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Die Reformer sind ernüchtert

Was bleibt vom Maidan-Aufstand? Die Justiz in der Ukraine ist verfilzt wie eh und je, der Einfluss der Oligarchen ungebrochen. Deren Geld prägt auch die Regionalwahl am Sonntag.

Von Cathrin Kahlweit, Kiew

 

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Heute hat die patriotische Begeisterung spürbar abgenommen - auch, weil der Waffenstillstand im Donbass weitgehend hält. 

(Foto: Alexander Ermochenko/dpa)

Der Künstler, ein schweigsamer Maler aus der Westukraine, hält sich bescheiden im Hintergrund, während sein begeisterter Sponsor die Ausstellung erklärt: Es gehe hier um eine Lektion in Patriotismus und Heldentum. Die Halle von der Höhe eines Kirchenschiffs ist gefüllt mit mannshohen Gemälden in Pastellfarben, die mittelalterliche Schlachten zeigen - das Gefecht an den blauen Wassern von 1362 etwa oder Tannenberg 1410, vorzugsweise aber Kämpfe, in denen das russische Heer oder die mongolischen Horden von einem todesmutigen Gegner in Unterzahl besiegt wurde. Nur drei Tage lang habe er das Ukrainische Haus, ein Veranstaltungszentrum in der Nähe des Maidan, mieten können, ruft der Sponsor, mehr sei einfach zu teuer gewesen. Aber die Welt solle sehen, dass es immer wieder die Völker im Osten gewesen seien, die den Ansturm der Russen auf Europa aufgehalten hätten: Litauer, Polen - und jetzt natürlich die Ukrainer.

Die Kiewer haben andere Sorgen. Draußen in der sonnenbeschienenen Hauptstadt interessiert sich niemand für Bilder von reitenden Kosaken und blutverschmieren Schwertern, auch wenn das Land den "Tag der Verteidiger der Ukraine" begeht - ein neuer Feiertag, der die sowjetische Tradition des "Tages der Vaterlandsverteidiger" ersetzt. Der Krieg im Donbass und der heldenhafte Kampf der eigenen Truppen sind längst nicht mehr das vordringliche Thema im Land. Zwar kostet der Konflikt im Osten immer noch sehr viel Geld, aber zuletzt sind keine ukrainischen Soldaten mehr gefallen, die Waffen schweigen weitgehend.

Das Bedrohungsgefühl weicht

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Den Donbass zurückerobern oder auch nur halten: Das steht, mehr oder minder kämpferisch, offiziell auf der Tagesordnung aller Parteien. Aber in einer Zeit, in der in ganz Europa Zäune wieder in Mode zu kommen scheinen, steigt auch die Zahl der Ukrainer, die am liebsten einfach einen Zaun um die besetzten Gebiete ziehen und die Menschen dort sich selbst und ihrem Helden Wladimir Putin überlassen würden. "Die haben sich das doch selbst ausgesucht und wollen gar nicht mehr integriert werden", ist an den Stammtischen und Bürotischen in der Hauptstadt zu hören. "Die hassen uns. Warum sollen wir also jetzt den Wiederaufbau bezahlen, nur weil der Kreml doch nicht zahlen will?"

Selbst die Begeisterung über den moralischen Kampf des ukrainischen David gegen den russischen Goliath, über das Widerstehen im Krieg der Werte, nimmt ab. Sollen die Russen mit ihrem kleinwüchsigen Diktator, ihrer Propaganda und ihren Lügen doch zehnmal sagen, der Westen sei verrottet und die Ukrainer seien alle Faschisten, sei's drum. Das Bedrohungsgefühl eines jederzeit möglichen russischen Einmarsches weicht. Nein, die Kiewer haben stattdessen aus ganz anderen Gründen Angst, dass alles umsonst gewesen sein könnte: der Aufstand, der Umsturz, der Krieg. "Was wir zur Zeit erleben, ist eine moderate Konterrevolution", sagt Dmitri Kuleba, Sonderbotschafter und strategischer Kopf im Außenministerium. "Vor einem Jahr waren die am lautesten, die gerufen haben: Wir müssen uns und das Land neu erfinden. Jetzt melden sich die Leute aus der Ära von Ex-Präsident Janukowitsch zurück, die kein Blut an den Händen haben - und dürfen auch offiziell wieder mitreden. Und mitverdienen."

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