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Fontaines D.C.: Hier kommt die Band, die so klingt wie früher mal U2

Stern 

Demnächst vielleicht in einem Stadion in Ihrer Nähe: Die Fontaines D.C aus Dublin könnten mit ihrem Gitarrenrock das nächste große Ding werden.

Wie geht es eigentlich dem Rock? Also, dem Rock, der große Hallen füllt und der nicht nur Menschen anzieht, die ein Wacken-Tattoo tragen oder ihr Gehalt in Deluxe-Editionen der Smashing Pumpkins umwandeln. Gibt es noch Gitarrenmusik für Menschen, die in einer Zeit groß geworden sind, in der alle DJ sein wollen und kaum mehr jemand Gitarrist oder Gitarristin? Lieder für jene, die den Amp einer App vorziehen? 

Halbwegs jung und Hallen-tauglich sind diese fünf Herren: Grian Chatten, Carlos O'Connell, Conor Curley, Conor Deegan und Tom Coll. Zusammen heißen sie Fontaines D.C., benannt nach einer Figur aus "Der Pate", nach Johnny Fontane, dem Patensohn von Don Corleone. Das ist der, der den Don um einen Gefallen bittet, was zu einem Pferdekopf im Bett eines Filmproduzenten führt. Eine schöne Stimme, die sich nur mit Grausamkeit durchsetzen kann.

Fontaines D.C. klingen wie die frühen U2

Das Erste, was auffällt, wenn man die Fontaines D.C. hört, ist ebenfalls die Stimme. Von Grian Chatten. Einem Iren, 29 Jahre alt. Die Band stammt aus Dublin. Es ist ein Irisch, mit dem er auch eine Short Story von James Joyce vortragen könnte: kehlig, von großer Straßen-Noblesse, manche Wörter spuckt er aus wie schlechten Whisky. Ein Sound, den man frühen U2-Platten kennt, als deren Sänger Bono noch aufrichtig pissed war von den Verhältnissen. 

Video Starbuster

Überhaupt sind U2 eine gute Leitplanke, an der man sich orientieren kann, wenn man den Weg der Fontaines D.C. beschreiben will. Es könnte sein, dass auch sie in nicht ferner Zukunft Stadien füllen. Doch man würde dabei weniger leuchtende Handys im Publikum sehen als vielmehr gereckte Fäuste. Denn das dringendste Gefühl, das die Fontaines D.C. bedienen, ist der edle Zorn, der aus der Verzweiflung über die Welt erwachsen ist. 

Das ist der Sound der Letzten Generation

Nehmen wir eines der neuen Lieder, "Starburster": Fängt an wie die Titelmelodie der Serie "Succession", mit hohen Klavierakkorden, Arpeggio-haft in die Tasten gehauen. Im Video dazu taucht ein Typ in Ballonseide auf, das Gesicht zerschnitten, als sei es über Asphalt gezogen worden. Immer wieder zieht er sich Asthmaspray rein. Das scharfe Einatmen, das im Song erklingt, sei von einer Panikattacke angeregt, die Chatten auf einem Londoner Bahnhof überkam, heißt es. Songs, die aus Angstanfällen entstehen: So ungefähr ist die Grundstimmung. Das ist der Sound der Letzten Generation. 

Video Favourite

Bester Hit, größter Song des neuen Albums "Romance" ist aber "Favourite", ein Lied, das in jedem Pub laufen müsste, dessen Melodie jeder summen sollte, der in die Nacht hinaustritt: "You’ve been my favourite for a long time", und bitte dran denken: die Vokale müssen dabei klingen wie eine Ohrfeige. Ein Bandmitglied trägt im Video dazu in einer Szene ein Shirt vom FC St. Pauli. 

Stilmäßig der Gegenentwurf zu Harry Styles Gucci-Gedöns

Vielleicht sollten die Klub-Verantwortlichen das Stück zukünftig als Torjubelmusik abspielen (statt "Song 2" von Blur). Und Herrenfriseure dürften bald den Fontaines-Schnitt im Angebot haben: vorne ein Tick zu kurz, hinten ein Tick zu lang. In den Thrift-Stores sollten Anhänger der Band schnell nach 90er-Klamotten suchen, wie sie die Krawall-Band The Prodigy einst groß gemacht hat. Dazu eine Billo-Sonnenbrille. Bei den anstehenden Konzerten im Herbst werden wir sehen, wie weit der Stil sich dann durchgesetzt hat. Er ist der Gegenentwurf zum Gucci-Gedöns eines Harry Styles.  

"Romance" ist das vierte Album der Band seit 2019, ein guter Rhythmus für eine Band im Eroberungsmodus: Was da ist, muss raus. Und da sie sich nun einen Produzenten geleistet haben, James Ford, der zuletzt Depeche Mode und die Pet Shop Boys frisch gemacht hat, könnte die Musik der Stunde tatsächlich Gitarrenkram sein. Aus Dublin. Wie also geht es dem Rock? Danke der Nachfrage, sensationell gut. 

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