SPD-Chefin Esken kann aus Anschlag "nicht viel lernen" – und Solingen demonstriert "gegen rechts"
Nach dem islamistischen Anschlag in Solingen vom 23. August mit drei Toten und acht teils schwer verletzten Opfern diskutiert das Land kontrovers über den Umgang mit dem Attentat, dies rund drei Monate nach dem tödlichen Vorfall in Mannheim. In der ARD-Talksendung "Caren Miosga" erklärte die SPD-Vorsitzende Esken, dass sich aus dem Anschlag nicht viel lernen ließe, da der Täter nicht unter Beobachtung stand. Die Jugendorganisation der Partei AfD demonstrierte am Sonntag in Solingen zum Thema "Remigration". Die Gegenveranstaltung vom Bündnis "Solingen ist bunt statt braun" erfuhr wesentlich mehr Zustimmung.
Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, erläuterte in der ARD-Sendung die aktuellen Probleme der Behörden, um effektiv im Vorfeld gegen potenzielle islamistische Gefährder agieren zu können. Aktuelle Regelungen des Informationsaustausches zwischen Polizei und Verfassungsschutz im Rahmen geltender Rechtsgrundlagen würden dabei präventive Arbeit weiterhin behindern. Seitens der Moderatorin darauf angesprochen, erklärte die SPD-Vorsitzende, dass auch weiterhin zum Thema Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten "gute Gründe existieren" würden, und argumentierte mit der laut Esken wahrgenommenen Geschichte von "Nazi-Deutschland und der DDR".
Zu der Frage der Moderatorin, was die SPD-Politikerin persönlich aus dem Anschlag lerne, "was jetzt geändert werden muss für die Befugnisse der Polizei", antwortete Esken wörtlich:
"Gerade aus diesem Anschlag lässt sich, glaube ich, nicht allzu viel lernen, weil der Täter ja offenkundig nicht polizeibekannt war, insofern auch nicht unter Beobachtung stand."
Esken bezog sich dabei rein auf den "islamistischen Gefährder-Aspekt", um zu ergänzen, dass der Staat nicht die "Gesamtbevölkerung von weit über 80 Millionen unter Dauerbeobachtung stellen" könne, "das ist etwas, was wir uns sehr gut überlegen sollten", so die SPD-Vorsitzende.
Die Bild-Zeitung erfuhr mittlerweile aus Asylunterlagen des syrischen Täters, dass die zuständigen Mitarbeiter der Ausländerbehörde Bielefeld nur einmal versucht haben sollen, den Mann anzutreffen. Weiter heißt es im Artikel erläuternd:
"Die Rechtslage lautet: Taucht der Asylbewerber unter oder entzieht sich seiner Abschiebung, verlängert sich diese sogenannte Überstellungsfrist von sechs auf 18 Monate. Das heißt, dass Deutschland 18 Monate Zeit gehabt hätte, um den Syrer nach Bulgarien abzuschieben.
Da Issa al Hasan allerdings nur einmal nicht anzutreffen war und die Behörden offenbar nicht weiter versuchten, ihn abzuschieben, galt er nicht als untergetaucht. Und die Überstellungsfrist blieb bei sechs Monaten.
Da man nicht mehrfach versucht hatte, den Syrer im Asylantenheim anzutreffen, meldete ihn die Ausländerbehörde nicht als untergetaucht. Daraufhin wurde die Überstellungsfrist nach sechs Monaten eingestellt und nicht notwendigerweise verlängert. Die Bild-Redaktion erfuhr:
"Vier Tage, nachdem die Überstellungsfrist abgelaufen war, meldete sich der Syrer bei den Behörden. Er zog seine Klage gegen den Überstellungsbescheid nach Bulgarien zurück."
Am Tag nach dem tödlichen Attentat kam es zu mehreren Demonstrationen in Solingen. Zu der unmittelbar nach dem Ereignis angemeldeten Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" kamen laut Medienberichten "weniger als 30 Menschen".
Nach dem islamistischen Terroranschlag berichtet das ZDF über die "Demo gegen rechts" in #Solingen. Zu sehen Flaggen der linksextremen MLPD und der Antifa. #ReformOerr #OerrBlog pic.twitter.com/Sl5rgNsrUI
— ÖRR Blog. (@OERRBlog) August 25, 2024
Ausgehend der Bekanntmachung organisierte das Solinger Bündnis "Solingen ist bunt statt braun" sowie "bürgerliche Gruppen aus Wuppertal und Solingen" Gegenproteste, die laut Spiegel-Informationen von "rund 400 Demo-Teilnehmern" unterstützt wurden.
realsatire pic.twitter.com/ZjVdTvU8ZS
— Ulf Poschardt (@ulfposh) August 25, 2024
Ein Bündnissprecher erklärte laut Spiegel-Artikel in seiner Rede, dass "wir Raum für das Gedenken und die Trauer brauchen", aber "die Nazis, die wollen wir hier auch nicht haben", so das Zitat einer Teilnehmerin. Der Bündnissprecher erklärte, dass sich für ihn schnell angedeutet hat, dass "Rechtsextreme die Tat instrumentalisieren würden". So wären auf der Webseite der Initiative unmittelbar nach dem Attentat "rechte" Zuschriften erfolgt:
"Hass und Beschimpfungen, die sich nur deshalb gegen uns richteten, weil wir die Worte 'bunt' und 'Vielfalt' nutzen."
FDP-Justizminister Buschmann erklärte via X-Posting:
Nach #Solingen müssen alle Themen auf den Tisch: Dabei ist das WaffenG kein Tabu. Wichtiger aber ist die Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus und die Zurückdrängung irregulärer Migration. Wir brauchen Lösungen in der Sache, keine bloßen Symbole.
— Marco Buschmann (@MarcoBuschmann) August 25, 2024
CDU-Chef Friedrich Merz teilte in einem im ARD-Brennpunkt vom Sonntag mit:
"Wenn Solingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist, dann weiß ich nicht, was noch passieren muss, damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen. Ich fordere, dass wir aufhören, eine naive Einwanderungspolitik zu machen."
Zudem stellte er in seinem aktuellen E-Mail-Newsletter "MerzMail" fest, dass "nicht die Messer das Problem sind". Wörtlich schrieb er in einem offenen Appell an Bundeskanzler Scholz:
"Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter."
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am heutigen Montag in Solingen mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) der Opfer der Messerattacke gedenken. Anschließend sind ein Gespräch mit Einsatzkräften und ein gemeinsames Pressestatement geplant.
Die Opfer des Messeranschlags von Solingen sollen laut Frankfurter Rundschau staatliche Hilfe bekommen. "Die Bundesregierung wird für die Opfer dieser entsetzlichen Tat da sein", teilte demnach der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), mit.
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