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Notwehr: Opfer häuslicher Gewalt zu sieben Jahren Haft verurteilt

Ein Gericht im Moskauer Gebiet hat eine Journalistin, die für die Redaktionen der Nachrichtenplattform RBK und der Zeitung Wedomosti gearbeitet hatte, wegen Mordes an ihrem Ex-Mann zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Angeklagte befand sich seit September 2022 in Untersuchungshaft. Da ein Tag in Untersuchungshaft eineinhalb Tagen in einer Strafkolonie entspricht, hat sie bereits dreieinhalb Jahre verbüßt.

Oxana Gontscharowa hatte ihren Ex-Mann Alexei Samussjow im September 2022 getötet. Zum Zeitpunkt der Tat waren die beiden nicht mehr verheiratet und lebten nicht mehr zusammen. Nach Gontscharowas Angaben war Samussjow mit einem Freund uneingeladen zu ihr nach Hause gekommen und hatte Alkohol getrunken. Der Mann hatte die Journalistin beschimpft, geschlagen, ihr Handy genommen und es gegen die Wand geworfen. Als sie die beiden Männer aufgefordert hatte, die Wohnung zu verlassen, war es zu einem Handgemenge gekommen, in dessen Verlauf er sie mit einer Schere angriffen hatte. Die Journalistin hatte sich die Schere geschnappt und auf den Angreifer eingestochen. Der Mann erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Gontscharowa betonte, dass es sich nicht um vorsätzlichen Mord, sondern um Notwehr gehandelt habe. Sie habe nicht gedacht, dass die Verletzung lebensgefährlich sein könnte: "Er hat fast nicht geblutet, war bei Bewusstsein und hat mich sogar getreten", erklärte sie später.

"Ich habe Alexeis Tod nicht gewollt und war sehr schockiert, als mir der Polizist nach dem ersten Verhör sagte, dass er nach der Operation gestorben sei."

Außerdem habe er nach dem Streit mit seinem Freund selbstständig ihre Wohnung verlassen. Einige Zeit später habe sie gesehen, wie ein Krankenwagen ihn abgeholt habe. Weitere 20 Minuten später sei die Polizei eingetroffen und habe sie festgenommen.

Nach Angaben der Journalistin habe ihr Ex-Mann sie über mehrere Jahre hinweg geschlagen, was sie mehrfach bei der Polizei angezeigt habe. Dennoch sei auf ihren Antrag hin kein Strafverfahren eingeleitet worden, berichtet Forbes. Gontscharowa erklärte, ihr Ex-Partner habe sie mit Gewalt bedroht, sie an den Haaren gepackt, gegen die Wand geschleudert, gewürgt, ihr ein Messer an den Hals gehalten und die Fenster der Nachbarwohnung eingeschlagen, in die Gontscharowa mit ihren Kindern geflüchtet war.

Der Fall kam ans Licht, nachdem Freunde und Kollegen in sozialen Netzwerken darüber berichtet hatten. Ihnen zufolge war die Journalistin mehr als 15 Jahre lang häuslicher Gewalt ausgesetzt. Eine Kollegin habe die Frau zum Umzug überredet, berichtet ihr ehemaliger Arbeitgeber RBK. Gontscharowa habe darum gebeten, eine vorübergehende Unterkunft für sie zu finden. Als es so weit war, konnte die Kollegin die dreifache Mutter nicht mehr erreichen. "Es stellte sich heraus, dass es zu spät war", erklärte die Kollegin.

Am 31. Juli befanden die Geschworenen Gontscharowa des vorsätzlichen Mordes für schuldig, betonten jedoch, dass sie eine milde Strafe von nicht mehr als zehn Jahren verdiene. 

Wie die Zeitung Kommersant berichtet, war Samussjow insgesamt siebenmal verurteilt worden, unter anderem wegen Diebstahls, vorsätzlicher schwerer Körperverletzung, Morddrohung und Beleidigung eines Behördenvertreters sowie in mehr als 40 Verwaltungsstrafverfahren.

Während des Prozesses wurden Gontscharowa das Sorgerecht für ihre gemeinsamen Kinder mit Samussjow entzogen und an den Bruder des Ermordeten übertragen.

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