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US-Wahl: Trump darf diesen Song laut Gericht nie wieder spielen

Ausgerechnet jenes Lied, das Donald Trump zu seinem Markenzeichen machte, darf er per Gerichtsentscheid nicht mehr spielen. Warum ihm das bei einer bestimmten Wählergruppe ganz besonders schaden könnte. Bastian Brauns berichtet aus Washington . Fast immer, wenn Donald Trump in den vergangenen Jahren einen Wahlkampfauftritt abhielt, rundete er seine langen Reden am Ende mit einem ganz bestimmten Song ab. Zu den Klängen der Soulhymne "Hold On! I'm Comin'" tanzte der Ex-Präsident oftmals noch auf seine ganz eigene Weise. Der leicht hüftsteif wirkende Trump-Tanz mit den angewinkelten Armen wurde über die Zeit sogar zu einer Art Markenzeichen für seine Anhänger. Zu einer Rally von Donald Trump gehört dieses Lied einfach dazu – doch fortan nicht mehr. Denn mit sofortiger Wirkung darf der Präsidentschaftskandidat "Hold On! I'm Comin'" nicht mehr spielen. Per einstweiliger Verfügung untersagte ihm das am Dienstag ein Bundesrichter in Atlanta im Bundesstaat Georgia. Der Grund: Die Erben des verstorbenen schwarzen Soulmusikers Isaac Hayes klagten gegen die Verwendung des Lieds durch Donald Trump. Auf verschickte Unterlassungsschreiben der Hayes-Anwälte soll Trumps Wahlkampfteam zuvor schlicht nicht reagiert haben. Nachdem sich in den vergangenen Wochen bereits dutzende Künstler öffentlich darüber beklagt hatten , dass Trump ihre Lieder bei seinen politischen Veranstaltungen ohne ihre Zustimmung verwende, ist die Entscheidung zu "Hold On! I'm Comin'" die erste, die rechtliche Konsequenzen für Trump hat. Er darf das Lied nicht mehr spielen. Dazu droht ihm allein für diesen Song eine Nachzahlung von drei Millionen Dollar an die Erben von Isaac Hayes für das Abspielen ohne Lizenz. Mit den Falschen angelegt Warum Trump und sein Team ursprünglich ausgerechnet diesen Song aus den Sechzigerjahren, der Zeit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, für seine Wahlkampfveranstaltungen ausgesucht haben, ist nicht bekannt. Ob bei der Jahresversammlung des Waffenlobby-Verbandes NRA in Houston im Jahr 2022 oder bei seinen winterlichen Vorwahlauftritten in New Hampshire oder Iowa – überall spielte Trump diesen Soundtrack, der übersetzt so viel heißt: "Wartet nur ab, hier komme ich." In Atlanta hieß es am Dienstag aber nun: "Hold on, Trump!" Mit den Erben von Isaac Hayes wehren sich jetzt ausgerechnet Vertreter der afroamerikanischen Gesellschaft, die ein deutliches Problem mit Donald Trump haben. Dabei wollte der Ex-Präsident zuletzt gerade bei schwarzen Amerikanern Boden gutmachen. Bei ihrem ersten Erfolg vor dem Gericht in Georgia schwingt bei der Hayes-Familie eine Botschaft an Trump mit: Du hast dich mit den Falschen angelegt. Mit dunkler Ray-Ban-Sonnenbrille im Gesicht baute sich Isaac Hayes III., der Sohn des verstorbenen Songtexters, vor den wartenden Medien vor dem Gericht in Atlanta auf. Er sagte: "Ich wollte nie, dass dieses Lied mit Donald Trump in Verbindung gebracht wird." Aber ausgerechnet "Hold On! I'm Comin'" habe Trump öfter als jedes andere Lied bei seinen Kundgebungen spielen lassen. Hayes deutete auf die Frauen, die hinter ihm stehen, und griff Trump direkt an. "Ich habe sieben Schwestern. Donald Trump wurde des sexuellen Missbrauchs für schuldig befunden. Ich weiß, dass mein Vater es nicht gewollt hätte, dass dieser Mann seine Musik spielt", sagte Hayes. "Eine Frage des Charakters" Hinzu kämen jene Dinge, die Trump über Frauen sage, insbesondere über schwarze Frauen und Frauen anderer Hautfarbe, insbesondere bei dieser Wahl, so Hayes. Deshalb müssten sie Stellung beziehen und sich von jemandem mit Donald Trumps Charakter abgrenzen. "Das ist keine politische Frage. Das ist eine Frage des Charakters", sagte Hayes. Als das Pressestatement beendet war, sagte sein ebenfalls schwarzer Anwalt noch: "Wir gehen dann mal wieder unseren schwarzen Jobs nach." Auch das war eine deutliche Kritik an Donald Trump. Denn der Republikaner wiederholt inzwischen seit vielen Wochen immer wieder jenen einen Satz, den schwarze Amerikaner vielfach als rassistisch, abwertend und beleidigend empfinden. Die illegalen Einwanderer, so sagt es Trump immer wieder, verrichteten "black jobs". Seine Aussage bezieht sich in Wahrheit auf schlecht bezahlte Arbeitsplätze, die vorwiegend von Schwarzen erledigt würden. Die ehemalige First Lady, Michelle Obama, haute Trump diesen Satz zuletzt beim Parteitag der Demokraten um die Ohren. "Wer sagt ihm, dass der Job, den er gerne hätte, einer dieser 'Schwarzen-Jobs' ist?", rief sie. Sie spielte damit auf den Job des Präsidenten an, den bekanntermaßen auch ihr Ehemann Barack Obama ausgeübt hatte. Der 49-jährige Isaac Hayes III, selbst Songtexter und Produzent, appellierte nach seinem ersten gerichtlichen Sieg gegen Donald Trump an die vielen anderen Künstler, die sich zuletzt über das Abspielen ihrer Musik beschwert hatten. Darunter auch Bands wie Abba, die Rolling Stones , Elton John oder Beyoncé. "Wenn ihr nicht wollt, dass eure Musik von jemandem wie Donald Trump verwendet wird, wendet euch an eure Rechtegesellschaften", sagte Hayes. Er hoffe, dass ihm die vielen anderen Künstler nachfolgen würden. Ein empfindlicher politischer Schaden Für den Ex-Präsidenten ist das "Hold on, Trump"-Urteil eine schlechte Nachricht, auch weil er traditionell ohnehin nicht von der Mehrzahl prominenter amerikanischer Musikstars unterstützt wird. Umso mehr feiern er und sein Team darum auch jene, die es doch tun – zuletzt etwa der Rockmusiker Kid Rock, der beim Parteitag der Republikaner vor Trumps Rede aufgetreten war. Aber auch die beiden bekannten Rapper Anuel AA and Justin Quiles aus Puerto Rico traten neulich bei einer Trump-Rally in Pennsylvania auf. Trump sei der "beste Präsident, den die Welt je gesehen hat", sagten sie. Trumps Anwälte gaben sich nun trotz der einstweiligen Verfügung von Atlanta zuversichtlich. Denn sie müssen laut dem Bundesrichter vorerst wohl nicht dafür sorgen, dass jegliche im Internet auffindbaren Videoaufnahmen von Donald Trump mit dem Hayes-Song verschwinden müssen. Einer von Trumps Anwälten sagte, dass dies sonst auch einen "unverhältnismäßig schweren Eingriff in die Redefreiheit" darstellen würde. Wie viel mit der einstweiligen Verfügung politisch gewonnen werden kann, ist offen. Der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf dauert jetzt nur noch knapp zwei Monate. Donald Trump aber tingelte und tänzelte mit der Soulhymne über Jahre durch die Vereinigten Staaten. Die Musik wurde zu seinem Markenzeichen, ohne dass er die Markenrechte der Urheber wahrte. Insofern hat er ohnehin längst gewonnen. Es bleibt das wohl erfolgreichste Trump-Prinzip: Immer weitermachen, bis vielleicht eines Tages jemand klagt. Dann einen Prozess mit Geld, Anwälten und Verzögerungen so weit in die Länge ziehen, bis ein mögliches Urteil niemanden mehr interessiert. Wie viel politischen Schaden der Hayes-Fall für Donald Trump bei der afroamerikanischen Wählerschaft anrichten wird, ist unklar. Dass der Fall ausgerechnet in dem wichtigen Bundesstaat Georgia verhandelt wird, ist allerdings ein Nachteil. Denn dort leben mit rund 11 Millionen die meisten Schwarzen, verglichen mit den anderen US-Bundesstaaten. Im Kampf ums Weiße Haus kommt es hier auf jeden Wähler an. Trump verlor hier gegen Biden im Jahr 2020 mit nur 11.779 Stimmen Abstand. Dies war der Grund, weshalb der Ex-Präsident in Atlanta bis heute in einem noch viel schwerwiegenderen Fall vor Gericht steht. Trump wird unter anderem hier massiver, versuchter, bandenmäßiger Wahlbetrug vorgeworfen. Kurz nach seiner verlorenen Wahl hatte Trump unter anderem Druck auf den republikanischen Gouverneur Brian Kemp und dessen Innenminister Brad Raffensperger gemacht. Per Telefonanruf forderte er seine Parteikollegen auf, die fehlenden 11.779 Stimmen "zu finden". Doch auch dieser Strafprozess wird vor dem Wahltag am 5. November wegen zahlreicher Verzögerungen nicht mehr beginnen können.

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