EM 2024: Völlig von den Socken: So war der Fußball-Abend vor dem Fernseher

EM 2024: Völlig von den Socken: So war der Fußball-Abend vor dem Fernseher

Als am Ende eines durchweg unterhaltsamen Fußballabends immer noch mal vom neuen Sommermärchen die Rede ist, reichte es dann auch. Bis dahin jedoch passte alles, von den Toren der deutschen Kicker bis zu den Strümpfen von Katrin Müller-Hohenstein.

Tröööööööööööt! Vor genau 14 Jahren geisterte eine Trompete namens Vuvuzela durch die Fußball-Berichterstattung von der WM in Südafrika – und durch die Gehörgänge in der ganzen Welt. Auch der erste Tag der EM 2024 war dazu angetan, einen gepflegten Tinnitus auszulösen. Die Schotten waren nach München gekommen, von 100.000 Fans war die Rede. Die größte Angst an der Isar: Nicht etwa, dass einem von den ganzen Dudelsäcken das Trommelfell platzt, sondern dass das Bier womöglich nicht reichen könnte. Wieviel die Schotten bereits intus hatten, davon konnte man sich bei einer Schaltung vom ZDF-Sportstudio direkt an den Ort des Geschehens überzeugen. Zu sehen: Amelie Stiefvatter umringt von Fans mit einigen Promille intus, eine wackere Leistung der ZDF-Reporterin. Nimm' das, Paul Ronzheimer! Oder wie es der Scotsman in ihr Mikro stammelte: "Sehr gut, sehr, sehr, sehr, sehr gut, Deutschland!"

Erster Tag der Fußball-Europameisterschaft, die Stimmung also bestens. Wie schnell so etwas kippen kann, das lässt sich aktuell in der Netflix-Doku "Das Euro-Finale: Angriff auf Wembley" nacherleben. Das Endspiel 2021 in London ein sicherheitstechnischer Ausnahmezustand, auch aufgrund der Druckbetankung von zigtausenden Fußballfans, die am Ende versuchten, das Stadion zu stürmen. Was den Tenor in der Berichterstattung rund um das Eröffnungsspiel der Schotten gegen Deutschland anging, regierte der Optimismus. Wird schon nichts passieren, die Kilt-Träger allesamt zwar dudeldickevoll, aber eben auch sehr friedlich, sehr, sehr, sehr, sehr friedlich.FS Einzelkritik

Die Socken von ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein

Anderthalb Stunden vor Anpfiff ging es im ZDF auf Sendung. Im Studio führte Katrin Müller-Hohenstein durchs Programm, ihr zu Seite stand, nein, saß Laura Freigang von Eintracht Frankfurt, eine überaus solide Kombi aus Analyse und Stimmungsbild. Das Studio selbst eine Art Halle mit Live-Publikum, im Mittelpunkt ein Metallsofa von schlichter Eleganz, ein wohltuender Kontrast zum sonst etwas arg cleanen Studiolook der vergangenen Jahre, "Wetten, dass…?" meets Fabriketage. Das konnte sich sehen lassen, ebenso wie Müller-Hohensteins Socken mit Bart-Simpson-Motiv, die wirklich so eklatant ins Auge sprangen, dass die Zeitung mit den vier Buchstaben bereits kurz darauf eben damit titelte.

Weniger spektakulär, stattdessen seniorenhaft-funktional das Outfit des Spielfeldrand-Trios. Christoph Kramer im dezent sackigen Strickpulli, Per Mertesacker und Jochen Breyer ganz schlicht zwischen Mao-Look und Mod-Anmutung, das Understatement der Abteilung Expertise. Gewohnt locker geriet die Einstimmung vorm Kickoff, als Mertesacker davon erzählte, dass er bei der WM 2006 kurz vor Anfpiff des ersten Spiels "die Hosen voll hatte" und Lehmann und Kahn sich damals "bekriegt" hätten. Bei Christoph Kramer stand das Stimmungsbarometer auf "total positiv". Der große Wunsch des Duos für die deutsche Mannschaft: "ein Start nach Maß".

EM 2024: Deutschland schlägt Schottland 5:1

Der gelang dem Team so einnehmend wie in kühnsten Träumen nicht erträumt. Hätten die Schotten auf den Rängen welche unter ihren Kilts getragen, es hätte ihnen die Hosen ausgezogen. Schon zur Pause eine 3:0-Führung, das Ergebnis also, das "Prophet Per" erst für den Schlusspfiff getippt hatte. Am Ende ein 5:1, das die Schotten und ihre Fans schlagartig ernüchterte, ganz im Gegensatz zur deutschen Seite natürlich. Von einer "rauschenden Ballnacht" sprach Jochen Breyer. Bundestrainer Nagelsmann erschien im Interview nach Abpfiff entsprechend relaxed, auch wenn er den alten Kahn-Spruch dann doch nicht zitieren wollte, "der Kinder vorm Fernseher wegen". Es war auch so klar, was gemeint war: Sie hatte Eier, seine Mannschaft.

Solide auch der Job von Kommentator Oliver Schmidt, der ohne Fehl und Tadel durchs Spiel führte. Sympathisch seine spontane Reaktion beim Treffer für die Schotten: "Man gönnt es ihnen." Recht hatte er, auch wenn Antonio Rüdiger das möglicherweise anders sah. "Das ist der Schlussakkord", so Schmidt, als das Spiel schließlich vorbei war, und der erklang unüberhörbar in Dur. So kann es weitergehen. Und wenn man dann vielleicht auch noch damit aufhört, zwanghaft ein neues Sommermärchen hochzujazzen, dann könnte es ja vielleicht sogar eines geben. Vielleicht bricht dann auch wieder die – Jochen Breyers Wort des Abends – "Rückspiegelüberziehereuphorie" in Deutschland aus. Und noch eine spannende Frage bleibt: Welche Socken trägt Katrin Müller-Hohenstein wohl beim nächsten Mal?

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