenswert. Auch weil der Streit genauso viel über den politischen Nutzen wissenschaftlicher Expertise erzählt wie über den prekären Zustand der Ampel. Von einem der drei Kniffe muss sich die Ampel definitiv verabschieden, d a scheinen sie sich einig zu sein: Knapp fünf Milliarden Euro an übrig gebliebenen Gaspreishilfen sollten von der staatlichen Förderbank KfW in den Bundeshaushalt fließen. Nun lautet die einmütige Einschätzung, das erinnere doch zu sehr an die Umwidmung von Corona-Krediten, die der Ampel im Herbst um die Ohren geflogen war. Weiterhin möglich bleibt wohl, der Bahn zusätzliches Geld an der Schuldenbremse vorbei zu geben. Aus dem Finanzministerium heißt es lediglich, das solle statt als Darlehen als Eigenkapital geschehen, in Höhe von bis zu 3,6 Milliarden Euro. Problem: Das schließt die Acht-Milliarden-Lücke noch nicht. Es kommt also auf den dritten Kniff an – u nd ob der realistisch ist, darüber ist man sich nicht einig. Trotz der Gutachten. Denn so wirklich eindeutig sind die nicht. Der Plan war, wie bei der Bahn, der Autobahn GmbH Geld durch Darlehen zu geben. Die Gutachten bezweifeln jedoch, ob das rechtmäßig an der Schuldenbremse vorbei funktioniert, ohne dass die Autobahn GmbH eigene Einnahmen hat; das ökonomische von Lindners wissenschaftlichem Beirat noch stärker als das verfassungsrechtliche Gutachten. Wie das mit den eigenen Einnahmen für die Autobahn GmbH zu lösen ist, darüber könnte man jetzt diskutieren: Ob die Ampel das will oder nicht, ob sie ein Restrisiko eingeht und ob das so schnell möglich ist, bis der Haushalt im Herbst beschlossen werden soll. Es sind politische Fragen, die von Gutachten nicht abschließend beantwortet werden können. Sie könnten aber dabei helfen. In funktionierenden Koalitionen. In der Ampel führen sie zu einer öffentlichen Rauferei. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisiert betont unterkühlt eine "ungewöhnliche Kommunikation" des Finanzministers. Es sei "unverantwortlich" und "einmalig" , dass er die "alleinige Verantwortung an das Parlament delegiert", sagt Mützenich der "Süddeutschen Zeitung". SPD-Chefin Saskia Esken nennt es gar "rücksichtslos" , dass Lindner die Gutachten ohne jede Abstimmung am Tag des Gefangenenaustauschs veröffentlicht habe. Das "überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen in einer Koalition" , wütet Esken. Mancher in der SPD wirft Lindner hinter vorgehaltener Hand mal wieder vor, damit die Koalition platzen lassen zu wollen. Die Grünen geben sich zwar etwas weniger rauflustig. Doch in der Sache fällt auch ihre Kritik deutlich aus. "Kopf-in-den-Sand-Politik ist jetzt zu wenig" , sagt Fraktionsvize Andreas Audretsch t-online . "Wir können uns ein Kaputtsparen nicht leisten. Das wird es mit uns nicht geben." Es ist ja in der Tat interessant: Lindner ist mit den Gutachten an die Öffentlichkeit gegangen, als Habeck noch im Urlaub war und Scholz seinen nur unterbrochen hatte, um die freigelassenen Gefangenen aus Russland am Flughafen zu begrüßen. Die interpretationswürdigen, differenzierten Gutachten hat Lindner sogleich mit seiner eigenen, sehr entschiedenen Interpretation versehen. Mit seinem Spin, wie es im politischen Berlin gerne heißt: Nur das mit dem Geld für die Bahn funktioniere, postuliert Lindner, deshalb brauche es weitere Sparanstrengungen, auch bei den Sozialausgaben. Lindner setzt so den Ton und versucht, sich als Macher zu inszenieren. Und das, obwohl er, streng genommen, nur ein neues Problem aufwirft und keine Lösung hat. Das kann man unfair, unkollegial und wenig hilfreich finden und es aufgeregt kritisieren, wie die SPD es tut. Oder man versucht damit zu arbeiten. Denn überraschen darf es SPD und Grüne jetzt wirklich nicht mehr. Es ist seit langer Zeit Lindners Weg, für sich und seine FDP das Meiste in dieser Koalition rauszuholen. That's how he rolls – so macht er es halt. Wer das nicht einplant, der ist irgendwann auch mal selbst schuld. Nur was heißt das jetzt alles? Die Koalition muss sich einigen, wo sie 4,5 Milliarden Euro herbekommen will. Oder zumindest einen großen Teil davon, weil sie auch noch etwas großzügiger darauf spekulieren könnte, dass am Ende nicht alles Geld wirklich ausgegeben wird, das im Haushalt eingeplant ist. Dürfte machbar sein, sollte man meinen. Wenn alle wirklich wollen. So würden sie den Bruch verhindern, viel mehr aber auch nicht. Schon länger gehen selbst viele Koalitionäre davon aus, dass die Ampel nach dem Haushalt nichts Wesentliches mehr zustande bekommen wird. Auch, weil kaum noch etwas da ist, was sie zusammenhält. Das zeigt der Streit einmal mehr. Eigentlich ist es nur noch Angst. Die Angst, was ein Scheitern und Neuwahlen bedeuten würden. Es dürften lange Monate werden bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025. Greift der Iran heute Israel an? In Nahost wächst die Sorge vor der Eskalation. Der Iran hat einen Angriff auf Israel angekündigt, gemeinsam mit verbündeten Terrormilizen der Region. Medienberichten zufolge könnte es an diesem Montag dazu kommen. Einen Vergeltungsschlag nennt der Iran das , für die Attentate auf zwei hochrangige Feinde Israels. Doch klar ist, der Iran und seine Verbündeten wollen Israel ohnehin vernichten. Unser Kolumnist Gerhard Spörl schreibt über die Frage, ob ein großer Krieg in der Region noch zu verhindern ist. Ohrenschmaus Sie sind nach dem Wochenende etwas schwer aus dem Bett gekommen? Dieser unterschätzte Song der Beatles von ihrem großen Album "Revolver" dürfte helfen: "Tomorrow Never Knows" – niemand weiß, was morgen ist. Lesetipps Boris Pistorius ist in den Indopazifik gereist, um Flagge zu zeigen und China ans Völkerrecht zu erinnern. Doch kann er erfüllen, was er verspricht? Kollege Daniel Mützel berichtet von der Reise des Verteidigungsministers. Könnte Putin die Nato angreifen? Der deutsche Generalleutnant Jürgen-Joachim von Sandrart warnt im Gespräch mit meinem Kollegen Gerhard Spörl vor der russischen Bedrohung – und erklärt Deutschlands Rolle in der Nato. Erstmals seit Jahren ziehen wieder mehr Menschen vom Osten in den Westen. Demographie-Forscher Tim Leibert beunruhigt allerdings ein anderer Trend, hat er meiner Kollegin Camilla Kohrs erzählt. Zum Schluss Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche. Am Dienstag schreibt Ihnen Christoph Schwennicke. Ihr Johannes Bebermeier Leitender Reporter Politik BlueSky: @jbebermeier.bsky.social X: @jbebermeier Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de . Mit Material von dpa. Den täglichen Tagesanbruch-Newsletter können Sie hier kostenlos abonnieren . Alle Tagesanbruch-Ausgaben finden Sie hier . Alle Nachrichten lesen Sie hier .

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