Job wechseln ab 50: Mit diesen Tipps einer Headhunterin klappt es
Altersdiskriminierung im Beruf betrifft viele Bewerber über 50. Headhunterin Kristine Capek gibt Tipps, wie es mit dem Jobwechsel trotzdem klappt. Unzufrieden mit der Arbeit? Dann muss vielleicht ein Jobwechsel her. Das heißt: Bewerbungen schreiben, Lebensläufe verschicken und an Vorstellungsgesprächen teilnehmen. Aber wie ist das eigentlich, wenn man älter als 50 Jahre ist? Welche Schwierigkeiten kommen mit steigendem Alter auf Bewerberinnen und Bewerber zu? t-online hat mit der Headhunterin und Personalberaterin Kristine Capek gesprochen. Als Headhunterin wird sie von Unternehmen eingestellt, um freie Positionen passgenau zu besetzen. Sie verfügt über 15 Jahre Erfahrung und hat im Laufe ihrer Karriere bereits über 1.000 Stellen vermittelt. t-online: Frau Capek, das Thema Altersdiskriminierung ist eines, das Sie schon länger beschäftigt. Was versteht man eigentlich darunter? Kristine Capek: Ganz einfach formuliert: Manche Arbeitgeber glauben, dass man mit über 50 schon mit einem Bein in der Rente steht und nicht mehr motiviert ist, sich im Job zu bemühen. Das hat aber nichts mit dem Alter zu tun. Vielmehr sollten Arbeitgeber prüfen, wie viel Lernbereitschaft, Zielorientierung und welche Kompetenzen der Kandidat mitbringt. Leider erlebe ich in meinem Job relativ häufig, dass ältere Menschen diskriminiert werden. Muss man also damit rechnen, nicht mehr zu einem Jobinterview eingeladen zu werden, wenn auf der Bewerbung Ü50 steht? Leider, ja. Tatsächlich wird da knallhart aussortiert. In der Wunschvorstellung ist ein neuer Mitarbeiter zwischen 30 und 45 Jahre alt. Dabei unterschätzen Arbeitgeber das Potenzial, das ältere Menschen mitbringen. Wie geht man den Jobwechsel im Alter am besten an? Zunächst sollten sich Arbeitnehmer beim aktuellen Arbeitgeber informieren, ob es nicht doch noch neue Möglichkeiten im Unternehmen gibt – vielleicht in einer anderen Position. Wenn es aber keine Perspektiven mehr gibt, empfehle ich, sich folgende Fragen zu stellen: Was kann ich, was will ich und was benötige ich? Daran orientiert sich die Jobsuche. Wichtig ist außerdem, den eigenen Mehrwert für Unternehmen herauszufinden: Wo liegen meine Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen? Je besser ich das weiß, desto konkreter kann ich diese im Interview kommunizieren. Welche Skills sind bei Arbeitgebern aktuell besonders gefragt? Die sogenannte crossfunktionale Zusammenarbeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es wird erwartet, dass Menschen über den Tellerrand hinausblicken und mit anderen Teams kooperieren können. Es reicht nicht mehr, nur im eigenen Team zu arbeiten. Man muss ein Verständnis für das Große und Ganze entwickeln. Kandidaten sollten sich zudem mit digitalen Tools wie Slack, Teams und Unternehmenssoftware auskennen. Auch hier ändert sich ständig viel. Deshalb ist es wichtig, schnell und flexibel darauf reagieren zu können. Stichwort sich verändernde Kommunikation: Sollten Bewerber Word- und Office-Skills überhaupt noch in den Lebenslauf schreiben? Oder müssen sie sich mit ChatGPT und anderen KIs auskennen? Man kann den Standard – Word und Excel – ruhig drinbehalten. Generell würde ich sagen: Geben Sie alles an, was Sie können – sofern es für die Stelle relevant ist. Ältere Bewerber können zusätzlich erwähnen, dass sie sich aktiv im Bereich Künstliche Intelligenz weiterbilden. Damit können sie Vorurteile gleich aus dem Weg räumen. Mit welchen weiteren Fähigkeiten können Ü50-Bewerber punkten? Menschen über 50 haben schon viel erlebt und können mit Herausforderungen viel gelassener umgehen. Gerade bei Transformation oder in herausfordernden Situationen können sie Ruhe in Teams bringen. Von dieser Erfahrung profitieren jüngere Mitarbeitende. Wer Ü50 ist, kann maßgeblich dazu beitragen, jüngere Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Es lohnt sich, diese Stärken im Jobinterview hervorzuheben. In einem Ihrer TikTok-Videos erklären Sie, wie wichtig es ist, den Interviewprozess aktiv mitzusteuern. Haben Sie Tipps, wie das gelingt? Bewerbende sollten direkt im Erstgespräch nach den nächsten Schritten fragen. Wann bekomme ich Feedback? Wann findet ein mögliches zweites Gespräch statt? Wer wird dabei sein? Auch das Thema Gehalt ist relevant. Manchmal erlebe ich es, dass das Gehalt erst im letzten Gespräch angesprochen wird. Das kann zum echten Problem werden, wenn der potenzielle Arbeitgeber und der Kandidat feststellen, dass sie in dem Punkt überhaupt nicht zusammenpassen. Bei einem gut und aktiv gesteuerten Gespräch werden diese Fragen von Anfang an abgeklärt. Wie hoch darf man die eigenen Gehaltsvorstellungen ansetzen? Finden Sie zunächst heraus, was der Marktstandard ist. Ein weiterer Tipp: Werden Sie sich bewusst, was Sie eigentlich wollen und benötigen. Ich würde Bewerbern empfehlen, ihre Gehaltswünsche klar zu kommunizieren. Denn nur, wenn man es von Anfang an klar kommuniziert, können Arbeitgeber darauf eingehen und sich dazu äußern. Wenn das in den Gehaltsrahmen des Unternehmens passt, super. Wenn nicht, dann ist es nicht der richtige Job oder das richtige Unternehmen. Und wie stellt man die eigene Person im Interview am besten vor? Ich erlebe oft, dass Bewerber jedes Detail ihres Lebenslaufs erzählen. Aber gerade bei einem digitalen Erstgespräch schalten die Menschen irgendwann ab. Ich empfehle immer, sich fünf bis maximal zehn Minuten Zeit zu nehmen, um sich vorzustellen. Dabei sollten Sie sich vor Augen führen, welche Kompetenzen und Erfahrungen für die Stelle und das Unternehmen relevant sind. Ich sage immer: Bauen Sie Brücken. Damit meine ich, Parallelen zwischen Ihren Erfahrungen und dem Job, auf den Sie sich bewerben, aufzuzeigen. Welche No-Gos gibt es in einem Jobinterview? Ein Tipp: Starten Sie niemals mit einem negativen Fakt. Etwa, dass Sie lange auf Jobsuche waren. Man sagt ja, das Glas ist entweder halb voll oder halb leer. In einem Jobinterview sollte die Einstellung sein, dass das Glas halb voll ist. Muss man also auch mal flunkern? Nein, es kommt eher darauf an, wie man etwas erzählt. Statt zu sagen: "An meine alte Stelle bin ich gekommen, weil ich zufällig auf eine Ausschreibung stieß, die sich okay anhörte", sollten Sie besser sagen: "Ich habe gezielt nach dieser Position gesucht. Ich habe eine tolle Stellenausschreibung gefunden, mich darauf beworben und es war genau das Richtige". Das ist ein großer Unterschied. Was war das Überzeugendste, das Sie jemals in einem Bewerbungsgespräch erlebt haben? Gerade letzte Woche habe ich ein fantastisches Bewerbungsgespräch begleitet. Der Kandidat war zwar auf den ersten Blick nicht der geeignetste. Aber er hat im Interview perfekt aufgezeigt, was er an passenden Kompetenzen und Erfahrungen mitbringt. So konnte er in nur fünf Minuten sehr authentisch zeigen, warum er für diese Stelle geeignet ist. Und was war der größte Fauxpas? Ein anderes Mal habe ich erlebt, wie jemand eine halbe Stunde lang einen Monolog über sich selbst gehalten hat. Der Bewerber hat die Signale der anderen Teilnehmenden entweder nicht empfangen oder sie ignoriert. Das war viel zu viel und es fehlte an Fingerspitzengefühl. Bei digitalen Interviews ist das natürlich schwieriger, aber man muss trotzdem auf Mimik und Gestik achten: Wie reagieren die Interviewenden darauf, wenn ich etwas erzähle? Fangen Sie schon an zu gähnen oder hören sie noch interessiert zu? Frau Capek, vielen Dank für das Gespräch.