Rezept per Tastendruck: Gesundheits-Apps auf Rezept setzen sich kaum durch
Die App auf Rezept kann seit 2020 in Deutschland verordnet werden. Die Kasse zahlt. Die Nachfrage für die Gesundheits-Apps hält sich aber noch in Grenzen - auch in Baden-Württemberg.
Eine App kann mit sanften Klängen beim Einschlafen helfen oder den Blutdruck von Menschen mit Herzproblemen protokollieren: Software, die vom Arzt verordnet wird, findet sich zwar zunehmend auf den Smartphones baden-württembergischer Patienten. Die Begeisterung für diese sogenannte Gesundheits-Apps auf Rezept hält sich im Südwesten nach Angaben der Barmer-Krankenkasse aber in Grenzen. "Bisher haben sich die Apps auf Rezept in Baden-Württemberg nicht durchgesetzt", heißt es im aktuellen Barmer Arztreport. Weder hätten sie die Versorgung in medizinisch strukturschwachen Regionen verbessert noch andere Behandlungsmethoden ersetzt.
Für den Arztreport wurden die Verordnungsdaten der Jahre 2020 bis 2022 ausgewertet und auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet, wie die Barmer mitteilt. In diesem Zeitraum wurde demnach in Baden-Württemberg rund 43.000 Mal eine sogenannte DiGA - also eine digitale Gesundheitsanwendung - verschrieben. Die Zahl der jährlichen Arztkontakte liegt laut Report allerdings bei mehr als 10 Millionen.
App gegen Tinnitus und Depressionen
DiGA können seit Herbst 2020 verordnet oder vom Patienten beantragt werden, die Kosten übernimmt die Krankenkasse – im Schnitt laut Barmer knapp 370 Euro. Standardmäßig gilt eine Verordnung für drei Monate. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das die Zulassung erteilt, sind derzeit mehr als 60 Apps freigegeben, die etwa bei Tinnitus, Depressionen oder Kreislaufkrankheiten helfen sollen. Für die Zulassung muss ein Hersteller Nachweise für die Wirksamkeit vorlegen.
Die Zahl der verordneten DiGA habe sich zwischen 2021 und 2022 in Baden-Württemberg zwar verdoppelt. "Wenn ich mir aber das Gesamtergebnis ansehe und mir vor Augen führe, welches Potenzial in den Apps auf Rezept von manchen gesehen wurde, dann muss ich sagen, dass die DiGA hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben sind", sagte Winfried Plötze, der Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg.
Im bundesweiten Vergleich der 16 Bundesländer liegt der Südwesten laut Arztreport auf dem zehnten Platz. Wurden hier 249 Verordnungen je 100.000 Einwohner registriert, so waren es zum Beispiel bei den Spitzenreitern, den Stadtstaaten Berlin und Hamburg, 337 und 328 DiGA-Verordnungen.
Viele Apps für Adipositas, Bewegungsprobleme, Tinnitus und Depressionen
Die meisten Gesundheits-Apps wurden laut Report im Zusammenhang mit Adipositas-Erkrankungen verordnet, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats, Tinnitus, Depressionen sowie Schlaf- und Angststörungen. Die Untersuchung der Krankenkasse zeige aber auch, dass sowohl Behandlerinnen und Behandler als auch Patientinnen und Patienten häufig nur wenig über die Apps wüssten oder die digitalen Helfer ihren Erwartungen nicht entsprochen hätten, teilte die Barmer mit. So habe die Untersuchung ergeben, dass sich bundesweit ein Drittel (33,2 Prozent) der Behandler schlecht oder sehr schlecht informiert fühlte. Nur rund ein Viertel (26 Prozent) gab an, gut oder sehr gut informiert zu sein. Um das Konzept von Apps auf Rezept voranzutreiben, sei daher mehr Aufklärungsarbeit in den Praxen erforderlich, sagte Plötze.
Viele Patienten brechen App-Anwendung vorzeitig ab
Im DiGA-Verzeichnis werden derzeit mehr als 60 Apps angeboten. Im Schnitt zahlten die Kassen 367 Euro für eine Anwendungsdauer von 90 Tagen, sagte Plötze. Angesichts der laut Umfrage vielfach nur kurzen Nutzungszeiten fordert er einen zweiwöchigen Testzeitraum.