EM 2024: Spanien, Frankreich und England: Jammernd ins Halbfinale
In Frankreich jault man über den Superstar, England verhöhnt seinen Trainer und in Spanien springt die Frau des Kapitäns ihrem Gatten zur Seite. Wie wäre es mal mit ein bisschen mertesackerscher Genügsamkeit?
Als deutscher Fußballfan hat man sich auch Tage nach dem bitteren EM-Aus noch nicht so recht daran gewöhnt. Am Dienstag wird einem dann nochmal besonders schmerzvoll bewusst, dass das Turnier weitergeht – ohne Deutschland. Was uns bleibt: Meckern. Über vergebene Chancen, angebliche Fehler in der Aufstellung und natürlich zu aller erst über den Schiedsrichter. Handspiel vom Spanier Marc Cucurella. Alles zu gesagt.
Aber Meckern und Jammern gehört dazu – zumindest für die Verlierer. Wir haben schließlich einen Grund dazu. Was aber dieser Tage auffällt beim Blick auf eben die Nationen, die noch im Turnier sind: Die sind ja auch alle unglücklich.
Superstar Mbappe wird am Dienstag von Frankreich-Legende Emmanuel Petit "eines Kapitäns unwürdig" genannt. "Nicht auf der Höhe" sei der Neuzugang von Real Madrid. In Spanien ist Kapitän Alvaro Morata Dauerzielscheibe der Medien und erboster Social-Media-Fans. Die Zeitung "El Confidencial" titulierte zuletzt: "Morata, ein Kapitän, der Spanien nicht nur wegen seiner schlechten Leistungen bei der Europameisterschaft beschämt". In England trifft es vor allem Coach Gareth Southgate. Der schaffe es, aus einem hochbegabten Kader Spiel für Spiel die Minimalleistung herauszupressen und ließe das Ensemble um Bellingham, Kane und Co. viel zu defensiv spielen.
EM 2024: Immerhin dürft ihr noch mitfiebern!
Natürlich ist diese Kritik nicht aus der Luft gegriffen, mein Kollege Moritz Hermann hat hier etwa niedergeschrieben, wie unterirdisch das Niveau dieser EM insgesamt war. Dennoch möchte man als deutscher Fußballfan rufen: Eure Probleme hätte ich gerne!
Es wird gejammert und gemosert, doch um es mit Altkanzler Helmut Kohl zu sagen: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." In diesem Fall ist das das Halbfinale bei einer EM, mindestens. Unter den vier besten Mannschaften Europas stehen. Die Chance auf zwei geile K.o.-Spiele zum Mitfiebern. Ich würde meinen rechten Arm (und den linken von Cucurella) dafür geben, am Dienstag oder Mittwoch noch einmal gebannt vor dem Fernseher sitzen zu dürfen. EM 2024 kompakt Fußball 17:45
Fast alle großen Erfolge der deutschen Fußballgeschichte wurden, nun ja, nicht gerade herbeigezaubert. Rumpelfußball und am Ende gewinnen, war lange das stolze Motto der Nation. Abgesehen vom WM-Titel 2014 vielleicht. Aber wie wir heute alle wissen, war das nicht der Beginn einer glorreichen neuen Zeit. Es war eher der Anfang vom Ende.
Ganz im Sinne von Per Mertesackers legendäre Eistonnen-Rede sollten sich unsere Nachbarn wieder auf die Basics des Spiels besinnen. Am Ende gewinnt eben nicht immer der schönste Fußball, sondern wer ein Tor mehr als der Gegner macht – und da zählen auch Elfmeter und Eigentore.