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Parlament in Südkorea stimmt für Absetzung von Präsident Yoon

Stern 

Das Parlament in Südkorea hat im zweiten Anlauf für die Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk Yeol gestimmt, der mit seiner kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts eine schwere politische Krise in dem ostasiatischen Land ausgelöst hat. Mindestens 200.000 Menschen demonstrierten laut Polizei in Seoul für Yoons Absetzung. Oppositionsführer Lee Jae Myung rief das Verfassungsgericht des Landes am Sonntag auf, die Absetzung "schnell" zu bestätigen. 

204 der 300 Parlamentsabgeordnete stimmten am Samstag für eine Amtsenthebung, womit die erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht wurde. Yoon ist ab sofort von seinem Amt suspendiert. Der 63-Jährige erklärte nach der Abstimmung, er werde "für eine Weile zur Seite treten". Das Verfassungsgericht hat nun 180 Tage Zeit, um über die Zukunft des Präsidenten zu entscheiden. 

Oppositionsführer Lee erklärte, eine schnelle Absetzung von Yoon sei "der einzige Weg, nationale Unruhen zu minimieren und das Leid der Menschen zu lindern". 

Unterdessen übernahm Ministerpräsident Han Duck Soo die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Han wandte sich in einer Ansprache an seine Landsleute und erklärte, am wichtigsten sei nun, dass es "nicht die geringste Lücke in der Verwaltung der Staatsangelegenheiten" gebe. 

Für den Erfolg des Antrags auf Amtsenthebung war eine Zweidrittelmehrheit von 200 Stimmen erforderlich. Diese konnte die Opposition, die lediglich über 192 Sitze im Parlament verfügt, nur mit Hilfe von Stimmen aus Yoons PP-Partei erreichen. Ein erster Antrag auf Amtsenthebung war eine Woche zuvor gescheitert, weil die allermeisten Abgeordneten von Yoons Partei das Votum boykottiert hatten.

Auslöser für die politischen Unruhen in Südkorea war die Ausrufung des Kriegsrechts durch Yoon am 3. Dezember. Er hatte angesichts eines Haushaltsstreits überraschend von dieser Maßnahme Gebrauch gemacht und damit das In- und Ausland aufgeschreckt. Das Parlament hatte jedoch in einer dramatischen Sitzung von seinem Vetorecht gegen diesen Schritt Gebrauch gemacht, woraufhin Yoon das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufhob.

"Die heutige Amtsenthebung ist ein großer Sieg des Volkes und der Demokratie", sagte der Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei (DP), Park Chan Dae, nach der Abstimmung. 

Vor dem Parlamentsgebäude bejubelten am Samstag rund 200.000 Demonstranten das Ergebnis der Abstimmung. "Ist es nicht erstaunlich, dass wir, das Volk, dies gemeinsam erreicht haben?", rief die 52-jährige Choi Jung Ha. "Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass das Verfassungsgericht den Antrag unterstützen wird." 

Parallel versammelten sich laut Polizeiangaben auch 30.000 Anhänger Yoons im Zentrum von Seoul. Sie schwenkten südkoreanische und US-Flaggen und forderten die Verhaftung der Oppositionsführer. 

Wegen der Ausrufung des Kriegsrechts laufen Ermittlungen gegen Yoon und sein engstes Umfeld. Die Staatsanwaltschaft teilte am Sonntag mit, Yoon sei wegen des Vorwurfs des Aufruhrs zur Befragung einbestellt worden, habe es aber "abgelehnt, dem  nachzukommen". "Wir werden eine zweite Vorladung schicken", erklärte die Behörde. 

Die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, dass die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl für den Leiter des Kommandos für Sondereinsätze der Armee, Kwak Jong Keun, beantragt habe. Kwak wird vorgeworfen, Sondereinheiten zum Parlamentsgebäude geschickt und damit eine dramatische Konfrontation zwischen Soldaten und Parlamentsmitarbeitern provoziert zu haben. 

Am Samstag hatte die Polizei bereits den Chef der Spionageabwehr der Armee, Yeo In Hyung, festgenommen. Ihm wird unter anderem Rebellion vorgeworfen.

Eine Sprecherin der Europäischen Union forderte eine "rasche und ordnungsgemäße Lösung" der politischen Krise im Einklang mit der südkoreanischen Verfassung.

US-Präsident Joe Biden brachte in einem Telefonat mit dem Interimspräsidenten Han seine "Wertschätzung für die Widerstandsfähigkeit der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit" in Südkorea zum Ausdruck und bekräftigte die "eiserne" Unterstützung der USA, wie das Weiße Haus mitteilte. 

Die USA sind einer der wichtigsten Verbündeten Südkoreas und haben rund 28.000 Soldaten in dem Land stationiert. Südkorea befindet sich seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell nach wie vor im Kriegszustand mit Nordkorea. 

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