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Neue Regeln ab 2030: Warum die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 nur fair ist

Stern 
Neue Regeln ab 2030: Warum die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 nur fair ist

Finanzminister Lindner will die Steuerklassen 3 und 5 für Ehepaare ab 2030 abschaffen. Das dürfte erneut Kritiker auf den Plan rufen, die im Kampf um die Steuerklassen schon falsche Tatsachen behaupteten.

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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schiebt mit einem Gesetzentwurf für das zweite Jahressteuergesetz 2024 steuerliche Entlastungen und eine Reform der Steuerklassen an. Schon im Koalitionsvertrag Ende 2021 haben SPD, FDP und Grüne vereinbart, die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 für Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften abzuschaffen. Alle, die die Kombination nutzen, sollen stattdessen automatisch in die Steuerklasse 4 mit Faktor rutschen. Laut "Handelsblatt" soll die Änderung ab Januar 2030 greifen. Dann gelte für alle Ehepaare und Lebenspartner die Steuerklasse 4.

Lindners Ressort arbeitete seit dem Frühjahr an dem konkreten Reformvorschlag – und erhitzte damit bereits die Gemüter. Kritik kam damals vor allem aus Bayern. CSU-Chef Markus Söder lehnt die Pläne ab und behauptete, "das würde insbesondere für Familien weniger Netto vom Brutto bedeuten". 

Tatsache ist: Steuerklassen beeinflussen nicht die endgültige Höhe der Steuer, auch wenn viele Paare diesem Missverständnis unterliegen. Sie ermöglichen lediglich, die Steuer bereits übers Jahr praktisch zu verteilen. Sie wirken sich ausschließlich beim monatlichen Lohnsteuerabzug aus, einer mehr oder weniger groben Vorabrechnung. Der finale Kassensturz kommt mit der Steuererklärung.

Bei großen Gehaltsunterschieden lohnt sich 3/5

Die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 lohnt sich besonders für Ehepaare, die unterschiedlich viel verdienen. Der Besserverdienende wählt die günstige Steuerklasse 3. Dadurch erhält er oder sie beide Grundfreibeträge, den eigenen und den des Ehepartners. In Folge sinkt der Steuerabzug vom Lohn enorm. Der andere Partner, der weniger verdient, rutscht in Steuerklasse 5. Ihm oder ihr kommen keine Freibeträge mehr zugute, sodass Steuern schon bei einem geringen Lohn abgehen. Die Kombination 3/5 lässt also den Lohnzettel von verheirateten Besserverdienenden gut aussehen und verschiebt die Abgabenlast auf die andere Person.

Nach Ablauf des Kalenderjahres ist eine Steuererklärung Pflicht. Das Finanzamt rechnet dann noch einmal nach. Das kann schnell zu saftigen Steuernachzahlungen führen. Denn die Steuerklassenkombination 3/5 berücksichtigt das Ehegattensplitting nur sehr pauschal, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Einkommensverteilung.

Faktorverfahren verteilt Steuerlast fairer

In der anderen Steuerklassenkombination für Verheiratete, der 4/4 mit Faktor, ist der Splittingtarif viel fairer eingewoben. Der Faktor bewirkt bei der Gehaltsabrechnung, dass beide Eheleute jeweils den Lohnsteueranteil zahlen, den sie am gemeinsamen Einkommen haben. Sie müssen am Ende zwar trotzdem eine Steuererklärung einreichen, doch die Summe der unterjährig gezahlten Lohnsteuer sollte in etwa der vom Finanzamt errechneten Einkommensteuer entsprechen. Das vermeidet Nachzahlungen.

Nach Plänen der Bundesregierung sollen alle, die aktuell die Steuerklassenkombination 3/5 nutzen, künftig automatisch in die Kombination 4/4 mit Faktor rutschen, die laut Koalitionsvertrag "einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft".

Steuerklasse-Reform kann Nachteile verhindern

In jedem Fall wäre eine Abkehr von den Steuerklassen 3/5 zeitgemäß und vor allem fairer für verheiratete Frauen. In der Praxis verdienen sie häufig weniger als ihr Partner und landen deshalb in der Steuerklasse 5. Vom ohnehin niedrigen Gehalt bleibt durch die hohen Abzüge kaum etwas übrig. Die trüben Aussichten hindern Ehefrauen mitunter daran, eine Beschäftigung aufzunehmen oder Arbeitszeit aufzustocken, um mehr zu verdienen. Denn Arbeitsstunden wirken sich in Steuerklasse 5 nur wenig spürbar auf den monatlichen Nettolohn aus. Ein Übergang zur Steuerklassenkombination 4/4 mit Faktor ließe Lohnzettel gerechter werden und könnte so Anreiz schaffen, aus der Teilzeit-Falle auszubrechen.

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Außerdem kann sich die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 nachteilig auswirken, wenn die geringer verdienende Person in Klasse 5 steckt und Lohnersatz erwartet. Denn die Höhe von Leistungen wie Eltern- oder Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vorherigen Nettoverdienst. Um Nettogehalt und Lohnersatz zu erhöhen, müssen Eheleute rechtzeitig ihre Steuerklassen tauschen. Je nach Art des Lohnersatzes gelten dabei enge Fristen, damit sich eine günstigere Steuerklasse tatsächlich auswirkt. Das ist in manchen Fällen kaum möglich. Mit der Steuerklasse 4/4 plus Faktor kann man sich das Steuerklassen-Taktieren sparen.

Die Kombination 4/4 mit Faktor verhindert also vor allem Nachteile für den Partner, der bislang in Steuerklasse 5 hängt. Die Steuerklassenkombi 3/5 spart keine Steuern, sie verschafft allenfalls einen Zeitvorteil. Fällt sie weg, erhöht das die Einkommensteuer eines Paares nicht. Kritiker wie Markus Söder, die dies behaupten, wollen nicht Familien generell stärken, sondern ein traditionelles Familienmodell mit einem Hauptverdiener aufrechterhalten.

Dieser Text erschien erstmals im März 2024. Wir haben ihn aktualisiert, als der konkrete Termin zur Einführung bekannt wurde.

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