Eishockey: Erwartungen gestiegen: DEB-Team mit Rucksack zur WM
2023 wurden Deutschlands Eishockey-Cracks überraschend Vize-Weltmeister. In diesem Jahr muss das Team mit der gestiegenen Erwartungshaltung klarkommen. Bestehende Probleme sieht man aber gelassen.
Für die Öffentlichkeit scheint die durchwachsene WM-Vorbereitung keine Rolle zu spielen. Die Erwartungen an die deutschen Eishockey-Vizeweltmeister des vergangenen Jahres sind riesig. Entsprechend schwer ist der Rucksack, mit dem die aktuellen WM-Spieler in Weißwasser in den Bus ins tschechische Ostrava stiegen.
"Ich habe schon gehört, dass die Erwartungen hoch sind. Das stimmt, das ist mir nicht entgangen", sagte Bundestrainer Harold Kreis. "Ich kann das auch nachvollziehen von unseren Fans, die eine unglaubliche WM von unserer Mannschaft gesehen haben. Aber wir können nicht den Anspruch erheben: Wir kommen ins Finale und gewinnen Gold."
Dabei vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem Kreis oder seine Spieler nach dem verlorenen WM-Finale im vergangenen Jahr in Tampere nicht gefragt werden, ob es diesmal in Prag zum großen Wurf langt. "Wunschdenken Gold wird es von unserer Seite aus nicht geben", machte Kreis vor der Abreise nach Ostrava klar, wo Deutschland am Freitag (16.20 Uhr/ProSieben und MagentaSport) gegen den Olympia-Dritten Slowakei startet.
Klar definiertes Ziel
Das offizielle WM-Ziel lautet wie immer: Viertelfinale. "Danach schauen wir weiter", sagte der Bundestrainer, der 15 Vize-Weltmeister von 2023 wieder dabeihat. NHL-Top-Verteidiger Moritz Seider aus Detroit fehlt diesmal, weil er mit den Red Wings derzeit einen neuen, hoch dotierten Vertrag aushandelt und der Deutsche Eishockey-Bund die Risiken einer WM-Teilnahme nicht versichert bekam. Dafür ist NHL-Keeper Philipp Grubauer aus Seattle heiß darauf, so ein Eishockey-Märchen wie im vergangenen Jahr selbst zu erleben.
"Der maximale sportliche Erfolg. In dem Fall die Goldmedaille", sagte der 32-Jährige im Interview bei "ran.de" zu seinen persönlichen WM-Zielen. Wenn alles glattläuft, kann der DEB in den kommenden Tagen auch noch die WM-Teilnahme von NHL-Stürmer Lukas Reichel verkünden. Das zusätzliche NHL-Upgrade im Vergleich zum Vorjahr und Aussagen wie von Grubauer schüren die gestiegene Erwartungshaltung. "Wunsch und Euphorie mitzutragen, ist absolut nachvollziehbar", sagte Kreis denn auch.
Ehrlicherweise gibt es aber noch gar nicht so viele Gründe für große Euphorie. Bis Freitag hat das Trainerteam um Kreis noch viel Arbeit vor sich. In der Vorbereitung gab es nur drei Siege aus acht Testspielen. Das 4:3 nach Verlängerung zum Abschluss am Montag in Weißwasser gegen WM-Außenseiter Frankreich war gut für die Moral, offenbarte aber auch noch einige Schwachstellen. Individuelle Aussetzer, unzureichende Chancenverwertung und ein alles andere als WM-taugliches Überzahlspiel geben Anlass zur Sorge.
Auch letztes Jahr war der Start holprig
Doch an dem Punkt sind Kreis und seine Spieler recht entspannt. "Wenn wir den Schwung aus dem letzten Drittel mitnehmen ins Turnier und so anfangen, dann schaut es ganz gut aus", befand Grubauer. Und Kreis meinte: "Es waren ein paar individuelle Fehler. Besser jetzt als zu Beginn des Turniers. Wir fahren mit gutem Gefühl nach Ostrava. Das ist für die Moral immer wichtig." Dem 65 Jahre alten Trainer-Routinier hilft auch der Blick auf das vergangene Jahr, als ebenfalls zu Beginn nicht alles rund lief. Im Angriff fehlten vermeintliche Goalgetter, der Start verlief mit drei Niederlagen holprig, und das Team musste sich erst finden.
Auch diesmal geht zu Beginn gegen die vermeintlich stärkeren Teams Slowakei, USA und Schweden. Auch diesmal muss sich die Mannschaft noch finden - erst am Wochenende vor der Generalprobe gegen Frankreich stießen fünf DEL-Meisterspieler der Eisbären Berlin und Nordamerika-Profi Maksymilian Szuber neu dazu. "Grundsätzlich ist es ein neues Turnier. Wir dürfen nicht versuchen, die vergangene WM zu kopieren. Es ist eine andere Mannschaft. Wir müssen das natürlich wachsen lassen, organisch", sagte NHL-Stürmer Nico Sturm von den San Jose Sharks.
Am Mittwoch soll das DEB-Team in Ostrava erstmals aufs WM-Eis gehen, um zu trainieren. Noch gibt es viel zu tun, doch die Zuversicht wächst. "Die letzte WM ist vorbei, die Vorbereitung ist vorbei", sagte Kapitän Moritz Müller. "Am Freitag freuen wir uns jetzt auf das erste Spiel bei dieser WM."