Arc8 Extra Air im Test: Luftig-leichtes Enduro-Bike mit Slider-Hinterbau
Arc8 Extra Air im Test: Das Arc8 Extra Air verfügt über 160 mm Federweg an Front wie Heck und rollt auf 29″-Laufrädern. Mit seinem auffälligen Slider-Hinterbau und dem geringen Gesamtgewicht sticht das Schweizer Enduro-Bike aus der Masse hervor. Hier gibt’s unseren Arc8 Extra Air Test.
Steckbrief: Arc8 Extra Air
Einsatzbereich | Enduro |
---|---|
Federweg | 160 mm/160 mm |
Laufradgröße | Mullet (29″/27,5″) |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 13,4 kg |
Rahmengrößen | S, M, L (im Test: M) |
Website | www.arc8bicycles.com |
Preisspanne | 6.799 € bis 8.999 € |
Das Arc8 Extra Air sorgt gleich mit mehreren Details für Aufmerksamkeit. Nicht nur der einzigartige Slider-Hinterbau, sondern auch das ziemlich geringe Gesamtgewicht wecken Begehrlichkeiten. Da das Ganze Hand in Hand mit einer modernen Geometrie und einem schicken Carbon-Rahmen einhergeht, war für uns bereits schnell nach dem Release klar: Dieses Enduro-Bike müssen wir unbedingt testen.
Gesagt, getan. Unser Testbike mit 29″-Laufrädern und 160 mm Federweg an Front und Heck lässt ausstattungstechnisch wenige Wünsche offen und pendelt sich mit Rahmengröße M auf der Waage bei 13,4 kg ein. Preislich liegt das Extra Air in dieser Konfiguration bei 7.999 €. Neben dem von uns getesteten Extra Air bietet Arc8 das Extra auch in einer etwas abfahrtslastigeren Coil-Variante zum Kauf an. Diese setzt auf eine 170 mm Federgabel, den namensgebenden Stahlfeder-Dämpfer und ein Mullet-Setup. Beide Versionen teilen sich allerdings die gleiche Rahmenplattform.
Video: Arc8 Extra Air im Test
Im Detail
Dass das Arc8 Extra ein besonderes Enduro-Bike ist, dürfte dem geneigten Leser bereits beim Betrachten des Titelbilds und spätestens nach dem Lesen des ersten Absatzes klar geworden sein. Das größte Alleinstellungsmerkmal und den absoluten Eyecatcher stellt dabei zweifelsohne das Dual-Pivot-Hinterbau-System dar. Arc8 geht hier gänzlich andere Wege als die Konkurrenz. Statt zahlreicher Lagerpunkte und Umlenkhebel kommt hier eine Linearführung zum Einsatz. Diese steuert den Dämpfer an und soll dabei einen unendlich langen Umlenkhebel simulieren. Dadurch soll sich der Dual-Pivot-Hinterbau besonders gut auslegen lassen.
Doch damit nicht genug: Auch den bei Mehrgelenkern nötigen Lagerpunkt in der Nähe der Hinterrad-Achse hat Arc8 wegrationalisiert. Seinen Job sollen flexende Sitzstreben erledigen. Die mit Slider und Flexstreben einhergehenden Einsparmaßnahmen bei Hardware und Lagern machen sich natürlich auch im Rahmengewicht bemerkbar. Obwohl der Arc8 Extra-Rahmen ASTM5-zertifiziert ist, bringt er lediglich 2.030 g ohne Dämpfer auf die Waage.
Am einzigen richtigen Lagerpunkt des Arc8, am Hauptlager, findet sich ein Flip Chip, der es ermöglicht, das Bike wahlweise mit 29″- oder Mullet-Laufrädern zu fahren. Der Flip Chip wirkt sich außerdem auf die Kinematik aus. Im 27,5″-Setting ist der Hinterbau etwas progressiver und bietet außerdem 165 mm am Heck, die mit 170 mm vorne kombiniert werden.
Dazu gibt’s einen Kofferraum im Unterrohr, eine interne Zugführung, die nicht durch den Steuersatz geht, und einen ausführlichen Rahmenschutz an Unterrohr und Kettenstreben. Die Kofferraumklappe bietet zudem Platz für Flaschenhalter. In den Rahmen passen Standard 0,5 Liter Trinkflaschen oder 0,59 Liter Fidlock-Flaschen. Ebenfalls mit von der Partie sind eine serienmäßig montierte Kettenführung, SRAMs UDH Standard und ein geschraubtes Tretlager.
Geometrie
Arc8 bietet das Extra in drei Rahmengrößen von S bis L zum Kauf an. Alle drei teilen sich flache Lenkwinkel, steile Sitzwinkel, viel Stack und vor allem üppige Reach-Werte. Letztere fallen beim Extra so groß aus, dass wir uns entgegen unserer gewöhnlichen Präferenz von L-Rahmen für die etwas kompaktere Größe Medium entschieden haben. Abgerundet wird die Geometrie durch mitwachsende Kettenstreben und ein ziemlich tiefes Tretlager.
Rahmengröße | S | M | L |
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Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 446 mm | 476 mm | 506 mm |
Stack | 627 mm | 641 mm | 659 mm |
STR | 1,41 | 1,35 | 1,30 |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel, effektiv | 78,5° | 78,5° | 78,5° |
Oberrohr | 574 mm | 606 mm | 640 mm |
Oberrohr (horiz.) | 574 mm | 606 mm | 640 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 115 mm | 135 mm |
Sitzrohr | 380 mm | 400 mm | 440 mm |
Kettenstreben | 442 mm | 445 mm | 448 mm |
Radstand | 1.233 mm | 1.273 mm | 1.314 mm |
Tretlagerabsenkung | 42 mm | 42 mm | 42 mm |
Einbauhöhe Gabel | 575 mm | 575 mm | 575 mm |
Gabel-Offset | 44 mm | 44 mm | 44 mm |
Federweg (hinten) | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Federweg (vorn) | 160 mm | 160 mm | 160 mm |
Ausstattung
Das Arc8 Extra Air ist in drei Ausstattungsvarianten für Preise zwischen 6.799 € und 8.999 € erhältlich. Neben den Komplettbikes wird zudem noch ein Rahmenset zum Kauf angeboten. Dieses kommt ohne Dämpfer, aber mit Steuersatz und kostet 3.499 €.
Die von uns getestete Fox Factory / GX AXS-Variante schlägt preislich mit 7.999 €. Für diese Stange Geld bekommt man ein Fox Factory-Fahrwerk, DT Swiss Alu-Laufräder, Shimano XT-Bremsen und einen SRAM GX Transmission-Antrieb. Für die nötige Beinfreiheit ist eine Fox Transfer Factory-Variostütez mit 175 mm Hub Zuständig. Den nötigen Grip soll eine Maxxis-Reifenkombination aus Dissector und Minion DHF liefern.
Die Lenkzentrale dominiert die hauseigene Lenker-Vorbaukombination namens Baslerstab. Obwohl das Mono-Cockpit nach einem extrem kurzen Vorbau aussieht, stehen hier 50 mm Reach zur Verfügung.
- Federgabel Fox 36 Factory (160 mm)
- Dämpfer Fox Float X Factory (160 mm)
- Antrieb SRAM GX Transmission
- Bremsen Shimano XT
- Laufräder DT Swiss EX1700 Spline
- Reifen Maxxis Minion DHF Exo Maxxterra / Maxxis Dissector Exo+ Maxxterra
- Cockpit Faserwerk Baslerstab (800 mm x 50 mm)
- Sattelstütze Fox Transfer Factory (175 mm)
Auf dem Trail
Beim Blick auf die Eckdaten ist es wenig verwunderlich, dass das Arc8 Extra bergauf ziemlich flink unterwegs ist. Das Gesamtgewicht von nur 13,4 kg kann sich im Vergleich mit der in der Regel deutlich beleibteren modernen Enduro-Konkurrenz mehr als nur sehen lassen. Und auch in der Gegenüberstellung mit aktuellen Trail-Bikes macht das Extra wahrlich keinen schlechten Schnitt.
Zusammen mit der sehr gut rollenden Reifenkombination aus Maxxis Dissector und Minion DHF, jeweils mit Maxxterra-Gummimischung, sorgt dies für jede Menge Vortrieb und Spritzigkeit. Sowas bekommt man an Enduro-Bikes äußerst selten geboten. Bergauf ist das Extra Air richtig schnell. Auch die Sitzposition ist ausgesprochen gefällig. Mit einer Körpergröße von um die 1,84 cm sitzt man hier eher kompakt und aufrecht, aber auch nicht zu aufrecht. So fühlt sich das Arc8 auch auf langen Touren sehr bequem an und man kann hier richtig Kilometer machen.
Ein kleiner Wermutstropfen steuert aber der Hinterbau bei. Dieser wippt bei hohen Trittfrequenzen nämlich etwas störend. Dabei federt der Dämpfer allerdings nicht wirklich viel ein und man hat nicht das Gefühl, dass hier Vortriebsenergie verloren geht. Vielmehr scheint sich das Bike eher in Schwingung zu versetzen. Auch die Zuhilfenahme des Climb Switch-Hebels minimiert diese Symptomatik nur. Dennoch ist das Extra Air bergauf echt gut unterwegs.
Bergab macht sich direkt die abfahrtslastige Geometrie direkt bemerkbar. Man fühlt sich dank des hohen Stacks und des ziemlich tiefen Tretlagers perfekt ins Bike integriert. Der flache Lenkwinkel und die gute Balance-Verteilung dank 475 mm Reach und 445 mm langen Kettenstreben erledigen den Rest. Das Arc8 verleiht viel Sicherheit, verfügt über ein intuitives Handling und fühlt sich für uns einfach richtig gut an. Auch die integrierte Lenker-Vorbau-Kombination ist ergonomisch gut gelungen.
Leider bekommt dieses Sicherheits-Empfingen erste Risse, wenn man in einen feuchteren Trail mit tiefem Boden einbiegt. Die Reifenkombination, die im Uphill noch für rasante Geschwindigkeiten gesorgt hat, kommt hier nämlich schnell an ihre Grenzen. Aufgrund der eher für trockene Böden ausgelegten Profile und der harten Maxxterra-Gummimischung fehlt hier nämlich Grip an allen Ecken und Enden. Auf unseren feuchten Herbst-Trails wurde die Fahrt auf dem Extra so stellenweise zu einem echten Ritt auf der Rasierklinge.
Hinzu kommt, dass das Fahrwerk des Extras eher auf der straffen Seite zu verorten ist und das Arc8 insgesamt nicht ganz so satt auf dem Trail liegt, wie man es erwarten könnte. Dadurch wird man in Offcamber-Sektionen gerne mal ungewollt versetzt und man bekommt manchmal mehr Feedback vom Trail, als einem lieb ist. Wir würden hier definitiv empfehlen, griffigere Reifen mit besser dämpfenden Karkassen zu verbauen.
Nimmt man allerdings kurz das Messer zwischen die Zähne und gibt dem Extra trotz nasser Wurzeln und rutschigen Offcamber-Passagen kompromisslos die Sporen, wird man mit einem Aha-Effekt belohnt. So funktioniert das Extra richtig gut und wird gefühlt immer schneller. Das Bike fühlt sich jetzt ausbalanciert und stabil an und generiert richtig viel Geschwindigkeit. Während das Arc8 für eher passivere Fahrer also nur bedingt geeignet ist, blüht es bei aktiver Fahrweise so richtig auf. Hier machen sich abermals das geringe Gesamtgewicht und der poppige Hinterbau bezahlt. Rumspielen, Linien wechseln, durch Pushen Speed generieren oder das nächste Wurzelgap in Angriff nehmen ist genau die Kernkompetenz des grazilen Carbon-Bolidens.
Neben den Reifen gibt es noch eine zweite Anpassung, die wir gerne an der Ausstattung vornehmen würden, nämlich eine 170er-Federgabel verbauen. Und zwar nicht, weil uns hier Federweg gefehlt hätte oder wir unbedingt einen noch flacheren Lenkwinkel gebraucht hätten, sondern einfach, weil das Tretlager des Arc8 mit 160 mm Federgabel ziemlich tief ist. Hier muss man sehr aufpassen, dass man nicht ungewollt mit den Pedalen den Boden pflügt.
Das ist uns aufgefallen
- Reifenwahl Gerade für den Herbst, aber auch allgemein für ein Bike mit so viel Federweg, ist die Reifenwahl aus Maxxis Minion DHF und Dissector mit Maxxterra-Gummimischung und Exo bzw. Exo+ Karkasse unserer Meinung nach nicht wirklich gut geeignet. Griffigere und besser dämpfende Reifen sind unserer Meinung nach ein sehr sinnvolles Tuning.
- Gewicht Das Arc8 ist eines der leichtesten abfahrtslastigen Bikes, das wir in letzter Zeit in den Fittichen hatten. Sicherlich auch bedingt durch das außergewöhnliche Hinterbau-Konzept konnte hier ordentlich Gewicht eingespart werden.
- Tiefes Tretlager Das Tretlager des Arc8 Extra Air fällt richtig tief aus. Hier muss man hin und wieder aufpassen, wenn man nicht den Boden pflügen will.
- Downsizing Mit Körpergrößen von um die 184 cm liegen wir bei Arc8 nahezu auf der Grenze der Größenempfehlung zwischen M und L, jedoch mit einer Tendenz zu L. Aufgrund des sehr üppigen Reaches der L-Variante haben wir uns aber dennoch für M entschieden und sind mit dieser Entscheidung sehr glücklich.
- Trinkflasche & Kofferraum Das Arc8 Extra verfügt über einen Kofferraum im Unterrohr, in dessen Deckel eine Flaschenhalter-Aufnahme integriert ist. Will man Trinkflaschen mit mehr als 500 ml Volumen verbauen, wird es im Rahmen allerdings eng. Gleiches gilt, wenn man zusätzlich noch einen Pumpenhalter montieren möchte. Mit Pumpe und voller Flasche hängt dann allerdings sowieso zu viel Gewicht an der Kofferraumklappe, wodurch diese zu klappern anfängt.
- Extra Coil vs. Extra Air Beide Bikes teilen sich die gleiche Rahmenplattform, unterscheiden sich allerdings hinsichtlich Ausstattung und Laufradgröße. Auch wenn wir den Ansatz verstehen, die Air-Variante mit leichteren Reifen und einer 160 mm-Federgabel etwas mehr in Richtung Tourenfahren zu trimmen, denken wir, dass diese Anpassung das Bike zu weit beschneiden und negative Effekte mit sich bringen. Auch mit etwas dickeren Reifen dürfte das Arc8 bergauf immer noch problemlos zu den schnellsten Enduro-Bikes auf dem Markt zählen. Die 10 mm mehr Federweg an der Front hingegen dürften gerade im technischen Uphill sogar Vorteile durch die zusätzliche Bodenfreiheit mitbringen.
Fazit – Arc8 Extra Air
Das Arc8 Extra überzeugt mit seiner Spritzigkeit, dem äußerst geringen Gesamtgewicht und seinem, agilen poppigen Fahrverhalten. Zudem generiert das Enduro-Bike auf dem Trail richtig viel Geschwindigkeit. Allerdings liegt der grazile Carbon-Bolide mit dem Slider-Hinterbau nicht ganz so satt auf dem Trail, wie wir es uns gewünscht hätten. Zudem kommen die verbauten Reifen bei feuchten Bedingungen sehr schnell an ihre Grenzen.
Arc8 Extra Air Pro / Contra
Pro
- geringes Gesamtgewicht
- agiles und direktes Fahrverhalten
- generiert richtig viel Geschwindigkeit
- einzigartiges Hinterbau-Design
Contra
- schmalbrüstige Reifen mit zu wenig Grip
- Hinterbau wippt bei hoher Trittfrequenz
- sattes Fahrgefühl bleibt aus
Wie gefällt euch das Arc8 Extra Air mit seinem Slider-Hinterbau?
Testablauf
Wir konnten das Arc8 Extra Air knapp zwei Monate lang auf unseren Hometrails im Taunus und in Bad Kreuznach testen. Dabei wurden sämtliche Höhenmeter aus eigener Kraft zurückgelegt.
Hier haben wir das Arc8 Extra Air getestet
- Bad Kreuznach, Rheinland-Pfalz: Teils naturbelassene und loamige Strecken auf eher weichem Waldboden, teils auch gebaute Strecken mit Kurven, Sprüngen und Drops
- Taunus, Hessen: Abwechslungsreiche und teilweise wurzelige Trails bei eher feuchten Bedingungen
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
Körpergröße | 186 cm |
Schrittlänge | 85 cm |
Oberkörperlänge | 61 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 93 kg |
- Fahrstil
- Räder auf dem Boden, saubere Linienwahl
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- relativ straff mit viel Dämpfung, Heck eher langsam
- Vorlieben bei der Geometrie
- mittellanges Oberrohr, hoher Stack, lange Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 88 cm |
Oberkörperlänge | 65,5 cm |
Armlänge | 62 cm |
Gewicht | 83 kg |
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter rebound, wenig compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang