World News in German

Bjochowo: Das beste Tourismusdorf Russlands

Schöne Aussicht auf den Fluss Oka von Bjochowo aus (Foto: Olga Silantjewa)

1. eine typisch russische Landschaft genießen

Ach, wie schön! Nach einer langen Autofahrt und einem kurzen Spaziergang vom Parkplatz zum Hochufer des Flusses Oka fällt es schwer, diesen Ausruf zu unterdrücken. Von hier aus kann man den Blick kilometerweit schweifen lassen. Und vor allem auf die Biegung des Flusses. Diese Landschaft wird schon seit zwei Jahrhunderten gemalt. Bei schönem Wetter kann man hier immer Künstler antreffen.

Aber das berühmteste Gemälde mit dieser Aussicht ist bis heute der „Goldene Herbst“ (1893) des russischen Künstlers Wassili Polenow. Die Orte hier sind mit seinem Namen verbunden. Polenow sah sie zum ersten Mal in den späten 1880er Jahren. Einige Jahre darauf kaufte er hier ein Anwesen und ließ sich nieder, so wie er es sich erträumt hatte.

Im Jahr 2021 erhielt das Dorf Bjochowo mit seinen 58 Einwohnern den Titel „Das beste Tourismusdorf“. Bislang ist es das einzige russische Dorf, das von UN Tourism ausgezeichnet wurde. In der Beschreibung steht, warum ausgerechnet diesem Dorf der Titel verliehen wurde – wegen der Schönheit der Naturlandschaft und der Menschen, die sich für deren Erhalt einsetzen, z. B. Wassili Polenow. Schon in der Schule lernt jeder Russe die Aussicht von Bjochowo kennen. Den Namen des Dorfes selbst haben jedoch nur wenige Menschen gehört. 

Diese Kirche ist die Hauptsehenswürdigkeit von Bjochowo. (Foto: Olga Silantjewa)

2. Gottesdienst in der Kirche besuchen

Die Kirche der Lebensspendenden Dreifaltigkeit ist ein fester Bestandteil der Landschaft von Bjochowo. Wenn man sich Polenows Gemälde „Goldener Herbst“ genau anschaut, ist die Kirche dort bereits zu sehen. Das ist aber die alte. Die heutige Kirche, gebaut nach den Skizzen und mit den Mitteln des Künstlers, wurde erst 1907 fertiggestellt. Sie verbindet die fließenden Linien des romanischen Stils mit der Monumentalität der altrussischen Architektur. Das Innere wurde von berühmten russischen Künstlern gestaltet. In den 1930er Jahren wurde das Gotteshaus geschlossen und geplündert. Die Glocken wurden entfernt, und der Steinzaun diente als Fundament eines Pionierlagers. Im Jahr 1965 wurde das Gebäude Teil des Polenow-Museums und 1989 den Gläubigen zurückgegeben. Seitdem finden hier meist sonntags Gottesdienste statt.

Das Gotteshaus dient als Zufluchtsort, und das nicht nur in geistlicher Hinsicht.  Sobald es regnet, laufen alle Künstler, die am Ufer des Oka-Flusses malen, zur Kirche. In der Nähe gibt es keine anderen Gebäude. Nur Kreuze auf dem Dorffriedhof. Wassili Polenow selbst ist dort begraben.

Friedhof in Bjochowo (Foto: Olga Silantjewa)

3. spazieren und in der Sonne baden

Hier darf nichts mehr gebaut werden – das Dorf muss sein historisches Aussehen bewahren. Also wird es wohl nur eine Kirche, einen Friedhof und ein Dutzend Häuser geben. Es gibt nicht einmal einen Laden. Aber es gibt eine Quelle, deren Wasser als heilkräftig gilt. Im Jahr 2021 erschien an der Einfahrt von Bjochowo ein Schild „Die schönsten Dörfer und Städtchen Russlands“. Es bedeutet, dass Bjochowo in die Vereinigung aufgenommen wurde, die nun 90 schöne Dörfer und kleine Städte Russlands vereint. Die gleichen Schilder stehen zum Beispiel in der Nähe des Kremls in Rostow Weliki oder an der Hauptstraße in Isborsk, einem Dorf in der Region Pskow, wo sich eine riesige Festung aus dem 14. Jahrhundert befindet.

Man kann also Wasser aus der Quelle trinken, ein Foto am Schild machen und von der Kirche aus am Fluss Oka entlang zum Polenow-Museum laufen. Es sind etwa 2 Kilometer, eine halbe Stunde Fußmarsch. Wer Lust hat, kann bei gutem Wetter in der Oka baden. Dort gibt es einen Strand.

4. Kunstwerke bewundern

Die Beschreibung von Bjochowo auf der Webseite von UN Tourism erklärt, was das Dorf sonst noch einzigartig macht: 1892 wurde hier das erste ländliche Museum Russlands eröffnet, das der breiten Öffentlichkeit zugänglich ist. In dem Jahr stellte der Künstler Wassili Polenow den Bau des Großen Hauses für seine Familie fertig. Darin wurden drei Räume im Erdgeschoss für das Museum eingerichtet. Hier kann man Gemälde von Polenow selbst und seinen Freunden – Repin, Makowski, Schischkin, Wasnezow, also vieler berühmter russischer Künstler des 19. Jahrhunderts – betrachten. Es gibt auch interessante Haushaltsgegenstände, nicht nur russische.

Selbst während der Oktoberrevolution und des Zweiten Weltkrieges wurde das Museum so erhalten, wie es geplant und gebaut wurde. Im Jahr 1918 war es eines der ersten Museen des Landes, das vom Staat als nicht konfiszierbar geschützt und zum Nationaleigentum erklärt wurde. Wassili Polenow bewohnte das Haus mit seiner Familie bis zu seinem Tod im Jahr 1927. In den Jahren des Großen Terrors wurde das Museum beinahe liquidiert. Der Sohn des Künstlers, Dmitri Polenow, und seine Frau wurden verhaftet und in den Gulag geschickt. Doch seine Schwestern verteidigten das Museum. Im Jahr 1944 wurden Dmitri Polenow und seine Frau freigelassen. Heute leitet Natalja Polenowa, die Urenkelin des Künstlers, das Museum.

Man kann das Große Haus nur mit einer Gruppe und einem Museumsführer betreten. Das Interesse ist riesig. Die Zahl der Autos auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz ist an einem Sonntagnachmittag im Sommer überwältigend. Kenner empfehlen, etwas eher anzureisen, um genügend Zeit für den Kauf von Eintrittskarten zu haben. Auf der Webseite des Museums gibt es die Möglichkeit, sie im Voraus zu kaufen. Sie sind schnell ausverkauft.

5. Zeit anhalten

Es ist gut, für einen ganzen Tag hierherzukommen, am besten mehr als einen. Denn der Weg ist nicht einfach. Es scheint nicht weit zu sein – 135 Kilometer. Aber sie führen über die Autobahn M2 „Krim“. Das ist die Straße, die nach Kursk und Belgorod führt. Jetzt ist sie besonders stark befahren. Außerdem wird im Moment eine Brücke über den Fluss Oka gebaut. Gleichzeitig wird die alte Brücke abgerissen. Und vor dem Fluss bilden die Autos einen kilometerlangen Stau. Bjochowo befindet sich am anderen Oka-Ufer.

Sie können auch mit dem Zug nach Tarussa fahren und von dort aus ein Taxi (etwa 15 Minuten) oder einen Bus nehmen. Es gibt Boote zwischen Tarussa und dem Museum, aber es gibt keinen offiziellen Fahrplan.

Wenn Sie also nach Bjochowo kommen, ist es am besten, an diesen Orten zu verweilen. In Bjochowo selbst gibt es ein Gästehaus. Seine Zimmer erinnern an russische Adelssitze des späten 19. Jahrhunderts. So können Sie sowohl eine Zeitreise unternehmen als auch einfach in aller Ruhe die typisch russische Landschaft genießen.

Olga Silantjewa

Запись Bjochowo: Das beste Tourismusdorf Russlands впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.

Читайте на 123ru.net