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Tag der Arbeit: Zehntausende demonstrieren friedlich am 1. Mai in Berlin

Stern 

So mancher hatte Gewalt vor dem 1. Mai in Berlin befürchtet, vor allem wegen des Nahost-Konflikts. Am Ende konnte die Polizei allerdings eine überwiegend positive Bilanz ziehen.

Entgegen vieler Befürchtungen sind rund zwei Dutzend Demonstrationen zum 1. Mai in Berlin mit Zehntausenden Menschen friedlich verlaufen. Größte Veranstaltung am Mittwoch war laut Polizei eine Kundgebung des DGB in Mitte, bei der sich 14 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern für faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen einsetzten.

Bei der von linken und linksautonomen Gruppen organisierten traditionellen "Revolutionären 1. Mai Demonstration" zogen nach Polizeiangaben am Abend rund 11.600 Menschen durch Kreuzberg und Neukölln. Dieses Mal stand dabei der Gaza-Krieg im Mittelpunkt. Die Veranstalter sprachen auf der Onlineplattform X von 25.000 bis 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Großer Zulauf bei "Revolutionäre 1. Mai Demonstration"

Besonderes Augenmerk der Sicherheitsbehörden galt der "Revolutionären 1. Mai Demonstration", bei der es in den vergangenen Jahren regelmäßig Zwischenfälle oder Gewaltausbrüche gegeben hatte. Begleitet wurde sie von einem Großaufgebot Tausender Polizisten. Polizeisprecherin Beate Ostertag zeigte sich nach dem Ende der Demo zufrieden und bilanzierte einen weitestgehend friedlichen und störungsfreien Verlauf. Einige wenige Menschen seien vorübergehend festgenommen worden, hieß es in einem Post der Polizei auf X. Ein Polizist sei leicht verletzt worden.

Bei der Demonstration waren viele Palästina-Fahnen und auch große Anti-Israel-Plakate zu sehen. Unter anderem war darauf zu lesen "Keine Waffen für Israel" oder "Free Palestine". Menschen skandierten "Free Palestine" oder "Free Gaza". Polizei und Staatsschutz waren mit Dolmetschern vor Ort, um mögliche verbotene Losungen erkennen und einschreiten zu können. Dazu kam es augenscheinlich aber nicht.

Bengalos brennen

Auf einigen Gebäudedächern an der Route zündeten Menschen Bengalo-Feuerwerk oder Rauchtöpfe. Auch im Zug selbst brannten an manchen Stellen bengalische Feuer. Einige Teilnehmer der Demo waren vermummt.

Nach Hinweisen von Anwohnern entdeckte die Polizei vor Beginn der Demonstration auf Hausdächern und am Boden entlang der geplanten Demonstrationsroute Steindepots, wie sie auf der Plattform X mitteilte. Mit den dort sichergestellten Steinen und Dachziegeln wollten Unbekannte womöglich Polizisten bewerfen.

Tausende Polizisten im Einsatz

Zur Absicherung aller Demonstrationen oder zum Beispiel von Bahnhöfen setzte die Berliner Polizei nach Angaben von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) rund 6200 Beamte ein, darunter 2400 Kräfte aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei. Bereit standen auch technische Einheiten mit Räumfahrzeugen, Wasserwerfer, einem Polizei-Hubschrauber und Lichtmasten zum nächtlichen Ausleuchten der Straßen.

Im Vorfeld des 1. Mai und auch am Feiertag selbst hatten Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) betont, dass die Polizei bei Straftaten konsequent einschreiten werde. Die DGB-Demonstration in Mitte wurde nach Angaben der Polizei zeitweise angehalten, weil wiederholt propalästinensische Sprechchöre gerufen und Transparente gezeigt worden seien, wie die Polizei auf X meldete.

DGB fordert "Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit"

Der DGB hatte unter dem Motto "Mehr Lohn, Freizeit, Sicherheit" mobilisiert. Insgesamt kamen nach Schätzung des Gewerkschaftsbunds mehr als 41.000 Menschen in Berlin und Brandenburg zu Demonstrationen, Kundgebungen und Familienfesten. Der DGB und die Einzelgewerkschaften warben dabei für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Tarifverträge und weniger prekäre Beschäftigung.

Regierungschef Wegner sagte am Rande der DGB-Kundgebung vor dem Roten Rathaus, faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen seien wichtig, um die Gesellschaft zusammenzuhalten. Der Umbau der Wirtschaft müsse sozial gestaltet werden. "Die Spaltung, die Rechtspopulisten vorantreiben, die Spaltung, die auch andere Kräfte von innen und außen vorantreiben: Von denen dürfen wir uns nicht beeindrucken lassen, sondern wir müssen auf Zusammenhalt setzen, und das geht am besten über einen guten Arbeitsmarkt, über eine solidarische Gesellschaft", sagte Wegner.

Feiern im Grunewald und in Kreuzberg auch ohne Myfest

Einem satirischen Aufruf zu einer "Razzia im Villenviertel" folgten mindestens 4000 Menschen in den Stadtteil Grunewald. Die linken Organisatoren prangerten den aus ihrer Sicht zu großen Reichtum einiger Mitbürger an.

In Berlin-Kreuzberg war das lange übliche Straßenfest Myfest auch in diesem Jahr abgesagt worden. Dennoch feierten dort Zehntausende bei warmem Wetter und strahlendem Sonnenschein auf Straßen und Plätzen. Mit Fahrrädern, zu Fuß und mit der U-Bahn strömten die Menschen unter anderem in den Görlitzer Park, wo es brechend voll war. Auch in anderen Teilen der Stadt herrschte Partystimmung. Viele Menschen nutzten den arbeitsfreien Tag zum Entspannen, einen Besuch im Freibad, für Picknicks oder Spaziergänge.

Den Auftakt für den Demo-Reigen bildete die "Walpurgisnacht" am Vorabend des 1. Mai. Bei einer queer-feministischen Demonstration "Take back the night" zogen laut Polizei bis zu 2800 Menschen durch Friedrichshain. Obwohl vereinzelt Pyrotechnik und Farbeier auf Polizisten geworfen worden waren, zog die Polizei eine positive Bilanz.

Acht Menschen wurden vorläufig festgenommen, laut Polizei sieben Männer und eine Frau. Eine Polizeieinsatzkraft habe leichte Verletzungen erlitten. Es gebe fünf Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Beleidigung.

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