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Trotz Massenprotesten: Georgiens Parlament billigt umstrittenes Gesetz zu "ausländischen Agenten"

Stern 

Alle Mahnungen aus Brüssel und Washington haben nicht gefruchtet: Die Führung in Georgien paukt ein Gesetz durch, das den EU-Kurs ihres Landes gefährden könnte.

In Georgien hat das Parlament das umstrittene Gesetz zur Einstufung bestimmter Organisationen als "ausländische Agenten" verabschiedet – trotz wochenlanger Massenproteste. Auch Warnungen der EU und anderer Unterstützer des kleinen Landes im Südkaukasus wurden in den Wind geschlagen, als die Abgeordneten in Tiflis am Dienstag endgültig für den Entwurf stimmten. 84 Abgeordnete votierten nach Angaben des Fernsehsenders Rustavi-2 dafür, 30 Abgeordnete dagegen. 

Die Regierungsmehrheit der Partei Georgischer Traum verschärft damit die Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent Geld aus dem Ausland erhalten. Diese müssen sich als "Agenten ausländischer Einflussnahme" registrieren lassen. Sie begründet dies mit höherer Transparenz. Präsidentin Salome Surabischwili hat angekündigt, ihr Veto gegen das Regelwerk einzulegen.STERN PAID 12_22 Flucht aus Russland 08.29

Mehrere Festnahmen bei Protesten gegen "russisches Gesetz"

Kritiker sehen Parallelen zu einem ähnlichen Gesetz in Russland, mit dem die Regierung dort gegen Opposition und Teile der Gesellschaft vorgeht. Hunderttausende Gegner der "russisches Gesetz" getauften Regelung fürchten, dass damit wie in Russland kritische Organisationen mundtot gemacht werden sollen. Mit dem autoritären Kurs von Georgischer Traum sehen sie auch den angestrebten EU-Beitritt der Ex-Sowjetrepublik in Gefahr. Aus Brüssel ist mehrfach gefordert worden, dass die Regierung das Gesetz zurückziehen soll. 

Die vonseiten der Protestbewegung friedlichen Kundgebungen in Tiflis dauern seit Wochen an. Auch in der Nacht auf Dienstag versammelten sich Demonstranten vor dem Parlament. 

Am Tag zuvor hatte die Polizei die Menschenmenge mit Gewalt von dem Gebäude im Zentrum abgedrängt. Es gab nach Polizeiangaben etwa 20 Festnahmen. Mehrere Festgenommene wurden nach Angaben der Opposition misshandelt.

Georgien zwischen Westen und Moskau

Der Streit um das Gesetz gilt als richtungsweisend dafür, ob Georgien, das traditionell gute Beziehungen zum Westen pflegt, weiter auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union und der Nato hinarbeitet oder stattdessen die Beziehungen zu Russland verstärken will.

Georgien liegt an der Südgrenze Russlands und damit an einer wichtigen weltpolitischen Frontlinie. Eine Bevölkerungsmehrheit möchte sich von Russland lösen; der angestrebte Beitritt zu EU und Nato steht in der Verfassung. Seit dem vergangenen Dezember hat das Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Gleichzeitig kontrolliert Moskau die abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien, die es als unabhängige Staaten anerkannt hat. Georgischer Traum mit dem undurchsichtigen Milliardär Bidsina Iwanischwili als starkem Mann verficht enge Beziehungen zu Moskau.

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