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Britische Regierung will nach rechtsradikalen Ausschreitungen hart durchgreifen

Stern 
Britische Regierung will nach rechtsradikalen Ausschreitungen hart durchgreifen

Angesichts der landesweiten Krawalle rechtsextremer Gruppen hat Großbritanniens Premierminister Keir Starmer ein hartes Durchgreifen seiner Regierung angekündigt. Als Teil einer Reihe von Maßnahmen werde die Strafjustiz verstärkt, um eine schnelle strafrechtliche Verfolgung zu gewährleisten, sagte Starmer am Montag nach einer Krisensitzung seines Kabinetts in London. Zudem stehe eine "Armee" von speziell ausgebildeten Polizeibeamten bereit, um die lokalen Kräfte bei weiteren Unruhen zu unterstützen.

Die oberste Priorität bestehe darin, "sicherzustellen, dass wir diese Unordnung stoppen" und dass "die strafrechtlichen Sanktionen schnell erfolgen", sagte Starmer nach den Beratungen mit seinen Ministern sowie Vertretern der Polizei, darunter der Scotland-Yard-Chef Mark Rowley. Die Straßen müssten für die Öffentlichkeit wieder sicher sein.

Bei den Protesten infolge der Ermordung von drei Kindern war es am Wochenende zu schockierenden Bildern gekommen: Randalierer verwüsteten zu Asylunterkünften umfunktionierte Hotels, stürmten Moscheen und plünderten Geschäfte. Zudem wurden Polizisten mit Steinen und Flaschen angegriffen. Mindestens zwölf Beamte wurden dabei verletzt, einer von ihnen wurde bewusstlos geschlagen. 

Immer wieder kam es auch zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Gruppen von Muslimen sowie Teilnehmern von Gegendemonstrationen. Nach Polizeiangaben gab es allein am Wochenende mehr als 150 Festnahmen.

Hintergrund der Gewaltausbrüche ist ein Messerangriff in der nahe Liverpool gelegenen Küstenstadt Southport, bei dem am vergangenen Montag drei Kinder getötet und zehn weitere Menschen verletzt wurden. Dabei drang der Verdächtige in ein Gebäude ein, in dem gerade ein Ferientanzkurs für Kinder zur Musik von US-Star Taylor Swift stattfand.

Der Angriff erschütterte Großbritannien. Im Internet kursierten schnell Falschinformationen, denen zufolge es sich bei dem Angreifer um einen muslimischen Asylbewerber gehandelt habe. Die Polizei erklärte jedoch, dass der Verdächtige ein 17-Jährigen sei, der in Wales geboren wurde. Britischen Medien zufolge stammen die Eltern des jungen Mannes aus Ruanda.

Bereits unmittelbar nach der Tat kam es in Southport zu gewaltsamen Ausschreitungen rechtsradikaler Gruppen, die sich schnell auf weitere Städte ausweiteten. Die Kundgebungen wurden in rechtsextremen Medienkanälen unter dem Motto "Genug ist genug" beworben. 

Laut Zählungen britischer Medien gab es seit dem Beginn der Ausschreitungen mehr als 400 Festnahmen. Viele Festgenommene wurden am Montag einem Haftrichter vorgeführt.

Die Bundesregierung verurteilte die Gewaltausbrüche. Die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechts und der freien Meinungsäußerung seien elementare Grundrechte, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin. "Aber die gewaltsamen ausländerfeindlichen Ausschreitungen, die wir in Großbritannien beobachtet haben, verurteilen wir scharf."

Die britische Polizei machte Anhänger der sogenannten English Defence League, einer vor 15 Jahren gegründeten Anti-Islam-Organisation mit Verbindungen in die Hooligan-Szene, für die Gewalt verantwortlich.

Nach Einschätzung britischer Extremismus-Experten stehen die Krawalle im Zusammenhang mit langfristigen Bemühungen einer sich entwickelnden rechtsextremen Bewegung, die versucht, einwanderungsfeindliche Stimmungen als Waffe für ihre Ziele einzusetzen. Teil davon ist demnach auch eine Stimmungsmache in Onlinemedien.

"Dabei handelt es sich häufig um Onlinenetzwerke von Gleichgesinnten und nicht um eine formelle Organisation", sagte Milo Comerford, Leiter der Abteilung für Extremismusbekämpfung und Forschung am Londoner Institute for Strategic Dialogue. In diesem Fall würden "Online-Mobilisierung und Aktivismus mit Offline-Straßenbewegungen und Gewalt" zusammengebracht.

Großbritanniens Innenministerin Yvette Cooper sagte am Montag der BBC, dass die Gewalt im Land durch Onlinenetzwerke "befeuert" werde. Premier Starmer betonte, dass das Strafrecht "sowohl online als auch offline" gelte.

Für Starmer sind die Krawalle nur einen Monat nach seinem Amtsantritt die erste politische Krise - umso mehr, weil seiner linksgerichteten Labour-Partei im Wahlkampf immer wieder vorgeworfen wurde, in Einwanderungsfragen zu lax zu sein. Angesichts der Lage drängten Abgeordnete aller Parteien Starmer dazu, das Parlament aus der Sommerpause zurückzuholen, darunter die ehemalige konservative Innenministerin Priti Patel, die Labour-Abgeordneten Diane Abbott und Dawn Butler und der Vorsitzende der einwanderungsfeindlichen Partei Reform UK, Nigel Farage.

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