"Trusted Flagger" – Bundesregierung stellt "vertrauenswürdigen Hinweisgeber" zur Medienzensur vor
Von Bernhard Loyen
Der Kampf um die individuelle Deutungshoheit in den Bereichen der sozialen Medien erfährt einen neuen manipulativen Abschnitt seitens der einfordernden Politik. Eine Pressemitteilung der Bundesnetzagentur, geführt von dem Grünen-Politiker Klaus Müller, informiert über die jüngsten Einschnitte zum Thema Meinungsfreiheit in Deutschland, getarnt als Brandmauer gegen "Hassrede und Fake-News im Netz". Eine "Meldestelle REspect!" darf nun mit Absegnung und Finanzierung der Bundesregierung über das Familienministerium von Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) willkürlich Inhalte von Beiträgen als "unglaubwürdig" oder "inhaltlich korrekt" deklarieren.
Am "Tag der Deutschen Einheit" vermittelte Bundeskanzler Olaf Scholz den ausgewählten Anwesenden im Schweriner Festsaal seine subjektive Wahrnehmung zum Status quo bürgerlicher Umsetzung von politischen Vorgaben aus Berlin – inklusive des erwarteten Wahlverhaltens. Scholz wörtlich:
"Die ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger steht heute ganz fest auf dem Boden unserer freiheitlichen Ordnung. Das sind die Vernünftigen und Anständigen."
Wer als "Unanständiger" zukünftig Kritik an den individuellen Umständen seines bescheidenen Daseins in den sozialen Medien äußert, etwa durch mögliche Unmutsäußerungen über die Arbeit und Vorgaben der aktuellen Bundesregierung, kann nun sehr schnell in den beobachtenden Fokus von Behörden geraten, oder wie es offizieller, ankündigend in der Pressemitteilung der Bundesnetzagentur freundlich formuliert lautet:
"Bundesnetzagentur lässt erstmalig Trusted Flagger für Online-Plattformen in Deutschland zu."
Zu den anvisierten Zielen der Erkennung, Wertung, Kritik und möglicher Abmahnung und Bestrafung von individuellen Äußerungen, "vor allem in sozialen Netzwerken und Video-Plattformen wie Facebook, X, Instagram, TikTok, YouTube und Telegram", heißt es:
"Die Bundesnetzagentur hat heute den ersten Trusted Flagger, einen vertrauenswürdigen Hinweisgeber, gemäß dem Digital Services Act (DSA) zugelassen. Die Meldestelle REspect! der Stiftung zur Förderung der Jugend in Baden-Württemberg mit Sitz in Sersheim erhielt heute diese Zulassung. Die Meldestelle war die erste Organisation, die einen Zulassungsantrag bei dem Digital Services Coordinator (DSC) in der Bundesnetzagentur eingereicht hatte."
Der Rechtsexperte Joachim Steinhöfel erklärt forciert anmahnend zu dem regierungsfinanzierten Meldeportal REspect!:
"Die steuergeldfinanzierte Einrichtung von 'vertrauenswürdigen Hinweisgebern' ist eine rechtsstaatliche und verfassungsrechtliche Perversion. Für Straftaten sind Polizei und Staatsanwaltschaften zuständig, beide notorisch unterfinanziert. Statt das Geld in rechtsstaatliche Institutionen zu investieren, landet es bei fragwürdigen staatlichen Vorfeldorganisationen."
Der Grünen-Politiker Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur und kommissarischer Leiter des DSC, erläutert demgegenüber in der Pressemitteilung zu den Aufgaben der Meldestellen:
"Mit der Zulassung des ersten Trusted Flaggers setzen wir die europäischen Regelungen in Deutschland konsequent um. Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden. Das hilft, das Internet sicherer zu machen."
Der Staatsrechtler Volker Boehme-Neßler gab der Online-Plattform Nius warnend zu Protokoll:
"Wir schaffen uns mit dem DSA-Meldesystem eine Denunziations-Gesellschaft. Statt ausgebildeter Polizisten und Juristen sollen jetzt Laien in Meldestellen darüber entscheiden, ob Meinungsäußerungen ihrer Ansicht nach rechtswidrig sind."
Das Aufgabenfeld der REspect!-Mitarbeiter lautet offiziell:
"Der Fokus liegt auf Identifizierung von Hassrede, terroristischer Propaganda und anderen gewalttätigen Inhalten, die in deutscher, englischer und arabischer Sprache verbreitet werden."
Die Deutungshoheit der inhaltlichen Einschätzung, die Auswertung und Bewertung von subjektiven Wahrnehmungen im Rahmen von Artikel 5 des Grundgesetzes, obliegt damit ab sofort einer regierungszuarbeitenden, befangenen Organisation, die schon allein aus reinem Erhaltungstrieb dienlich "bedenkliche Inhalte" erkennen, markieren und melden wird.
Der Blogger Hadmut Danisch, Anfang 2022 persönlich Opfer einer willkürlichen Anzeige von der "Meldestelle REspect!", diese formuliert mit der Unterstellung, die Grünen-Politikerin Ricarda Lang fälschlich und beleidigend als "dick" bezeichnet zu haben, erklärte in einem Blog-Beitrag zu seinen Erfahrungen mit den jüngst gekürten "vertrauenswürdigen Hinweisgebern":
"Sagen wir es so: Ich halte die – REspect! – mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine gemeinsame Tarnorganisation der Grünen und des Verfassungsschutzes, die nach Zivilrecht aussehen soll."
Offiziell lautet der schwammige Kampfauftrag gegen willkürlich gestempelte, also missliebige Bürger samt ihren unerwünschten Meinungsäußerungen:
"Der Fokus liegt auf Identifizierung von Hassrede, terroristischer Propaganda und anderen gewalttätigen Inhalten, die in deutscher, englischer und arabischer Sprache verbreitet werden […]"
Die nüchterne Realität der unantastbaren Deutungshoheit samt Abstrafungsanordnung lautet ab sofort:
"Trusted Flaggers – [also Organisationen wie REspect!, aber auch die Amadeu Antonio Stiftung, der Volksverpetzer oder HateAid 'stärkt die Demokratie im digitalen Raum'] – spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des Digital Services Act, um illegale Inhalte im Netz wirksam zu bekämpfen. Diese Organisationen verfügen über besondere Expertise und Erfahrung bei der Identifizierung und Meldung rechtswidriger Inhalte. Plattformen sind gesetzlich verpflichtet, Meldungen von Trusted Flaggern prioritär zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen wie beispielsweise die Löschung der Inhalte zu ergreifen."
Wie bereits bei den restriktiven Vorgaben an die Bürger in der "Corona-Krise", als ein Testballon des Bürgergehorsams unter künstlichen, also rein politisch eingeforderten, erschwerten Lebensbedingungen, lautet es in der Pressemitteilung erneut in Orwell anmutender Formulierungsperfektion:
"Der Digital Services Act setzt neue, einheitliche Standards für ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld und schützt die Rechte der Nutzer im Internet."
Die wörtliche Formulierung zum Thema drohender willkürlicher Zensur von Inhalten wird gekrönt mit dem Verweis der "Entfernung" von Beiträgen in Form "sehr schneller" Umsetzung "ohne bürokratische Hürden".
Der Strafrechtler Udo Vetter erkennt alleinig, dass diese Form von "Meldestruktur damit staatlich legitimiert ist", um nüchtern zu resümieren:
"Es ist im Prinzip eine Zensur durch die Zensurbehörde – nicht mehr durch die Hintertür, sondern man marschiert durch den Vordereingang. Wir haben es mit einem geschaffenen Meinungs-TÜV zu tun. Wenn der TÜV gerufen wird und keine Plakette vergibt, wird der Meinungsbeitrag gelöscht."
Der (Alb-)Traum dystopischer Gesellschaftsmodelle rückt damit aus der fiktiven Welt einer Netflix-Serie in die besorgniserregende Realität der Menschen. Was nicht passt, wird per Maustaste, Wimpernschlag oder am Ende körperlicher Gewalt gelöscht und entfernt. Im schlimmsten Falle wird der Verursacher und Störenfried in fensterlose Räume gesperrt und/oder eliminiert. Psychisch wie physisch.
"Welcome to the Pleasuredome", wusste die britische LGBTQ+-Band Frankie Goes To Hollywood bereits im Jahr 1984 (kein Verschwörungsmythos!). Den Hinweis auf vollkommen nebensächliche Realitäten der bandinternen sexuellen Neigungen formuliere ich nur, um nicht die netzanalysierenden "Trusted Flagger" der Stunde potenziell in Alarmbereitschaft zu versetzen.
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