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AfD in Thüringen über 20 Prozent: So kann die Partei den Landtag lahmlegen

Sachsen und Thüringen haben gewählt. Bei den Landtagswahlen hat die AfD in beiden Bundesländern wohl über 30 Prozent der Stimmen geholt. Damit könnte sie demokratische Prozesse zukünftig stark beeinträchtigen. Die AfD ist in Thüringen bei der Landtagswahl am Sonntag stärkste Kraft geworden. Wie auch in Sachsen erhielt die Partei rund ein Drittel der Stimmen. Eine Regierungsübernahme der von Björn Höcke geführten und vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD ist zwar unwahrscheinlich, weil keine andere Partei mit ihr koalieren will. Doch da die AfD ein Drittel der Abgeordneten im neuen Landtag stellt, hat sie weitreichenden politischen Einfluss. Der Grund: die sogenannte Sperrminorität. Was heißt Sperrminorität? Sperrminorität bedeutet, dass eine Minderheit bei einer Abstimmung die Möglichkeit hat, einen bestimmten Beschluss zu verhindern. Dafür reicht es, wenn ein bestimmter Prozentsatz der nötigen Sitze in einem Parlament erreicht wird. Es ist eigentlich ein Schutzmechanismus. Man möchte dadurch verhindern, dass die Regierungsparteien – insbesondere auch solche, die sich der autoritär-populistischen Strategie bedienen – einfach durchregieren können. In Thüringen reicht mehr als ein Drittel der Parlamentssitze aus, um über eine Sperrminorität zu verfügen. Wie sicher ist eine Sperrminorität der AfD in Thüringen? Grundsätzlich hat der Thüringer Landtag 88 Sitze. Abweichungen davon können durch sogenannte Ausgleichs- und Überhangmandate entstehen. In der ablaufenden Legislaturperiode saßen 90 Abgeordnete im Parlament. Die AfD, die 2019 mit 23,4 Prozent in den Landtag einzog, hatte nach mehreren Fraktionsaustritten zuletzt 18 Sitze. Nach den ersten Wahlprognosen liegt die rechtsextreme Partei derzeit bei Werten um die 30 Prozent. Ob die AfD nach der Wahl über ein Drittel der Mandate verfügt, ist auch davon abhängig, ob kleinen Parteien der Wiedereinzug gelingt. Für die Grünen sieht es in den Prognosen derzeit schlecht aus, die FDP scheint keine Chance zu haben. Mehr dazu im Podcast: SPD-Politikerin Gesine Schwan erklärt hier, wie die AfD die Landesverfassungsgerichte "personell austrocknen" kann: Was kann die AfD zukünftig blockieren? In Thüringen ist eine Zweidrittelmehrheit aller gewählten Abgeordneten nötig, um den Landtag aufzulösen und damit den Weg für eine Neuwahl zu bereiten. Ohne Zustimmung der AfD wäre das dann nicht möglich. Auch Verfassungsänderungen, die Wahl des Präsidenten und der Richter des Thüringer Verfassungsgerichtshofs sowie die Wahl des Präsidenten und des Stellvertreters des Landesrechnungshofs verlangen eine Zweidrittelmehrheit. Mit einer Sperrminorität könnte die AfD all dies theoretisch blockieren. Etwas anders liegt der Fall bei einer sogenannten nicht qualifizierten Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Diese ist nötig bei der Wahl von Mitgliedern des Richter- und Staatsanwaltswahlausschusses, die der Berufung von Richtern und Staatsanwälten zustimmen müssen, oder wenn die Öffentlichkeit bei Plenarsitzungen ausgeschlossen werden soll. Ob die Sperrminorität dann wirksam wird, hängt nach Angaben der Landtagsverwaltung von der Stimmenverteilung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ab. Ist die Regelung in Sachsen ähnlich? Auch in Sachsen ist ein Zweidrittel-Quorum etwa bei Verfassungsänderungen, den Wahlen von Rechnungshofpräsident, Verfassungsrichtern, der Abberufung von Ausschussvorsitzenden oder der Auflösung des Landtags erforderlich. Bei der Wahl des Landtagspräsidenten kann anders als in Thüringen schon im zweiten Wahlgang ein Abgeordneter gewählt werden, der nicht der stärksten Fraktion angehört. Eine Besonderheit in Sachsen ist auch, dass Parteien, die es nicht über die Fünfprozenthürde schaffen, aber mindestens zwei Direktmandate erringen, trotzdem in den Landtag einziehen. Das würde die Chancen auf einer Sperrminorität in Sachsen verringern. Auch in Sachsen liegt die AfD in den Prognosen bei Werten von über 30 Prozent. Im Freistaat wird ebenso mitentscheidend sein, ob kleinere Parteien wie SPD und Grüne im Landtag bleiben.

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