"Sächsische Separatisten": Razzia, Festnahmen und Schüsse in Sachsen
In der sächsischen Stadt Grimma hat es am Dienstag eine Razzia bei angeblichen "Sächsischen Separatisten" gegeben, wobei es auch mindestens acht Festnahmen gab und Schüsse gefallen sind.
Nach Angaben des Generalbundesanwaltes, der das Ermittlungsverfahren führt, soll es sich bei den Verdächtigen um eine "mutmaßliche Neonazi-Terrorgruppe" handeln, "Sächsische Separatisten" (abgekürzt "SS") soll die Selbstbezeichnung der 2020 gegründeten Gruppe sein. Außer in Grimma wurde auch in Leipzig, Dresden und an weiteren Orten in Deutschland, Österreich und Polen durchsucht. In Deutschland waren mehr als 450 Polizisten an der Razzia beteiligt.
Medienberichten zufolge wurden insgesamt acht Männer im Alter zwischen 21 und 25 Jahren verhaftet. Der Generalbundesanwalt wirft ihnen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Der Spiegel berichtet unter Verweis auf eigene Recherchen, dass sich unter den Festgenommenen die Brüder Jörg und Jörn S. befinden, die zur Familie eines bekannten Rechtsextremisten aus Österreich gehören sollen.
Verhaftet wurde zudem der sächsische AfD-Politiker Kurt H. Seit Oktober fungierte er als Schatzmeister des sächsischen AfD-Jugendverbands Junge Alternative und ist Stadtrat der Stadt Grimma. H. erlitt bei seiner Festnahme Medienberichten zufolge Schussverletzungen am Kiefer. Der Spiegel berichtet unter Berufung auf Quellen in Sicherheitskreisen, dass bei H.s Verhaftung am Morgen in Grimma Schüsse fielen. Der AfD-Politiker soll bei der Festnahme durch Spezialeinsatzkräfte einen Karabiner ergriffen haben, woraufhin Beamte der Bundespolizei zwei "Warnschüsse" abgegeben hätten.
H. wurde den Angaben zufolge in ein Krankenhaus gebracht und operiert. Lebensgefahr habe nicht bestanden, hieß es. Es sei noch unklar, ob die Verletzung durch ein Projektil aus einer Polizeiwaffe oder aus dem Karabiner des Politikers verursacht wurde.
Der sächsische AfD-Landesverband wies jede inhaltliche oder organisatorische Verbindung zu der Gruppe zurück. Parteisprecher Andreas Harlaß erklärte der Deutschen Presse-Agentur:
"Wir kennen nur die bisherigen Presseberichte zu diesem Vorgang. Unsere Partei steht fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Mit einer solchen mutmaßlich neonazistischen 'Separatistengruppierung' verbindet uns weder inhaltlich noch organisatorisch irgendetwas."
Sollten sich die Vorwürfe gegen den Kommunalpolitiker bestätigen, werde ein unverzüglicher Parteiausschluss vollzogen werden, kündigte Harlaß an.
Die Festgenommenen sollen am Mittwoch Ermittlungsrichtern des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, die über die Anordnung von Untersuchungshaft entscheiden werden. Angaben dazu, ob und gegebenenfalls was bei den Durchsuchungen sichergestellt werden konnte, gab es zunächst nicht.
Insgesamt sollen der Gruppe nach Angaben der Bundesanwaltschaft 15 bis 20 Personen angehört haben. Die Informationen über ihre Gesinnung, die von der Ermittlungsbehörde publik gemacht wurden, legen den Schluss nahe, dass sie zur sogenannten "Prepper"-Szene gehörten. Im Fall eines Zusammenbruchs der Staatsgewalt wollten sie die Kontrolle im Land übernehmen. Zitat aus der Mitteilung der Bundesanwaltschaft:
"Bei dieser Gelegenheit möchte die Gruppierung mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten."
Angeblich plante man auch, "unerwünschte Menschengruppen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend" zu entfernen.
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