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Syrien: Kurden droht nach Sturz von Assad der Machtverlust

Die Machtübernahme in Syrien wirft neue Fragen auf, insbesondere für die Kurden im Norden des Landes. Ihnen droht große Gefahr aus der Türkei. Die Konsequenzen des Umsturzes in Syrien lassen sich noch nicht abschätzen. Aber in einem sind sich Experten einig: Zu den Verlierern der Machtübernahme der eigentlich islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) könnten die Kurden im Norden Syriens gehören. Deren autonome Strukturen sind bedroht. Und der Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad könnte zu einem stärkeren Einfluss der Türkei führen, nicht zuletzt auch wegen des anstehenden Machtwechsels in den USA . Denn der neue Präsident Donald Trump könnte nach Ansicht von Experten und westlichen Regierungsvertretern die Unterstützung der Kurden überdenken. "Die Kurden befinden sich in einer misslichen Lage", sagt Joshua Landis, Syrien-Experte an der University of Oklahoma. Sobald die HTS ihre Macht in Damaskus gesichert habe, werde sie versuchen, das Land zu zentralisieren. Die Lage in Nordsyrien ist verworren. Bislang wurden die von der kurdischen YPG geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) vor allem von den USA, aber auch von Deutschland im Kampf gegen den extremistischen Islamischen Staat unterstützt – und das relativ erfolgreich, denn der IS ist weitgehend in der Defensive. Krise im Nahen Osten: Alle Entwicklungen im Newsblog Die Türkei aber sieht die YPG als Teil der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die seit 1984 einen Aufstand gegen den türkischen Staat führt und von der Türkei, den USA und anderen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird. Daher wird die Syrische Nationalarmee SNA, die ebenso mit der YPG verfeindet ist, von der Türkei militärisch unterstützt. Und in den Tagen nach Assads Sturz konnte die SNA Gewinne gegen die SDF verbuchen. Baerbock: "Ist auch im Sicherheitsinteresse von uns" Nicht zuletzt deswegen reiste Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Freitag nach Ankara , um die Lage in Nordsyrien mit der türkischen Regierung zu besprechen. Nach einem Treffen mit Außenminister Hakan Fidan betonte die Ministerin, dass alle bewaffneten Gruppen in Syrien entwaffnet werden und in die staatlichen Sicherheitsstrukturen integriert werden müssten. "Dies ist auch im Sicherheitsinteresse von uns und der internationalen Gemeinschaft insgesamt", sagte Baerbock bei einer anschließenden Pressekonferenz, allerdings ohne Fidan. Der ließ nach dem Treffen mit Baerbock lediglich ausrichten, dass die kurdischen Gruppen in Syrien entwaffnet und zerschlagen werden müssten. Baerbock wiederum warnte die türkische Regierung vor einem militärischen Eingreifen in Syrien. "Die Sicherheit gerade auch von Kurdinnen und Kurden ist essentiell für eine freie und sichere Zukunft Syriens", sagte sie. "Und es war gut zu hören, dass dies auch der türkische Außenminister so sieht." Auch deshab habe sie in ihren Gesprächen in Ankara "sehr, sehr deutlich gemacht, dass unsere gemeinsamen Sicherheitsinteressen nicht durch eine Eskalation mit den Kurden in Syrien gefährdet werden dürfen". Die Kurden in Syrien waren jahrelang von Assad und seiner regierenden Baath-Partei unterdrückt worden. Jetzt biete sich die Chance, das zersplitterte Land wieder zusammenzuführen, sagte Fanar al-Kait, ein hochrangiger Beamter der von Kurden geleiteten regionalen Verwaltung, der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings, warnte er zugleich, die türkische Regierung habe "sehr schlechte Absichten". Das zeigen zumindest Äußerungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan , der parallel zu Baerbocks Besuch in Ankara am Freitag forderte, die kurdischen Gruppen in Syrien auszulöschen. Er erwarte, dass ausländische Staaten ihre Unterstützung etwa für die YPG einstellten, sagte Erdogan offenbar auch an die Adresse der USA. Ein türkischer Regierungsvertreter sagte zu Reuters, die Ursache des Konflikts in Nordsyrien liege nicht im Vorgehen der Regierung in Ankara, sondern vielmehr darin, dass die PKK/YPG eine Terrororganisation sei. "Die PKK/YPG-Elemente müssen die Waffen niederlegen und Syrien verlassen", sagte er. HTS-Anführer: "Teil unseres Volkes" SDF-Kommandant Mazloum Abdi räumte in einem Interview mit Reuters am Donnerstag erstmals ein, dass sich PKK-Kämpfer in Syrien aufhielten. Sie hätten im Kampf gegen den Islamischen Staat geholfen und würden im Falle eines umfassenden Waffenstillstands mit der Türkei in ihre Heimat zurückkehren. Organisatorische Verbindungen zur PKK bestritt er jedoch. In Damaskus zeigt sich die neue Führung unter der HTS unterdessen offen für die Positionen der Türkei und signalisiert, ganz Syrien wieder unter eine zentrale Autorität zu bringen. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa sagte dem britischen Sender BBC, dass die Kurden "Teil unseres Volkes" seien und es "keine Teilung Syriens geben sollte". Die türkische Regierung wiederum hat ein distanziertes Verhältnis zur HTS. Einerseits wird diese von Ankara wegen ihrer ursprünglichen Verbindung zur Extremistenorganisation Al-Kaida als Terrororganisation eingestuft. Dennoch wird weithin angenommen, dass die HTS ohne türkische Unterstützung Assad kaum hätte stürzen können, schon gar nicht in diesem Tempo. So sagte HTS-Kommandeur Scharaa einer türkischen Zeitung, dass der Sturz Assads "nicht nur ein Sieg des syrischen, sondern auch des türkischen Volkes" sei. Ein türkischer Regierungsvertreter sagte indes, die HTS habe niemals unter der Kontrolle Ankaras gestanden. Es handele sich lediglich um eine Struktur, mit der man "aufgrund der Umstände" kommuniziere. Andere westliche Staaten täten dies ebenfalls. Auch die Bundesregierung hatte am vergangenen Dienstag mit Vertretern aus dem Auswärtigen Amt und dem Ministerium für Entwicklungshilfe erstmals mit HTS-Vertretern in Damaskus gesprochen. Im Anschluss hieß es, man erwarte von der HTS den Schutz von Minderheiten und die Einhaltung demokratischer Prinzipien. Daran werde sich die Miliz messen lassen müssen. Jetzt befürchten die Kurden einen Einmarsch türkischer Truppen Die von der Demokratischen Union Partei (PYD) und der damit verbundenen YPG-Miliz angeführten syrischen Kurden kontrollieren seit dem Aufstand gegen Assad im Jahr 2011 einen Großteil des Nordens. Sie gründeten ihre eigene Verwaltung und betonten, dass ihr Ziel Autonomie und nicht Unabhängigkeit sei. Ihre Politik, die Sozialismus und Feminismus hervorhebt, steht im starken Kontrast zum Islamismus der HTS. Ihr Gebiet wuchs, als die von den USA geführten Streitkräfte sich mit den SDF im Kampf gegen den Islamischen Staat verbündeten und arabisch kontrollierte Gebiete eroberten. Jetzt befürchten die Kurden einen Einmarsch türkischer Truppen nach Nordsyrien. Die führende syrisch-kurdische Vertreterin Ilham Ahmed warnte unlängst, die Türkei plane einen Einsatz noch vor Amtsantritt von Trump am 20. Januar. Der Plan der Türkei berge die Gefahr, "jahrelange Fortschritte bei der Sicherung von Stabilität und der Bekämpfung des Terrorismus zunichte zu machen". Trump habe aber die Macht, diese Katastrophe zu verhindern. Der Übergangssprecher Trumps, Brian Hughes, sagte darauf angesprochen lediglich: "Wir beobachten weiterhin die Situation in Syrien. Präsident Trump ist entschlossen, Bedrohungen für Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu verringern und Amerikaner hier zu Hause zu schützen."

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