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Agrar: Behörden schaffen vorgeschriebene Tierkontrollen oft nicht

Stern 
Agrar: Behörden schaffen vorgeschriebene Tierkontrollen oft nicht

Fehlende Kontrolleure, steigende Tierschutzanzeigen, bürokratischer Aufwand: Vielerorts sind Behörden überlastet. Selbst Vorgaben des Ministeriums können oft nicht eingehalten werden.

In vielen Landkreisen in Sachsen-Anhalt fehlt es an Personal, um die vorgegebene Zahl von Tierkontrollen bei Betrieben durchführen zu können. Wie mehrere Landkreise auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilten, wurden im vergangenen Jahr oftmals weniger als die geforderten zehn Prozent der Betriebe kontrolliert. Neben dem Personalmangel kritisieren einige Landkreise aber auch gestiegene Bürokratie oder Probleme wie fehlende Unterlagen in den Tierhaltungsbetrieben. 

Die Problematik bestehe nicht nur in der Anzahl der Kontrollen, sondern auch in der Intensität, teilte der Landkreis Stendal etwa mit. Durch die vielfältigen Vorgaben im Veterinärrecht handele es sich um sehr personal- und zeitintensive Kontrollen, deren Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung sehr viel Zeit in Anspruch nehme. Dazu komme, dass in den größeren Betrieben die Mitarbeiterzahl oft sehr gering sei. Anwesende Mitarbeiter würden oft nur schlecht Deutsch sprechen, sie seien mit der Versorgung der Tiere oftmals voll ausgelastet und die für den Betrieb verantwortlichen Geschäftsführer seien in der Regel nicht vor Ort. 

Verendete Schweine im Stall liegen geblieben

Anfang des Monats hatte es unter anderem Berichte über mutmaßliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in einer Ferkelzucht-Anlage in Kleindemsin im Jerichower Land gegeben. Vor zwei Wochen wurde einem Schlachtbetrieb bei Eisleben die Zulassung entzogen. Hier waren im Februar Vorwürfe der Tierquälerei gegen den Betrieb bekanntgeworden. Bilder einer Tierschutzorganisation zeigten unter anderem, dass verwesende Schweine weiter im Stall neben den lebenden Tieren lagen. 

In Sachsen-Anhalt veröffentlichte das Landwirtschaftsministerium im vergangenen Jahr einen Kontrollerlass, der unter anderem die Anzahl der Kontrollen regelt. So sollen bei der gewerbsmäßigen Schweinehaltung pro Jahr zehn Prozent der Betriebe in den Landkreisen kontrolliert werden. Mindestens sollen es jedoch fünf Betriebe sein, teilte das Landesverwaltungsamt mit. "Welche Betriebe dann kontrolliert werden, richtet sich nach einer Risikobewertung, die gewährleisten soll, dass zum Beispiel Betriebe mit einem hohen Verstoßrisiko häufiger kontrolliert werden", sagte ein Sprecher. Ähnliche Regelungen gebe es auch für andere Tierarten. 

Oft fehlt Personal - bei steigenden Aufgaben

Allerdings teilten etwa die Landkreise Jerichower Land, Burgenlandkreis, Wittenberg, Salzwedel und Anhalt-Bitterfeld mit, dass die geforderte Anzahl nicht oder nur bei einzelnen Tierarten eingehalten werden konnte. Vor allem die Regelkontrollen seien personell nicht mehr vollumfänglich durchführbar, teilte der Landkreis Wittenberg mit. Neben den Regelkontrollen habe es auch in der Vergangenheit schon vermehrt akute Fälle vor allem im Tierschutz- und im Tierseuchenbereich gegeben. Es komme vermehrt auch zu Anzeigen oder Maßnahmen bei überforderten Tierhaltern oder durch nicht artgerechte Tierhaltung. Auch der Burgenlandkreis verzeichnet nach eigenen Angaben eine steigende Zahl von berechtigten Tierschutzanzeigen. Dadurch sei das Personal stärker gebunden. 

Mögliche Lösung: Höhere Gebühren für Kontrollen

Die landwirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Dorothea Frederking, kritisiert seit langem, dass Tierschutzkontrollen unzureichend seien. Es gehe dabei aber nicht allein um die reine Anzahl der Kontrollen, sondern auch um die Qualität und die Art der Durchführung. Der Fokus liege zu oft zu selten auf den Tieren selbst, sondern richte sich eher auf bauliche Vorgaben oder die Papierlage. Frederking plädiert dafür, dass stärker auf die Tiere selbst geschaut werden müsse. Dafür sei aber auch eine bessere finanzielle Ausstattung in den Behörden notwendig. Hier müssten gewerbliche Tierhalter durch höhere Gebühren stärker zur Kasse gebeten werden, so die Forderung der Grünen.

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