Rechtsextremes Zeichen: Türkei-Spieler zeigte Wolfsgruß als Jubel: Was bedeutet die Geste?

Rechtsextremes Zeichen: Türkei-Spieler zeigte Wolfsgruß als Jubel: Was bedeutet die Geste?

Skandal beim Achtelfinalsieg der Türkei gegen Österreich: Merih Demiral jubelte mit dem sogenannten "Wolfsgruß". Was bedeutet er? 

Beide Hände in die Höhe gereckt, der kleine und der Zeigefinger abgespreizt, Ring-, Mittelfinger und Daumen bilden einen Kreis: Der türkische Abwehrspieler Merih Demiral feierte seinen zweiten Treffer im Achtelfinalspiel gegen Österreich mit dem Wolfsgruß, dem Erkennungszeichen der ultranationalistischen und faschistischen "Grauen Wölfe".

Was bedeutet der Wolfsgruß?

Der Gruß bezieht sich auf eine uralte Legende, angelehnt an altertümliche Mythologie, wonach das Volk der Türken von der Wölfin Asena abstammt. Demnach soll ein Junge als einziger das Massaker an seinem Stamm überlebt haben. Asena habe ihn gefunden und großgezogen. Diese Geschichte gilt als Ursprungsgeschichte der türkischen Völker. 

Erste Aufzeichnungen, die eine solche Geschichte erzählen, stammen bereits von einem chinesischen Historiker aus dem ersten Jahrhundert. Der heutige Bezug auf den Mythos entstand jedoch erst im 20. Jahrhundert und ist an eine zweite Legende angelehnt, wonach ein Wolf die von Feinden bedrohten Vorfahren türkischer Völker aus dem Tal Ergenekon herausführte und damit rettete.

Die wichtigste Rolle in der Erzählung spielt der Zerfall und der Wiederaufbau des türkischen beziehungsweise des osmanischen Reiches. Die Legende gilt gemeinhin als Ursprungsmythos der Turkvölker.

Später spielte der Mythos für die "Ülkücü"-Bewegung (zu deutsch "Idealist"), eine zentrale Rolle für ihre Ideologie. Umgangssprachlich werden sie als "Graue Wölfe" bezeichnet.

Wer sind die Grauen Wölfe? 

Die Grauen Wölfe sind Anhänger der rechtsextremen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP). Ihre Ideologie fußt auf drei zentralen Punkten: Die Herrschaft der türkischen Muslime in der Türkei, die Rückkehr des großtürkischen Reiches von China bis nach Mitteleuropa und eine reinrassige türkische Volksgemeinschaft. Gegenüber Minderheiten anderer Glaubensrichtungen als ihrer eigenen wie Juden, Christen, Kurden, Armeniern, Jesiden oder Aleviten sind sie mindestens ausgrenzend, manche hegen Vernichtungsfantasien. 

Seit einigen Jahren ist die Gruppierung auch in Deutschland aktiv und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Kleine Teile sind lose mit islamistischen Gruppen vernetzt, aber ansonsten wenig organisiert. Anders als in der Türkei treten die Mitglieder nicht als Partei auf, sondern in Vereinen und Verbänden. Was sie jedoch eint ist ihre Ideologie, wonach die Türkvölker höherwertiger und überlegen gegenüber anderen Volksgruppen seien. 

Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass in der Bundesrepublik zwischen 12.000 und 18.000 Menschen den Grauen Wölfen anhängen, weitere 2000 sollen lose angebunden sein. 

Ist der Wolfsgruß der türkische Hitlergruß?

Auch wenn der Wolfsgruß oftmals mit dem Hitlergruß und dessen Bedeutung verglichen wird, sind beide Gesten nicht automatisch gleichzusetzen. "Beim Hitlergruß ist die Bezugnahme viel eindeutiger", erklärt der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli dem "Spiegel". Der Wolfsgruß hingegen beziehe sich nicht direkt auf eine bestimmte Partei oder Idee, sondern auf die allgemeine Bewegung türkischer Ultranationalisten. Es gebe auch sehr patriotische Türken, die ihn zeigten, obwohl sie mit den Grauen Wölfen nichts zu tun hätten, so Küpeli. Ähnlich beschreibt dies auch der Verfassungsschutz. Zudem ist das Zeigen des Wolfsgrußes in Deutschland nicht strafbar – anders als das Zeigen des Hitlergrußes. 

Mesut Özil Wolf Tattoo 15.30

In der Vergangenheit sorgte der Wolfsgruß immer wieder für Empörung. So soll etwa der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ihn gezeigt haben, ebenso wie der frühere türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Der ehemalige deutsche Fußballnationalspieler Mesut Özil stand für ein Tattoo mit Bezug auf die Grauen Wölfe ebenfalls in der Kritik.

Quellen: Der Spiegel, Verfassungsschutz, Bundeszentrale für politische Bildung

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