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Enduro World Cup – Blog Christian Textor: Bloß nicht ausklicken – Rennbericht aus Loudenvielle

Kurz vor dem WM-Rennen in Canazei reichen wir noch den World Cup-Blog von Texi aus Loudenvielle nach, das vermutlich eines der nassesten Rennen der EDR-Saison war – inklusive verbogenem Pedal, gebrochenem Schuh und einer MacGyver-Lösung für Texis Goggle. Hier ist der Rennbericht.

Video: Loudenvielle Enduro WORLD CUP Race Day MUD FEST ALL STAGES raw

Rennbericht: Finale Enduro Weltcup 2024 in Loudenvielle, Frankreich

Rennbericht, finale Runde des Enduro-Weltcups 2024. In Loudenvielle, Frankreich, in den wunderschönen Pyrenäen. Es wäre nicht ein Rennen der 2024er- Enduro-Saison gewesen, wenn ich nicht auch hier wieder im Vorfeld die ein oder andere Hürde zu überwinden gehabt hätte. Und so war es dann tatsächlich so, dass ich kurz nach Bellwald, also nach dem vorigen Weltcup, gemerkt habe, dass irgendetwas mit meinem Rücken nicht stimmt. Ich hatte vorher schon bisweilen Schmerzen, immer so ein bisschen on/off, die auch durch das Training wieder weggingen und ich dachte immer ach komm, es war bestimmt irgendetwas blockiert oder eingeklemmt, was weiß ich.

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Doch es wurde dann so schlimm, dass ich wirklich dachte, ich hätte einen Bandscheibenvorfall. Ich bin eines Morgens gar nicht mehr aus dem Bett gekommen. Gott sei Dank konnte ich einen guten Arzt in Köln, also bei uns in relativer Nähe, aufsuchen, der mich direkt behandelte und untersucht hat. So stellte sich heraus, dass ich eine Entzündung im Rücken hatte. Eins meiner Facettengelenke, also so zwischen den Wirbeln, war sehr stark entzündet, es war Flüssigkeit ausgetreten und so weiter. Warum, wieso, weshalb, so richtig kann man das nicht sagen. Aber es standen auf jeden Fall erst mal viel Ruhe, ziemlich starke Entzündungshemmer, Muskelrelaxanzien, Schmerzmittel und so weiter auf dem Plan.

Sommerpause anders als geplant

Hieß auch im Klartext: Die Sommerpause, die ich mir eigentlich so ein bisschen zurechtgelegt hatte, um dann in den letzten Block hier mal richtig gut vorbereitet reinzugehen, entwickelt sich anders als geplant. So musste ich leider erst mal gute zwei bis drei Wochen die Füße stillhalten, um diese Entzündung in den Griff zu bekommen. Da bringt es nichts, ins Training hineinzugehen oder zu versuchen, da irgendwie das Limit zu testen.

Stattdessen muss man einfach Ruhe geben und das erst mal aus dem Körper rausbekommen. Gesagt, getan, und es hat funktioniert. Dann hatte ich noch so gute anderthalb Wochen Zeit vor dem Rennen in Loudenvielle, was ziemlich straff war. Ich habe dann zu Hause angefangen, erst mal die erste Woche wieder ein bisschen entspannt Rad zu fahren, um erneut reinzukommen. Nach ein paar Wochen Pause ist der Körper dann doch schon irgendwie in einem anderen Setting, als jetzt direkt mit Vollgas ins Training einzusteigen.

Dann hatte ich noch so eine Woche, in der ich quasi ein Panik-Training durchziehen konnte und hab dann wirklich in dieser Woche Gas gegeben. Ich konnte noch zwei Tage in den Bergen Rad fahren, um mich ein bisschen darauf einzuschießen, auch mal etwas längere Abfahrten zu machen. Es war natürlich ein bisschen ein Notlaufprogramm, aber ich habe auf jeden Fall das Beste aus der Woche herausgeholt, die ich noch hatte.

# Rücken wieder fit und noch ist es trocken – so hätte es gerne bleiben dürfen!
# 20240903 UCI DHEDR WC Loudenvielle SR36770
# 20240903 UCI DHEDR WC Loudenvielle SR36735

Schlammrennen in Loudenvielle

Dann ging es nach Loudenvielle zum letzten Weltcup, der sich relativ klar als Schlammrennen abzeichnete, weil ziemlich viel Regen vorhergesagt war. So war es dann auch. Die Stages in Loudenvielle bestehen aus einem feinen Waldboden, der, wenn er nass wird, extrem glitschig wird. Es handelt sich um richtig klebriges, schleimiges Zeug, nicht einfach nur locker, sondern richtig rutschig. Teilweise sind es Hardpack-Rillen, die wie mit Leim überzogen sind. Es war also sehr herausfordernd zu fahren. Am Trainingstag war das Wetter noch halbwegs stabil, es hatte zwar auch schon ordentlich reingeregnet, aber es war noch fahrbar. Allerdings hat man schon gemerkt, dass manche Linien ziemlich tief wurden und vieles im Rennen wahrscheinlich nicht mehr so aussehen würde wie im Training.

# WC Loudenvielle24 M3 3946
# World Cup #6 Loudenvielle 2024 S3R9398

Regentag und Stage-Cancel

Am Renntag hat es dann ordentlich geregnet, schon über Nacht, und es war definitiv ein Tag für Regenjacke und wasserdichte Socken. Ich hatte mir vorsorglich schon mal ein paar trockene Klamotten in den Pits zurechtgelegt, weil wir eine relativ lange Mittagspause hatten, da Stage 3 gecancelt wurde. Diese Stage startete sehr weit oben auf dem Berg, wo man nur mit einem Sessellift hinkommt. Der Lift durfte an dem Tag nicht fahren, weil starker Wind angesagt war und das Wetter oben einfach miserabel war: kalt, windig, es hätte schlichtweg keinen Spaß gemacht, dort auf seine Startzeit zu warten.

# WC Loudenvielle24 K4A6556

Die improvisierte Brille

So ging es ins Rennen. Für Stage 1 habe ich mir MacGyver-mäßig ein Brillenglas passend geschnitten. Beim Enduro ist es oft der Fall, dass auf den langen Stages die Brillengläser so verschmutzt sind, dass man nichts mehr sieht. Viele entfernen dann einfach die Linsen aus der Brille und fahren nur mit dem Brillengestell. Das hat nicht den Grund, wie vielleicht manche annehmen, dass man seine Sponsoren vertreten müsste oder auch nicht, sondern: Der Rahmen alleine schützt die Augen einfach immer noch recht gut vor Schmutz und Dreck. Ich hatte mir etwas überlegt und in mein Brillenglas einen kleinen Briefkastenschlitz geschnitten, durch den ich sehen konnte, während meine Augen noch halbwegs geschützt waren. So musste ich nicht immer die Augen zusammenkneifen, wenn der Regen kam. Und so ging es in den ersten Tag, mit dem Shuttle erst mal hoch, im Regen schön den Berg hochgestapft und dann in die Stage 1 rein.

# World Cup #6 Loudenvielle 2024 S3R2493

Pedal- und Kettenprobleme

Diese Stage 1 lief leider nicht so wie geplant. Der Brillenschlitz hat super funktioniert, das werde ich auf jeden Fall wieder anwenden, wenn es so kommt. Allerdings habe ich mir im Wald heftig das Pedal an einem Stein angehauen, sodass es verbog und mein Schuh auf dem Pedal durchgebrochen ist. Im unteren Teil der Stage habe ich auch noch die Kette verloren, weil alles so schlammig und verklebt war. Ich musste daher ein Stück laufen, hatte aber trotzdem ein relativ gutes Ergebnis auf dieser Stage. Definitiv eine Motivation für mich, weil ich gesehen hatte, dass trotz der langen Pause vorher und der Probleme eine gute Pace da war.

# WC Loudenvielle24 S3R1584

Herausfordernde Stage 2

Stage 2 war wahrscheinlich die schwierigste, da sie viele Traversen hatte, die durch den Schlamm super herausfordernd waren. Es gab viele krasse Rillen auf der Strecke und ich hatte den ambitionierten Plan, nicht aus den Pedalen zu klicken, weil ich wusste, dass ich mit dem verbogenen Pedal und kaputten Schuh sicher nicht wieder reinkommen würde. Das war natürlich überambitioniert und ich musste leider oft ausklicken, um die Balance zu halten. So kam ich nicht mehr rein, bin aus der Balance geraten und in die Büsche gefallen. Auch das hat Zeit gekostet, aber ich hatte zugleich gemerkt, dass auch viele andere zu kämpfen hatten und auch diese Stage nicht so schlecht gelaufen war.

# Loudenvielle24 066A2098

Lange Mittagspause und Regenschauer

Nach einer langen Mittagspause, in der sogar mal kurz die Sonne geschienen hat, ging es weiter … pünktlich zum Start der nächsten Stage fing es allerdings direkt wieder an zu regnen. Leider habe ich da ein bisschen den Anschluss verpasst und konnte nicht meine Pace zeigen. Vielleicht war ich zu zurückhaltend, aber insgesamt war es okay, auch wenn es nicht das war, was ich zeigen wollte.

# World Cup #6 Loudenvielle 2024 SR59576

Die letzte Stage begann mit einem 500–600 Höhenmeter Asphaltanstieg und es goss in Strömen. Ich war schon nass, bevor es überhaupt zur Stage ging, trotz der trockenen Klamotten, die ich mir übergezogen hatte. Um etwa halb sieben wurde es wirklich dunkel im Wald. Für die letzte Stage habe ich ein Roll-Off-System für die Brille verwendet, was super funktioniert hat. Der Lauf war solide, aber ich habe definitiv gemerkt, dass meine Form nicht da war, wo sie hätte sein müssen, um ganz vorne mitzufahren. Daher hatten sich die 7 Minuten angefühlt wie eine 20 Minuten-Stage und der untere Rücken und die Beine waren am Ende knochenhart, ich bin ziemlich erschöpft aus dem Wald gekommen.

# Mit Roll-Off-System ging es in die letzte Stage.

Fazit

Am Ende bin ich auf Platz 29 gelandet, was okay war, aber nicht überwältigend. Unter den gegebenen Umständen bin ich zufrieden. Es war ein gutes Wochenende als Vorbereitung für die Weltmeisterschaft in Canazei, die aktuell ansteht – ich hoffe, dass da noch ein bisschen mehr geht. Die Weltcup-Saison ist damit beendet, und mit Platz 33 Overall bin ich für eine Saison, in der ich ein Rennen nicht angetreten bin und in einem anderen viel Zeit verloren habe, nicht unzufrieden. Es war definitiv die herausforderndste Saison bisher, aber ich bin stolz darauf, dass ich sie so solide abschließen konnte. Jetzt liegt der Fokus auf der WM, und dann geht es in die Offseason.

Was erwartet ihr von Texi für die WM in Canazei?


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Fotos: YT Mob/Rick Schubert

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