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Söder greift Kanzler Scholz an: "Finde das für einen Kanzler peinlich"

CSU-Chef Söder ist um klare Worte eigentlich nicht verlegen. Nun attestiert er dem Kanzler, sich im Ton vergriffen zu haben. Dann holt er selbst zum Schlag gegen eine Kollegin aus. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder gilt als ein Politiker, der auch die Sprache der einfachen Leute spricht. Über ihn heißt es, er könne die Menschen in den Bierzelten bewegen. Söder besucht gern Volksfeste. Im vergangenen Jahr waren es 100 solcher Auftritte in nur zehn Monaten, wie die "Bild" ausrechnete. Er selbst hält die Bierzeltrede für die schwierigste Form der politischen Kommunikation. Dass nun auch Olaf Scholz eine gewisse Volksnähe an den Tag legte, als er die Kritik von CDU-Chef Friedrich Merz kurzerhand als "Tünkram" bezeichnete, findet Söder aber gar nicht gut. "Also ich finde das für einen Kanzler echt peinlich", sagte der CSU-Chef am Dienstag in der Sendung "RTL direkt". Merz hatte Scholz mangelnde Präsenz im Kreise der EU-Staatschefs vorgeworfen und behauptet, diese hätten gar keine Lust mehr, mit dem SPD-Kanzler zusammenzuarbeiten. Darauf hatte Scholz am Montag im Parlament unter anderem auf Plattdeutsch gekontert . "Fritze Merz erzählt Tünkram", so der Regierungschef über den Oppositionsführer. Söder: "Geht natürlich nicht nur mit Samthandschuhen" Scholz' Replik hält der bayerische Ministerpräsident für unangemessen, wie er RTL-Moderatorin Pinar Atalay sagte. Man erwarte von einem Bundeskanzler eine andere Form des Umgangs miteinander. "Man möchte ja auch nicht, dass zum Beispiel Namen verunglimpft werden. Das bringt man eigentlich seinen Kindern bei, in der Schulklasse", so Söder. Dass er selbst gerne deutliche Worte wählt, ist für ihn offenbar kein Problem. "Natürlich ist ein Wahlkampf eröffnet. Und natürlich geht es auch nicht nur mit Samthandschuhen." Erst vor einigen Tagen hatte Söder für Empörung gesorgt, als er bei einem Besuch in Warschau den berühmt gewordenen Kniefall Willy Brandts vor dem Denkmal für die Helden des Aufstands im Warschauer Ghetto nachgestellt hatte. Zahlreiche Kritiker warfen Söder vor, die historische Dimension der Geste ins Lächerliche zu ziehen. Brandts spontane Geste im Jahr 1970 wurde als symbolische Anerkennung der deutschen Schuld am Holocaust und der Verbrechen der Deutschen Wehrmacht in Polen gedeutet. Sie gilt als eine der Grundlagen für die erfolgreiche Ostpolitik der Regierung Brandt und die Aussöhnung mit Polen in der Hochzeit des Kalten Krieges. Steinbrück: "Irgendwelche Synapsen nicht richtig verdrahtet" Söder hatte im Anschluss an seinen eigenen Besuch am Denkmal einen Weihnachtsmarkt in Warschau besucht und davon ein Foto mit einer polnischen Bratwurst bei Instagram gepostet. "Schmeckt super!", stand unter dem Beitrag zu lesen. Die Abfolge der Ereignisse stieß den Kritikern ebenfalls auf. "Das ist eine der größten Geschmacklosigkeiten, die ich von einem deutschen Politiker in den letzten Jahren erlebt habe", sagte etwa der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) in der ARD-Sendung "Caren Miosga". "Da sind irgendwelche Synapsen nicht richtig verdrahtet bei dem Mann". Auch die Beauftragte für Kultur und Medien der Bundesregierung , Claudia Roth , zeigte sich erschüttert von Söders Vorgehen. Dessen Kniefall vor dem Denkmal sei ein "absoluter Tiefpunkt". Roth bescheinigte ihrem CSU-Kollegen darüber hinaus "pathologische Hetze" gegen die Grünen, also krankhafte Züge in seiner Kritik an der Partei. Darauf angesprochen, sagte Söder nun bei "RTL": "Wenn es einen absoluten Tiefpunkt der Regierung gegeben hat und eine echte Fehlbesetzung in diesen ganzen drei Jahren, dann ist das wirklich Claudia Roth. … Wir brauchen eine neue Regierung ohne Grüne und ganz besonders ohne Claudia Roth." Spörl: Söders Meinung kann sich schnell ändern Auch der neue Grünen-Parteichef Felix Banaszak hatte am Dienstagmorgen bereits auf die andauernden Angriffe Söders auf die Grünen reagiert. "Ich kann Markus Söder nicht besonders ernst nehmen. Aber ich glaube, das habe ich mit ihm gemeinsam", sagte Banaszak bei "n-tv". "Herr Söder muss sich fragen, welche Verantwortung er eigentlich hat. Wir leben ja gerade in schwierigen Zeiten. Menschen machen sich Sorgen darum, ob sie am Ende des Monats eigentlich ihre Gasrechnungen noch zahlen können". Und weiter: "In einer solchen Zeit die zentrale Botschaft zu haben: Die Grünen sind doof. Also damit gewinnt man vielleicht das Bierzelt, aber nicht die Zukunft." Söder warnte jüngst verstärkt vor einer möglichen schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl. In dieser Frage übte er auch Druck auf CDU-Chef Merz aus; dieser hatte zuletzt immer mal wieder gewisse Sympathien für grüne Inhalte und Projekte angedeutet. Söder schießt dagegen seit Monaten schon scharf gegen ein schwarz-grünes Bündnis, bezeichnete eine solche Koalition als "absolutes No-Go". Allerdings könne sich Söders Meinung auch so schnell wieder ändern, "wie sich der Wind dreht", meint t-online-Kolumnist Gerhard Spörl .

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