1. Mai: Über 20.000 Menschen bei linken Demos - wenig Vorfälle
Der Tag der Arbeit ist nicht nur ein Tag der Gewerkschaften, sondern auch einer der linken Szene. In Berlin und Hamburg ist die Polizei daher im Großeinsatz.
Mehr als 20.000 Menschen haben sich am 1. Mai an linken und linksextremen Demonstrationen beteiligt, vor allem in Berlin und Hamburg. Befürchtete Ausschreitungen und Krawalle blieben dort bis zum Abend zunächst aus.
Die Polizei stand jeweils mit einem Großaufgebot von mehreren Tausend Einsatzkräften parat. In Stuttgart wurde nach Zwischenfällen allerdings eine Demonstration aufgelöst. Daneben gab es am Tag der Arbeit die traditionellen Demonstrationen der Gewerkschaften für mehr soziale Gerechtigkeit.
In den vergangenen Jahren war es zwar auch bei den Demonstrationen der linken Szene in Berlin und Hamburg überwiegend ruhig geblieben, jedenfalls im Vergleich zu den Krawallen früherer Zeiten. Befürchtet wurde dieses Jahr aber, dass es vor dem Hintergrund der Spannungen um den Gaza-Krieg propalästinensische Aktionen geben könnte, mit möglicherweise verbotenen Slogans gegen Israel, die in Gewalt ausarten könnten.
Berlin: Polizei entdeckte vorher Steindepots
In Berlin zogen bei der abendlichen sogenannten Revolutionären 1.-Mai-Demo laut Polizei rund 11.600 Menschen durch die Stadtteile Kreuzberg und Neukölln. Die linken und linksradikalen Veranstalter sprachen auf der Onlineplattform X von 25.000 bis 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auf die arabisch geprägte Sonnenallee in Neukölln hatte die Polizei ein besonderes Augenmerk gerichtet, nachdem es dort nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 Freudenkundgebungen und auch danach immer wieder propalästinensische Aktionen gegeben hatte.
Bei der Demonstration waren dann auch Palästina-Fahnen und große Anti-Israel-Plakate zu sehen. Unter anderem war zu lesen "Keine Waffen für Israel" oder "Free Palestine". Auch aggressive Anti-Polizei-Sprechchöre waren zu hören. Auf dem Dach eines Gebäudes und im Demonstrationszug wurde Bengalo-Feuerwerk gezündet. Die Polizei hielt sich zurück. Sie hatte nach Hinweisen von Anwohnern an der Strecke nachmittags bereits Steindepots entdeckt und gesichert. Am Abend relativierte die Polizei dies laut "Tagesspiegel": "Wir klären, ob es sich dabei auch um Baustellen handelt, die uns vorher nicht bekannt waren", sagte ein Sprecher demnach. Man könne nicht mit Sicherheit sagen, dass sie in allen Fällen der Vorbereitung auf die Demonstration gedient hätten.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatten betont, dass die Polizei bei Straftaten konsequent einschreite. Dazu zählen auch verbotene Slogans. "Das, was rechtlich erlaubt ist, wird auch eingesetzt, um Straftaten zu unterbinden", hatte Wegner gesagt.
Tagsüber waren in der Hauptstadt bereits mindestens 4000 Menschen dem satirischen Aufruf zur "Razzia im Villenviertel" des Stadtteils Grunewald gefolgt. Insgesamt gab es 19 Versammlungen. Die Polizei begleitete sie mit 5600 Kräften, auch aus anderen Bundesländern.
Berlin: Politisches Motiv bei mutmaßlichem Brandanschlag nicht ausgeschlossen
Nach einem mutmaßlichen Brandanschlag auf Transporter eines großen Versandhändlers in Berlin-Reinickendorf am frühen Morgen tauchte ein Bekennerschreiben auf, wie die Polizei bestätigte. Ein politisches Tatmotiv sei nicht ausgeschlossen. Zuvor hatte der "Tagesspiegel" berichtet. 16 Fahrzeuge wurden durch Feuer oder Hitze beschädigt.
Hamburg: Polizei zieht positive Bilanz
In Hamburg gingen rund 9000 Menschen - und damit rund 4000 mehr als im vergangenen Jahr - mit linken und linksextremen Gruppen auf die Straße. Polizeisprecherin Sandra Levgrün resümierte: "Die Demonstrationen an diesem sonnigen Tag zeichneten sich durch friedliche und verantwortungsvolle Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus, sodass die Polizei Hamburg eine sehr positive Bilanz zieht."
Als letzte von insgesamt drei linken und linksextremen Demonstrationen ging am Abend die dortige Revolutionäre 1.-Mai-Demo des vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingestuften Roten Aufbaus zu Ende. In der Spitze nahmen daran nach Polizeiangaben 1800 Menschen teil. Vereinzelt sei Pyrotechnik gezündet worden, hieß es. Größere Zwischenfälle habe es aber nicht gegeben.
Die nach Polizeiangaben mit rund 6000 Teilnehmern größte Demonstration war schon zuvor durch die Nobel-Stadtteile Pöseldorf und Harvestehude gezogen. Dazu aufgerufen hatte das Umverteilungsbündnis "Wer hat, der gibt". Bereits am Nachmittag zogen laut Polizei 1350 Menschen mit dem anarchistischen Bündnis "Schwarz-Roter 1. Mai" durchs Schanzenviertel. Als der Zug am linksautonomen Zentrum Rote Flora vorbeikam, wurden auf dem Dach Feuerwerkskörper und Nebeltöpfe gezündet. Insgesamt sei der Aufzug aber friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.
In der Hansestadt waren 1800 Beamte im Einsatz. Wasserwerfer, Räumpanzer und die Reiterstaffel standen bereit. In der Luft kreisten Hubschrauber.
Stuttgart: Polizei löst Demonstration auf
In Stuttgart wurde eine Demonstration der linken Szene nach Angriffen auf Einsatzkräfte beendet, wie die Polizei auf X mitteilte. Die Beamten hätten Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt. Die Demonstration richtete sich nach Polizeiangaben "gegen Sozialabbau", setzte sich "für eine solidarische Gesellschaft" ein und sei von einer Einzelperson angemeldet worden. Es sei zu "massiven Straftaten und Auflagenverstößen" gekommen.
Queer-feministische Demos gegen Kapital und Patriarchat
Die linksextremen Aufzüge hatten in der Walpurgisnacht mit queer-feministischen Demonstrationen sowohl in Berlin als auch Hamburg begonnen. Unter dem Motto "Take back the Night" beteiligten sich laut Polizei in Berlin-Friedrichshain bis zu 2800 vorwiegend weibliche Demonstrierende und in Hamburg-St. Pauli rund 900. In Berlin wurden acht Menschen vorläufig festgenommen. In Hamburg gab es keine größeren Zwischenfälle.