Bildung: Verträge enden: Gewerkschaft beklagt Belastung an Schulen
Was machen Schulen, wenn die Verträge von 2.400 pädagogischen Mitarbeitern auslaufen? GEW und Schulleitungsverband nennen es verantwortungslos, das Kultusministerium hat eine etwas andere Sicht.
Die Gewerkschaft GEW und der Schulleitungsverband haben das Auslaufen der Verträge von rund 2.400 pädagogischen Mitarbeitern zum Jahresende als verantwortungslos kritisiert. Die Folgen seien gravierend und bedeuteten angesichts des zunehmenden Lehrkräftemangels eine zusätzliche Arbeitsverdichtung für das verbleibende Personal, warnte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Vor allem Schulen, die am Limit arbeiteten, würden belastet. Das niedersächsische Kultusministerium wies die Vorwürfe zurück: Der Anteil der pädagogischen, sozialpädagogischen und therapeutischen Fachkräfte an den Schulen sei Schritt für Schritt gesteigert worden.
Heute gebe es an den Schulen im Land rund 17.000 Beschäftigte aus der Schulsozialarbeit sowie pädagogische und therapeutische Fachkräfte - das entspreche einem Umfang von rund 6.200 Vollzeitstellen, teilte das Ministerium mit. 2019 waren es demnach erst rund 11.300 Beschäftigte, was rund 3.600 Vollzeitstellen entsprach. Die rund 2.400 Beschäftigten, deren Verträge planmäßig ausliefen, arbeiteten in den meisten Fällen auf der Basis eines Minijobs mit einem Stundenumfang von unter zehn Wochenstunden. Daher entfielen nicht 2.400 Stellen, sondern rund 602 volle Stellen.
Von den rund 2.400 Betroffenen haben nach Angaben des Ministeriums nur rund 110 eine Qualifikation als Erzieherin oder Erzieher oder auch als Sozialpädagogin oder Sozialpädagoge. Die Stellen seien in den vergangenen Jahren mit Förderung des Bundes und des Landes eingerichtet worden, um die Folgen der Corona-Krise sowie von Flucht und Migration bewältigen zu können. Die Beschäftigungsverhältnisse seien von Anfang an befristet angelegt gewesen und bis Ende 2024 verlängert worden.
GEW: alarmierendes Signal
GEW und Schulleitungsverband beklagten, trotz der angespannten Lage an den Schulen habe das Kultusministerium keine Maßnahmen ergriffen, um den Verlust der "wertvollen Arbeitsstunden" mit der Anstellung von qualifiziertem Personal aufzufangen. Das sei ein alarmierendes Signal. "Dass das Ministerium die auslaufenden Verträge der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verlängert, ist nicht nur verantwortungslos, sondern ein schwerwiegender Fehler", kritisierte GEW-Landeschef Stefan Störmer. "Das Problem war lange bekannt und hätte rechtzeitig gelöst werden müssen." Die Schulen verlören so mehr als 32.000 Unterrichtsstunden.
Das Ministerium machte dagegen klar, dass pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinen eigenverantwortlichen Unterricht erteilten. Überdies habe das Land im vergangenen Jahr etwa 60 Vollzeitstellen für Schulsozialarbeit an allgemeinbildenden Schulen geschaffen, 36 Stellen für die Schulpsychologie sowie 100 Stellen für pädagogische Mitarbeiter an Förderschulen. Im laufenden und im kommenden Jahr solle es zudem 2.460 zusätzliche Stellen für Lehrkräfte geben.
Bedarf an nicht lehrendem Personal bleibt hoch
Ein wesentlicher Baustein sei das Startchancenprogramm von Bund und Ländern: Mithilfe dieses Programms an 390 Schulen mit rund 122.000 Schülerinnen und Schülern soll die Zahl der Schüler, die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, halbiert werden.
Der Bedarf an sogenanntem nicht lehrendem Personal bleibt nach Einschätzung des Ministeriums hoch. Allein über das Startchancenprogramm sollten zusätzliche Mittel für Unterstützungspersonal von bis zu 27,5 Millionen Euro jährlich fließen. Auch sehe der Haushaltsplanentwurf für 2025 eine Erhöhung der Schulbudgets um 17,5 Millionen Euro vor. Menschen, die befristet an Schulen beschäftigt seien, hätten daher gute Perspektiven für eine dauerhafte Beschäftigung.
Allerdings sprachen GEW und Schulleitungsverband von "Irrglaube und Augenwischerei": Denn 85 Prozent der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien an Schulen tätig, die nicht am Startchancenprogramm teilnehmen. Die Regelung sei daher nur "ein Tropfen auf den heißen Stein und keine Lösung für die Mehrheit der Betroffenen".